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09
01
2011

Eine Warnung gaht aber auch an die Leistungsdiagnostiker, die ohne medizinischen Hintergrund solchem Verhalten Vorschub leisten.

Vom Saulus zum Paulus – und das sofort? Ein Extrem-Wandel der Verhaltensstrukturen kann gefährlich sein. – Dr. Willi Heepe

By GRR 0

Die Titelzeile geht weit zurück in die christliche Gedankenwelt. In der Apostelgeschichte der Bibel wird der Christenverfolger Saulus bekehrt und schließlich zum Apostel Paulus. Bis auf den heutigen Tag wird mit dieser Redewendung jemand bezeichnet, der seine Ansichten und/oder Verhaltensweisen völlig verändert vom Gegner einer Sache zu dessen Befürworter wird.

Nun ist bekannt, dass Menschen die extreme Verhaltensstrukturen pflegen, dazu neigen, bei einer Änderung ihres Erkenntnisstand sofort auch ihr Verhalten diametral in die entgegengesetzte Richtung zu lenken. Im Bereich des Sportes ist ein solcher Strukturwandel nicht selten. Über einen besonderen Fall aus meiner sportmedizinischen Praxis möchte ich berichten.

Ein 34-jähriger Laufer nimmt an einer Charité-Marathon-Studie teil. Er fällt wegen einer Besonderheit
im Elektiokardiogramm auf und stellt sich zur Diagnostik vor. Dabei kommt folgende Vorgeschichte ans Licht: Bis zum 32. Lebensjahr hatte der junge Mann extrem geraucht, Alkohol genossen, Drogen genommen, keinen Sport getrieben. Mit Fug und Recht könnte man sagen, er hat kein Risiko ausgelassen. Dann entdeckte er die Liebe seins Lebens. Es folgt ein Kind und mit diesen geänderten Lebensumständen trat auch ein Gesinnungswandel ein. Alle Risikofaktoren wurden abgehakt und mit dem Laufsport begonnen.

Mit der gleichen Intensität, mit der der nun 34-Jährige die Risikofaktoren gelebt hat, läuft er nun. In kürzester Zeit absolviert er seinen ersten Marathon in einer beachtlichen Zeit von knapp über 4 Stunden. Keine Frage, die physischen Voraussetzungen hierzu waren exzellent gegeben. Ein Lauffreund hatte ihm das entsprechende Trainingsprogramm vermittelt. In kürzester Zeit wird der Berlin-Marathon ins Visier genommen und eine Zeit unter vier Stunden angepeilt. Eine bei dieser Vorgeschichte zwingend notwendige medizinische Begleitung erfolgt nicht. Hingegen wird  nun eine Leistungsdiagnostik im Sonderangebot wahrgenommen und das Trainingsprogramm wird auf die angepeilt Zeit vermittelt und beraten.                       

Ich muss es an dieser Stelle deutlich sagen, die Teilnahme an der oben genannten Marathonstudie im Vorfeld des Berlin-Marathons hat möglicherweise Schlimmes verhindert. Bei dieser Untersuchung fiel eine abnorme EKG-Entwicklung unter der Belastung auf. Dem jungen Mann wurde eine medizinische Diagnostik dringend nahegelegt.

Die Ultraschalluntersuchung seines Herzens zeigte dann die ganzen Ausmaße des Gesundheitsschadens.
Der Läufer hatte so intensiv trainiert, dass der Herzmuskel sich strukturell nicht mitentwickeln konnte. Er erweiterte sich krankhaft. Die Teilnahme am Berlin-Marathon mit der im Trainingsplan anvisierten Zeit wäre
möglicherweise der letzte Lauf seines Lebens gewesen.

Alle Beteiligten, von dem jungen Mann angefangen bis hin zu jenen, die den Trainingsplan aufstellten und begleiteten, hätten bei dieser Risiko-Gemengegelage zunächst eine sorgfältige kardiologische Voruntersuchung durchführen lassen bzw. nahelegen müssen. Erst dann hätte ein behutsam aufbauendes Training erfolgen dürfen.

Deutlicher kann man den Wahnsinn ausschließlich nach Zeiten und Rekorden in kürzester Zeit nicht markieren. Eine Warnung gaht aber auch an die Leistungsdiagnostiker, die ohne medizinischen Hintergrund solchem Verhalten Vorschub leisten. Die Zufallsteilnahme an dieser Studie verhinderte Schlimmeres. Wenn sich jemand vom Saulus zum Paulus wandelt, dann sollte er auch die nötige Zeit dafür mitbringen und entsprechende Schritte gehen.

