
Über eine unerwünschte Person und eine Schadensersatzklage ©Victah Sailor
Über eine unerwünschte Person und eine Schadensersatzklage
Der Fall Simret Restle-Apel wirft ein bedenkliches Licht auf unsere Gesellschaft – Nach Ausgrenzung verzichtet die 31jährige deutsche Halbmarathonmeisterin auf einen Start beim Frankfurt-Marathon.
Gerne wäre die amtierende Deutsche Halbmarathon-Meisterin Simret Restle-Apel (PSV Grün-Weiß Kassel) beim Frankfurt-Marathon und den gleichzeitig stattfindenden Deutschen Meisterschaft gestartet. Doch daraus wurde nichts. Restle-Apel verzichtete nach mehreren turbulenten Tagen und nach Rücksprache mit Trainer Winfried Aufenanger, dem PSV Grün-Weiß Kassel und anderen Ratgebern auf einen Start.
Eigentlich wollte die 32jährige bei der Deutschen Meisterschaft im Rahmen des Frankfurt-Marathons wieder angreifen. Schließlich habe sie sich langfristig auf diesen Start vorbereitet, auch in zwei Höhentrainingslagern, die sie aus eigenen Mitteln bestritten hatte. Doch dann erfuhren sie und der PSV wenige Tage vor dem Start, dass eine Prämienregelung für die DM nur für eingeladene Athleten des Frankfurt-Marathon gelte.
Zum Zeitpunkt der Meldung für die DM war davon, erklärt Winfried Aufenanger, keine Rede gewesen. Dies habe sich erst im Nachhinein herausgestellt. Da Frankfurts Veranstaltungsleiter Jo Schindler die PSV-Athletin nicht. als Eliteläuferin einladen wollte, hätte sie keinen Anspruch auf Prämien gehabt.
Schindler begründete die Nicht-Einladung mit der früheren Doping-Sperre gegen Restle-Apel und dem seit zehn Jahren in Frankfurt geltenden Praxis, keine ehemaligen "Doping-Sünder" am Start haben zu wollen. So wäre die Wiesbadenerin zwar in der Meisterschaftwertung aufgetaucht, nicht aber in den offiziellen Ergebnislisten des Frankfurt-Marathons. Als man beim PSV die Praxis wenige Tage vor dem Marathon erfuhr, beantragte der Verein eine einstweilige Verfügung gegen den Veranstalter.
"Es kann einfach nicht sein, dass mit Simret so umgegangen wird, da wird ein Exempel auf dem Rücken der Athletin statuiert", erklärten die PSV-Verantwortlichen, die das Verhalten Schindlers für inakzeptabel und unfair halten.
Auch der Deutsche Leichtathletik-Verband, verantwortlich für die DM, unternahm trotz zahlreicher Gespräche keine Initiative. In der Darmstädter Geschäftsstelle bezog man nämlich die Position, dass es grundsätzlich bei Deutschen Meisterschaften keine Prämien gäbe, die Regelung beim Frankfurt-Marathon sei ausschließlich eine Privatsache.
Erst nachdem die Einstweilige Verfügung eingegangen war, kam die Sache auch öffentlich auf den Tisch und Schindler sah sich zu einer offiziellen Erklärung veranlasst. Darin betont Schindler, dass das "Kein Start für ehemalige Dopingsünder-Prinzip" seit zehn Jahren rigorose Prämisse in Frankfurt sei und dies auch für Simret Restle-Apel gelte.
Schaut man allerdings auf die Starterliste der letzten zehn Jahre, so muss man feststellen, dass an der Person Simret Restle-Apel ein Exempel statuiert werden soll.
"Jeder Veranstalter hat das Recht zu sagen, wer bei ihm starten kann. Aber das, was die Frankfurter da gemacht haben, geht überhaupt nicht", so Winfried Aufenanger aufgebracht. In Frankfurt bekam er in der Laufszene viel Unterstützung – an der Entscheidung Schindlers änderte dies freilich nichts.
Fakt jedenfalls ist eines: Simret Restle-Apel hat ihre Sperre längst abgesessen, ist inzwischen nicht nur 10 km-Vizemeisterin, 10 km-Mannschafts-Meisterin und Deutsche Halbmarathon-Meisterin geworden, sondern auch für den Deutschen Leichtathletik-Verband bei der Cross-Europameisterschaften 2014 in Bulgarien an den Start gegangen. Nach ihrer vorzüglichen Generalprobe über die Halbmarathondistanz beim Köln-Marathon zählte sie zwangsläufig neben Lisa Hahner und Mona Stockhecke zu den Titelanwärtern in Frankfurt. .
Den Nervenkrieg in Frankfurt hat Simret Restle-Apel verloren und hat entnervt ihren Start abgesagt. „Wir mussten Simret schützen“, erklärte Winfried Aufenanger den abgesprochenen Startverzicht. Die zugleich als Ersatz angebotene Startmöglichkeit in Ljubljana lehnte sie aus nahe liegenden Gründen ab. Nicht aufgegeben jedoch hat sie ihren Kampf um Gleichbehandlung, schließlich gelte in der Bundesrepublik auch das Prinzip der Resozialisierung – nach Verbüßung einer Strafe.
Inzwischen hat die in Frankfurt als unerwünschte Person abgestempelte Simret Reste-Apel beim Amtsgericht eine Schadensersatzklage wegen Diskriminierung und Ausgrenzung eingereicht. Dabei, so jedenfalls betonte die Profi-Langstrecklerin, gehe es ihr nicht um das Geld, sondern vielmehr um Gerechtigkeit und Gleichbehandlung.
Den möglicherweise vor Gericht erstrittenen Schadensersatz wolle sie einem sozialen Zweck zuführen.
Der Basistext wurde dem Newsletter 08-2016 des PSV Grün-Weiß Kassel entnommen. .