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26
10
2009

Als Übertraining werden Erschöpfungszustände bezeichnet, die im Allgemeinen durch zu hartes Training verursacht wurden, also entweder durch zu hohe Kilometerumfänge oder durch zu intensive Trainingseinheiten.

Wenn die Energie flöten geht – ÜBERTRAINING KANN AUS IHNEN EINE UNAUSTEHLICHE BESTIE MACHEN. SCHALTEN SIE RECHTZEITIG EINEN GANG ZURÜCK – Martin Grüning in RUNNERS WORLD

By GRR 0

KAI MEYER WÄHNTE SICH IN DER FORM SEINES LEBENS.

Er lief  täglich, kam auf durchschnittlich 130 Laufkilometer pro Woche und machte regelmäßig lange Läufe von über 30 Kilometer Länge. Doch dann ging erst der geplante Frühjahrsmarathon in die Hose, bei den nächsten Wettkämpfen musste er zum Teil sogar aussteigen und schließlich schaffte er nicht mal mehr sein Trainingspensum.

Seine Leistungskurve verflachte nicht nur, sondern zeigte steil nach unten. Aber erst als Kai Meyer eines Abends, nach einem völlig missglückten Tempolaufprogramm, grundlos seine Tochter geohrfeigt und seine Frau angeschrien hatte, begriff er, dass es so nicht weitergehen konnte. Er suchte Rat bei einem erfahrenen Lauftrainer. Der kam nach Durchsicht der Trainingsaufzeichnungen Meyers zu einem eindeutigen Ergebnis: Übertraining.

Als Übertraining werden Erschöpfungszustände bezeichnet, die im Allgemeinen durch zu hartes Training verursacht wurden, also entweder durch zu hohe Kilometerumfänge oder durch zu intensive Trainingseinheiten. Die Erschöpfung kann nach einer Überlastungssituation noch lange andauern und den Betroffenen daher viel Geduld abverlangen. Im Extremfall kann sich ein Übertrainingszustand über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten erstrecken.

In Ausnahmefällen können derartige Erschöpfungszustände aber auch bei geringen Trainingsumfängen auftreten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Belastungsintensität (mit anderen Worten: das Lauftempo) zu hoch ist oder wenn anderweitige belastende Lebensumstände zur körperlichen Belastung hinzukommen.

„Sollte eine solche chronische Überlastungsreaktion eingetreten sein, kann eins der typischen Symptome auch eine Gewichtsabnahme sein. Ebenso häufig finden sich bei Übertraining auch Schlafstörungen, Muskelschmerzen oder eine erhöhte Ruheherzfrequenz“, sagt der Sportmediziner Kai Röcker, dem das Thema als Dozent am Sportmedizinischen Institut der Uniklinik in Freiburg keineswegs fremd ist. „Grundsätzlich ist das Beschwerdebild nicht sehr einheitlich und auch schwer definierbar. Hauptmerkmal des Übertrainings sind jedoch in jedem Fall ein deutlicher Leistungsrückgang und eine verringerte Belastbarkeit“, sagt Röcker. Die gängige „Therapie“ bei Übertraining besteht naheliegenderweise in einer konsequenten körperlichen Entlastung.

Besser ein Ruhetag mehr pro Woche

Um eine Überbeanspruchung zu vermeiden, sollte man das Training nicht nur maßvoll steigern, sondern vor allem in sich hineinhören. Folgende fünf Punkte sollten Sie bei einer Trainingssteigerung beachten:

1. Wenn Ihr Trainingsprogramm dazu führt, dass Sie sich müde fühlen und leicht reizbar sind, bauen Sie einen (zusätzlichen) Ruhetag in Ihr Wochenprogramm ein.

2. Gönnen Sie sich mindestens eine Erholungswoche pro Monat (maximal 65 Prozent des normalen Trainingsaufwands).

3. Achten Sie darauf, dass Sie Ihr Trainingsprogramm nicht gerade dann intensivieren, wenn Sie auch im Beruf, in der Familie oder in der Beziehung unter Stress stehen.

4. Eine Leistungsverbesserung erreichen Sie vor allem durch eine Erhöhung der Intensität (zum Beispiel in Form von Tempotraining) und nicht durch immer höhere Trainingsumfänge (mehr Kilometer).

5. Wenn Sie morgens aufwachen, die Muskeln schmerzen und der Ruhepuls höher ist als normal, lassen Sie das Training ausfallen und trainieren Sie an den folgenden Tagen nur leicht. 

ERKENNE DIE GRENZEN

ANHAND DIESES TESTS KÖNNEN SIE HERAUSFINDEN, OB SIE ZU VIEL VON  SICH SELBST VERLANGEN

Der US-Psychologe Jack Raglin hat einen Fragebogen entwickelt, der helfen soll, Übertraining rechtzeitig zu verhindern. Dazu müssen Sie folgende sieben Fragen einmal pro Woche ehrlich beantworten.

Wenn Sie dabei auf über 40 Punkte kommen, sollten Sie unbedingt weniger laufen und öfter pausieren. Sie liegen zwischen 15 und 40 Punkten? Vorsicht, steigern Sie den Trainingsaufwand nicht noch weiter! Sie haben 15 Punkte oder weniger? Toll: Sie haben eine Balance zwischen Belastung und Erholung gefunden.

1) Wie ist Ihre Laune heute?
Hervorragend  (– 2)
Sehr gut (– 1)
Gut (0)
Mittelmäßig (1)   
Schlecht (3)
Sehr schlecht (5)   
Miserabel (7)

2) Wie viele Stunden haben Sie letzte Nacht geschlafen?

Mehr als neun (– 1)
Acht bis neun (0)
Sieben (1)
Fünf bis sechs (3)
Weniger als fünf (5)

3) Wie lange haben Sie geschlafen?
So wie immer (0)
Eine Stunde länger
als sonst  (1)
Zwei oder mehr – Stunden länger (3)
Eine Stunde kürzer
als sonst (1)
Zwei Stunden kürzer als sonst (3)
Drei oder mehr
Stunden kürzer (5)

4) Waren Sie letzte Woche krank?    
    
Ja (5)
Nein (0)

5) Wie war die letzte Laufeinheit?

Extrem leicht (– 3)  
Sehr leicht (– 1)   
Leicht (0)
Mittelmäßig (1)
Hart (3)
Sehr hart (5)
Extrem hart (7)

6) Wie fühlt sich Ihre Muskulatur an?
Hervorragend (– 3)    
Sehr gut (– 1)    
Gut (0)    
Verspannt, aber nicht schmerzhaft  (1)
Schmerzhaft (3)
Sehr schmerzhaft (5)
Äußerst schmerzhaft (7)

7) Fühlen sich Ihre Beine schwer an?
Nein (0)
Ein wenig (1)
Ja (3)
Ja, sehr (7)

"Typische Anzeichen von Übertraining sind Muskelschmerzen, Schlafstörungen oder eine erhöhte Ruheherzfrequen"

 

 

Martin Grüning in RUNNERS WORLD

author: GRR

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