Wollen den Atem zur Diagnose von Krankheiten nutzen: Professor Renato Zenobi (ETH Zürich, links) und Malcolm Kohler (Universitätsspital Zürich). © Adrian Ritter
Universität Zürich – UZH – Hochschulmedizin Zürich – Krankheiten am Atem erkennen – Adrian Ritter
Die «Hochschulmedizin Zürich» ist ein Verbund der UZH, der ETH Zürich und der universitären Spitäler Zürichs. Ziel der Kooperation ist es, die universitäre Medizin zu stärken. Am Jahresanlass wurden vergangene Woche neue Projekte präsentiert. Eines davon will den Atem nutzen, um Krankheiten zu diagnostizieren.
Unser Atem ist verräterisch. Er lässt Rückschlüsse darauf zu, was wir gegessen oder getrunken haben. Das macht sich die Polizei auf der Suche nach Blaufahrern zu Nutze. Oder trainierte Hunde erschnüffeln, ob jemand an Lungenkrebs leidet.
Die Medizin will in Zukunft die Atemluft noch vermehrt nutzen, um Krankheiten zu diagnostizieren. «Da steckt ein grosses Potenzial darin», sagte Renato Zenobi, Professor für analytische Chemie an der ETH Zürich, am Jahresanlass der Hochschulmedizin Zürich (HMZ). Gemeinsam mit Malcolm Kohler, Direktor der Klinik für Pneumologie am Universitätsspital Zürich, präsentierte er das Projekt «Was der Atem preisgibt».
«Analog zum Fingerabdruck hat jeder Menschen auch seinen eigenen Atemabdruck», erläuterte Malcolm Kohler. Dieser verändere sich bei bestimmten Krankheiten. Kohler und Zenobi wollen gemeinsam mit anderen Zürcher Forschungsgruppen Methoden entwickeln, um in Zukunft etwa Diabetes oder Schlafapnoe über die Atemluft zu diagnostizieren. Dies wäre schneller, kostengünstiger und für die Patienten angenehmer als etwa Bluttests, Urintests oder eine Nacht im Schlaflabor.
Das Projekt «Was der Atem preisgibt» könnte nicht nur die Diagnose von Krankheiten stark vereinfachen.
Atemtests können in Zukunft auch Antworten liefern auf Fragen wie: Ist ein Kind nach einer Masernerkrankung noch ansteckend? Hat ein Patient seine Medikamente eingenommen?
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Flagship-Projekte gesucht
Mit dem Projekt «Was der Atem preisgibt» unterstützt die Hochschulmedizin Zürich (HMZ) jetzt zwei «Flagship»-Projekte – grossangelegte, eher langfristige Projekte, welche das Potenzial haben, die Medizin zu verändern und den Forschungsplatz Zürich weltweit sichtbarer zu machen. Bereits seit 2012 läuft das Projekt «Zurich Heart», in dem verbesserte Kunstherzen für Menschen mit schwerer Herzschwäche entwickelt werden.
«Wir möchten jährlich ein bis zwei neue Flagship-Projekte fördern», erklärte Wolfgang Langhans, Stellvertretender Vorsitzender des Steuerungsausschusses der Hochschulmedizin Zürich (HMZ), am Jahresanlass.
Daneben finanziert die HMZ weiterhin kleinere, so genannte Seed-Projekte. Damit sollen visionäre Ideen unterstützt werden, bei der die Forschung erst am Anfang steht. Im Jahre 2015 wählte die HMZ fünf solche Seed-Projekte aus. Sie widmen sich folgenden Themen:
- die Behandlung von Hautkrebs verbessern, indem die Gründe für die Therapieresistenz bei gewissen Patienten untersucht werden,
- nach den Gründen für Metastasen bei Nierenkrebs suchen und neue Behandlungsansätze entwickeln
- tragbare Geräte entwickeln, um die Bewegungsabläufe von Patienten zu analysieren
- eine verbesserte Diagnose der Leberfibrose mittels Ultraschall
- die Diagnose von Alzheimer mit bildgebenden Verfahren verbessern
Innovationspotenzial nutzen
Gemeinsam ist allen Projekten der Hochschulmedizin Zürich, dass sie die Schnittstelle von Naturwissenschaften, Medizin und Technik verbessern und damit das Potenzial der Zusammenarbeit im Hochschulraum Zürich nutzen wollen.«Zürich hat beste Voraussetzungen, die Zukunft der Medizin zu prägen», sagte Gregor Zünd, Direktor Forschung und Lehre des Universitätsspital Zürich.
Kaum eine andere Region in Europa sei besser aufgestellt. Es gibt aber noch Luft nach oben: Die Schweiz sei zwar weltweit führend in der Anmeldung von Patenten. Es gelinge aber noch zu wenig, daraus Produkte, Spin-offs und Arbeitsplätze zu generieren, so Zünd: «Wir brauchen mehr Mut, das Wissen schneller in die klinische Anwendung zu bringen.»
Auch für den Zürcher Regierungsrat ist die Universitäre Medizin von grosser Bedeutung, betonte Bildungsdirektorin Silvia Steiner. Die Regierung werde die Hochschulmedizin weiter stärken und wolle zusätzliche Studienplätze schaffen. Silvia Steiner stellte aber auch «drei provokative Fragen, die uns in Zukunft beschäftigen werden» in den Raum: Werden wir wegen der steigenden Gesundheitskosten in Zukunft bei der Bildung sparen müssen? Wie können Ärztinnen und Ärzte entlastet werden, etwa von den zunehmenden sozialen Bedürfnissen der Patienten? Werden wir tatsächlich mehr praktizierende Ärzte haben, wenn wir mehr Ausbildungsplätze schaffen? «Ärztinnen und Ärzte werden Mangelware bleiben», sagte Steiner.
Sie äusserte sich aber zuversichtlich, dass es gelingen werde, die Herausforderungen zu meistern. Der Standort Zürich sei mit seinen Hochschulen und Technologieunternehmen gut aufgestellt für die Zukunft der Medizin.