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28
09
2009

Den letzten Schliff für sein erstes Rennen in diesem Metier hatte sich wiederum in Kienbaum geholt, nur einen Steinwurf von jener Turnhalle entfernt, wo am 12. Juni 2004 das Unglück geschah.

Vom Turner zum Marathon-Teilnehmer – Ronny Ziesmer, einst ein Weltklasseturner, der beim Kienbaumer Vorbereitungslager auf die Olympischen Spiele in Athen vor fünf Jahren einen schweren Trainingsunfall erlitt

By GRR 0

Das ist die ergreifende Geschichte eines Mannes, der Mitmenschen, die wie er querschnittsgelähmt sind, Hoffnung und Mut macht, das Leben trotz des Handikaps zu meistern.

Die Rede ist von Ronny Ziesmer, einst ein Weltklasseturner, der beim Kienbaumer Vorbereitungslager auf die Olympischen Spiele in Athen vor fünf Jahren einen schweren Trainingsunfall erlitt, der von einer Sekunde zur anderen alles veränderte. „Bitte schreiben Sie nicht, dass ich an den Rollstuhl gefesselt bin. Das Gegenteilteil ist der Fall. Er macht mich frei und beweglich. Sonst müsste ich nämlich im Bett liegen“.

Nach genau 2:09:22 Stunden passierte er beim City-Marathon in Berlin das Ziel, natürlich nicht zu Fuß, sondern im Handbike liegend, einem dreirädrigen, futuristisch aussehenden High-Tech-Gerät, das allein durch die Arme angetrieben wird und auf gut asphaltierten Straßen Geschwindigkeiten bis zu 50 km/h zulässt. Den letzten Schliff für sein erstes Rennen in diesem Metier hatte sich wiederum in Kienbaum geholt, nur einen Steinwurf von jener Turnhalle entfernt, wo am 12. Juni 2004 das Unglück geschah.

„Aus dem einstigen Kraftsportler ist ein ganz solider Ausdauersportler geworden“, erklärte anerkennend sein Mentor, der vierfache Paralympics-Sieger Heinrich Köberle aus Wiesloch, ein Handbiker-Routinier, der im Bundesleistungszentrum am Liebenberger See vor den Toren Berlins den 30-jährigen Cottbusser glänzend vorbereitet hatte. Während des gesamten Marathons wich er dann auch seinem prominenten Schützling nicht von der Seite und bot ihm, wo es ging, Windschatten. „Für das erste Mal war es eine Supervorstellung“, lobte er anschließend.

Auch Ziesmer zeigte sich hoch erfreut über seine Leistung, obwohl er seine Grenzen nicht annähernd ausgelotet hatte. „Ich wollte nur ankommen“, sagte er hinterher und empfand die ganze Atmosphäre phänomenal. „Physisch war das Rennen für mich kein Problem, wohl aber vom Kopf her, denn 42,195 Kilometer sind doch ganz schön lang.“ Dann ließ er durchblicken, dass es durchaus nicht sein letzt5e Start gewesen wird und dass ihn eine Teilnahme an den Paralympischen Spielen reizen könnte.

Der Student für Bio-Technologie aus Cottbus möchte aber in Zukunft nicht nur, dass die Aufmerksamkeit auf seine neue sportliche Tätigkeit gelenkt wird, sondern verstärkt auf seine Stiftung „Allianz der Hoffnung“, um auf dem Gebiet der Forschung von Nervenzellen-Regeneration ein Stück voranzukommen. Dazu wird viel Geld gebraucht. „Vielleicht gibt es eines Tage die Möglichkeit eines Therapieverfahrens, das anderen Menschen noch viel mehr hilft als mir.“

Dass er nach fünf Jahren wieder im Blickpunkt der Öffentlichkeit stand und seine Leistung gewürdigt wurde, tat er mit der Bemerkung ab ,„einmal Sportler, immer Sportler.“ Natürlich bedeutete es für ihn einen neuen Lebensabschnitt, eine Herausforderung, der er sich gern stellt, weil er davon überzeugt ist, dass er durch sein Beispiel anderen Mut machen kann.

Auf die Frage, ob es ihn emotional nicht besonders berührt habe, die letzte Vorbereitung auf den Berlin-Marathon ausgerechnet in Kienbaum, übrigens innerhalb einer Schicksalsgemeinschaft von 31 Querschnittsgelähmten, getroffen zu haben, meinte der ehemalige Deutsche Zwölfkampf-Meister an den Turngeräten: „Der Ort hat ja nichts mit meiner Verletzung zu tun. Fehler passieren nun einmal. Ich bin ein Mensch, der auch Fehler macht. Dass er gleich so gravierende Auswirkungen hatte, ist natürlich tragisch.

Doch die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, Deshalb versuche ich, das Beste aus meiner jetzigen Situation herauszuholen.“

Quelle: DOSB

author: GRR

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