
2010 ING NYC Marathon NYC, NY, November 7, 2010 Photo: Victah Sailer@PhotoRun Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET
Veranstalter des New-York-Marathon kämpft mit Versicherern – MATTHEW FUTTERMAN im Wall Street Journal Deutschland
Nach dem Sturm Sandy und dem Ausfall des New-York-Marathon liefern sich Veranstalter und Versicherer derzeit ein Duell, das über die Zukunft des berühmten Laufes entscheiden könnte. Es geht um die Frage, welche Summen der New York Road Runners Club von einem Konsortium unter Führung des Versicherungsbrokers Lloyds bekommt.
Mary Wittenberg, Chefin der New York Road Runners, musste sich nach der Absage des berühmtesten Langstreckenlaufs der Welt massive Kritik anhören.
Auf dem Spiel steht die schiere Existenz des Klubs. Es geht um Startgelder von Teilnehmern aus aller Welt im Volumen von 15 Millionen US-Dollar sowie weiteren Millionen an Sponsorengeldern und Einnahmen aus Eintrittskarten. Eigentlich hätte das Rennen am 4. November stattfinden sollen. Doch die Veranstalter zogen kurzfristig die Notbremse, nachdem am 29. Oktober der Supersturm Sandy eine Spur der Verwüstung in New York hinterlassen hatte.
Als Vermittler zwischen den beiden Parteien hat sich nach Angaben informierter Personen jetzt der oberste US-Aufseher der Banken- und Versicherungsbranche, Benjamin Lawsky, ins Spiel gebracht. Der Veranstalter ist angesichts der an ihn herangetragenen Forderungen mit öffentlichen Äußerungen sehr vorsichtig geworden.
Lloyds-Sprecher Peter Fitch sagte am Samstag, man arbeite immer darauf hin, begründete Forderungen so schnell wie möglich zu befriedigen. Aus dem Umfeld der Verhandlungen hieß es auch, das Konsortium habe bereits eine „große Zahlung" geleistet. Dies sei ein Zeichen dafür, dass man die Forderungen durchaus für begründet halte, obwohl der veranstaltende Verein und die Stadt New York das Rennen auch hätten stattfinden lassen können. Noch werde aber über die Höhe der Entschädigung gestritten, beide Seiten seien in dieser Frage noch erheblich auseinander.
In den ersten Tagen, nachdem Sandy über New York hinweggefegt war, hatten die Organisatoren zunächst bekräftigt, der Lauf werde stattfinden. Zunehmend entwickelte sich aber öffentlicher Druck, dass eine solche Großveranstaltung die Stadt noch zusätzlich belaste, wo doch Millionen Menschen ohne Strom seien und Tausende kein Dach über dem Kopf hätten.
Trotz Absage des New York City Marathons kam es am 4. November im Central Park zu einem spontanen Lauf. Viele Teilnehmer waren nämlich bereits angereist, als knapp zwei Tage vor dem Startschuss die offizielle Absage kam.
Am 2. November, weniger als 48 Stunden vor dem Startschuss, traten Vereinschefin Mary Wittenberg und Bürgermeister Michael Bloomberg vor die Presse und erklärten, der Lauf falle ersatzlos aus, obwohl mittlerweile Zehntausende im Großraum New York eingetroffen waren, um bei dem Marathon zu starten oder dabei zu sein.
„Es gab keinen schlechteren Zeitpunkt, das Rennen abzusagen", räumte Wittenberg am Freitag in einem Interview ein. „Alle Teilnehmer waren da, sie hatten alles bezahlt mit Ausnahme einiger Gebühren für die Sicherheit und das Preisgeld."
Wittenberg und der Klub mussten sich in den vergangenen Wochen viel Kritik gefallen lassen. Sie richtete sich gegen das anfängliche Zögern zu entscheiden ebenso, wie die Absage des Laufs in letzter Minute und die spärlichen Informationen, die es seither gab, was die Erstattung von Startgeldern und Kosten von Geschäftspartnern betraf.
„Mein Hauptaugenmerk ist es, zunächst das Beste für unsere Läufer zu tun und anschließend für unsere Partner", sagte Chef-Veranstalterin Wittenberg am Freitag. „Wir leben und sterben mit unseren Läufern. Darum geht es hier."
Die Absage hat den New York Road Runners Club in die schwerste Krise seit Beginn der Rennen im Jahr 1970 gestürzt. Der Verein lebt von jährlichen Umsätzen im Volumen von 60 Millionen US-Dollar und arbeitet darüber hinaus mit einem sehr dünnen Finanzpolster. Die Kasse reicht nach Angaben von Insidern nicht, um alle Kosten zu decken, die mit dem diesjährigen Lauf für Läufer, Sponsoren, Fernsehstationen und Reisepartner entstanden sind, die für Teilnehmer Kurztrips in die Umgebung von New York organisiert haben.
Mit dem Marathon verbucht der NYRR rund ein Drittel seiner Jahreseinnahmen von etwa 23 Millionen Dollar. Überwiegend handelt es sich um die Gebühren für Registrierung der Läufer. Jeweils mehr als 250 Dollar zahlen die etwa 60.000 Teilnehmer im Schnitt, die in die amerikanische Metropole kommen.
Erschwerend kommt hinzu, dass es beim New-York-Marathon anders als bei den meisten Sportveranstaltungen die klare Regel gibt, keine Rückerstattungen zu leisten, auch wenn der Veranstalter das Rennen aus Gründen des Wetters absagen muss. Wenn ein Spiel der New York Yankees aus Witterungsgründen abgesagt wird, können Fans ihre Eintrittskarten umtauschen für ein Spiel, das zu einem späteren Datum stattfindet.
Für den NYRR dürfte es schwierig werden, enttäuschte Läufer damit zu entschädigen, dass sie beim nächsten Lauf kostenlos antreten können. Er ist dagegen nämlich nicht versichert, wie Insider sagen. Mary Wittenberg hat Teilnehmern nach der Absage des Laufes versprochen, dass sie entweder im nächsten Jahr oder beim Halbmarathon im März kostenlos antreten könnten.
Eine wirkliche Garantie dafür kann der Verein aber nicht geben, solange er nicht weiß, wie viel Geld er von Lloyds und dem Versicherungskonsortium bekommt. Offiziell mag sich der NYRR nicht dazu äußern, welche Summe Lloyds und die anderen maximal zahlen würden, wenn sie alle Forderungen anerkennen. Doch aus dem Umfeld des Klubs heißt es, selbst dann würde es nicht reichen, um den kompletten Schaden zu ersetzen.
MATTHEW FUTTERMAN im Wall Street Journal Deutschland — Mitarbeit: Liz Rappaport
„Mit freundlicher Genehmigung des Wall Street Journal Deutschland“
Veranstalter des New-York-Marathon kämpft mit Versicherern