
Alfons Hörmann ist DOSB-Präsident ©DOSB
Umfrage unter Athleten – Phantastische Zustimmung für Spitzensportreform? Michael Reinsch, Berlin in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Von Liebe zum Sport und von magischen Momenten schwärmte Alfons Hörmann am Donnerstag in der Bundespressekonferenz, vom Alles-Geben, von Sauberkeit und Fair Play und schloss mit dem Satz: „Wir wollen, dass unsere Fans stolz auf uns sein können.“
Das kam überraschend, hatte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), zwischen der Landesministerin Kampmann und dem Bundesminister de Maizière sitzend, doch die Reform des Spitzensports vorstellen wollen. Nun erklärte er sich zum Sachwalter der Athleten, von denen rund fünfhundert in die Diskussion „rund um das neue Konzept“ einbezogen worden seien.
Mit mehr als hundert von ihnen sei sehr umfangreich gesprochen und mit zwölf besonders Kritischen intensiv diskutiert worden: „Wo stehen wir aus Sicht derer, um die es bei dem Konzept geht?“ Ergebnis dieser umfangreichen Befragung sei ein Manifest, behauptete Hörmann, welches „die Zustimmung von 95 Prozent der Athleten recht gut wiedergibt“.
Nun muss Hörmann sich fragen lassen, wie eine solch phantastische Zustimmung zustande kommt. Da er auf Nachfrage lediglich ankündigte, dass die Umfrage 2017 veröffentlicht werde, sich aber weigerte, die Namen der Verfasser des geradezu poetischen Textes zu nennen, bat ihn am Freitag der Sportausschuss des Deutschen Bundestages um Auskunft.
Das Gremium werde sich im Januar mit dem Reformkonzept befassen, schreiben die Abgeordneten, deshalb bestehe ein besonderes Interesse an der Einbeziehung des Fragenkatalogs und der Antworten in die parlamentarische Debatte; für die Übermittlung wäre man dankbar.
Da können sie lange warten, ist man versucht zu sagen. Denn Olympiateilnehmer erinnern sich, zwar nicht vom DOSB zur Reform, wohl aber von der Deutschen Sport Marketing zu einer Reihe von Formulierungen befragt worden zu sein, die ihre Haltung zum Wettkampf wiedergeben sollen. Es geht dabei um die Entwicklung der Marke Olympiamannschaft. Aus dem Okay zu Marketing-Slogans hat Hörmann offenbar die Zustimmung zum Projekt Spitzensportreform abgeleitet. Nächste Woche, ist zu erfahren, wird das Thema dem Präsidium des DOSB vorgestellt.
Vielleicht diskutiert die Spitze des Sports dann noch einmal grundsätzlich.
Denn über die Binsenweisheit hinaus, dass Spitzensportler für Wettkampf sind und für eine stärkere Förderung des Spitzensports, ergibt die noch laufende Befragung, dass Athleten nicht allein auf den Gewinn von Medaillen fixiert sind. Athleten halten das Erreichen eines Endlaufs für einen Erfolg, sie wollen stolz sein dürfen auf persönliche Bestleistungen.
Doch die Reform ist ausgerichtet allein auf Gold und Medaillen.
Man möchte Hörmann danken, dass er, indem er die Athleten für seine Reform in Anspruch nehmen wollte, darauf hingewiesen hat: ihren wohltuenden Widerspruch.
Michael Reinsch, Berlin in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Sonnabend, dem 26. November 2016