Dr. Willi Heepe in LAUFZEIT 1/2011           LAUFZEIT

 

Fachgebiete: Allgemeinärztliche und kardiologische Diagnostik und Betreuung.
Sportmedizinische Diagnostik und Therapie.
Sportkardiologische Vorsorgeuntersuchungen.

 

Praxisadresse:

Praxis Dr. med. Willi Heepe
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10785 Berlin
Telefon: +49 (30) 99 19 49 20
Fax: +49 (30) 26 93 13 01

E-Mail-Adresse 1: wh@praxis-willi-heepe.de
E-Mail-Adresse 2: heepe-berlin@t-online.de

 

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Bitte vereinbaren Sie Sprechstunden telefonisch – unter (030) 99194920 – oder per E-Mail.

 

Praxis Dr. Willi Heepe

 

Dr. Willi Heepe ist praktischer Arzt und Sportmediziner.

Seit über zwanzig Jahren liegt der Schwerpunkt seiner Tätigkeit als niedergelassener Arzt in der medizinischen Betreuung von Menschen, denen ein Leben in Bewegung Herzensangelegenheit ist. Hierzu gehören professionelle Ausdauersportler, aber auch Patienten mit Bluthochdruck und Herzerkrankungen.

Dr. Heepe ist Fachbuchautor; seine Artikel zum Ausdauersport erscheinen regelmäßig in aktuellen Zeitschriften (beispielsweise Runners World, LAUFZEIT). Er ist außerdem ein geschätzter Dozent zu den Themen Sportmedizin, Ausdauertraining und Kardiologie.

Dr. Willi Heepe war viele Jahre lang Medizinischer Direktor des Berlin-Marathons, Berliner Halbmarathon und weiterer Laufveranstaltungen. Er ist fünfzigmaliger Marathonfinisher und auch im Alter von 70 Jahren ein aktiver Repräsentant jener »Laufkultur«, für deren Entwicklung er sich in Deutschland schon so lange engagiert.

 

Beiträge von Dr. Willi Heepe bei GRR:

 

Training im Winter – Tipps von Dr. Willi Heepe dem langjährigen Medical-Director des BERLIN-MARATHON

 

Länger Laufen – länger Leben! – Dr. Willi Heepe, der Berliner Marathonarzt nimmt Stellung

 

Top-Docs – Dr. Marathon nimmt wieder Patienten an – Willi Heepe ist in der Marathonszene bekannt wie ein bunter Hund. Kein Wunder – schließlich war er viele Jahre lang medizinischer Leiter des Berlin-Marathons. Aber vor allem nahm er nie ein Blatt vor den Mund – MARTIN GRÜNING in RUNNERS WORLD

 

Bluthochdruck und Ausdauersport – Dr. Willi Heepe, der langjährige Medical Director des BERLIN-MARATHON und SCC-RUNNING fasst zusammen welche Aspekte bei diesem Thema eine Rolle spielen und worauf zu achten ist.
 

Marathonarzt Dr. Willi Heepe: „In das Alter hineinlaufen, aber nicht dem Alter davonlaufen“ – Was macht Sinn? Für jeden ist der Blick in den Spiegel seines Lebens das Entscheidende, jeder über 35- oder 40-jährige Läufer sollte daran denken, dass möglicherweise der Lebenslauf in seinen Gesundheitspass schon eine Narbe oder schon ein Merkmal geschrieben hat

 

„Schlecht trainiert zum Marathon – das tut dem Herzen nicht gut“ – Marathon-Arzt Dr. Willi Heepe nimmt Stellung 

 

GRENZERFAHRUNGEN – Was passiert im Körper? Ultraläufe aus sportmedizinischer Sicht – Dr. med. Willi Heepe in LAUFZEIT – Welche gesundheitlichen Risiken liegen in Läufern jenseits des Marathonlaufens?

 

Plötzlicher Herztod bei jungen Sportlern – Ruhe ist die einzige Therapie – Dr. med. Willi Heepe in LAUFZEIT – Die Myokarditis oder Herzmuskelentzündung.

 

Sporttote verhindern! Von Dr. Willi Heepe – dem Berliner Marathon-Arzt – Die wichtigste medizinische Sicherung jedoch liegt in der gesundheitlichen Verantwortung eines jeden Sportlers für sich selbst und damit für die Familie.

 

Weitere weitere Beiträge von Dr. Willi Heepe finden auf der GRR-Medizinseite – benutzen Sie die "Suchfunktion"!

 

 

 

author: GRR

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