Senioren im DL-TW - Partnertraining ©A. Rigal
TRAININGSPRAXIS LAUFEN II.: So können „Selbständige“ ihre Marathon-Vorbereitung für 2016 optimieren – Lothar Pöhlitz
Von allen Langstrecken ist mit einer Marathonvorbereitung wohl die größte psychophysische Herausforderung verbunden. Nur wer nach möglichst vielen langen Trainingsläufen gesund, „locker" und in guter geistig-körperlicher Verfassung am Start steht wird sein Training der letzten Monate mit einem guten Ergebnis krönen können.
Bis dahin entscheiden Motivation, Selbstdisziplin, Kontinuität und ein effektives Zeit-Management ob in 4 Trainings-Phasen die erforderlichen Aufgaben auch zu erfüllen waren. Für die nicht wenigen „Selbständigen" die „ohne Trainer ihr Traumziel" erfüllen wollen soll der nachfolgende Leitfaden ein wenig mehr Struktur in ihr Training bringen und vielleicht auch helfen dass sie keine „Problem – Abkürzungen" in ihrer Vorbereitung zulassen.
Während sonst ein Trainer wacht und mahnt, die Prozessführung in den Händen hält liegt die Motivation und Selbstdisziplin vor allem für die langen Trainingsläufe, das „Nebenbeikrafttraining für das Zentrum und die Füße", die anspruchsvollen immer längeren Intervalle, die Regeneration und Ernährung möglichst ohne die täglichen Ablenkungen in ihrer eignen persönlichen Verantwortung.
So sind „Selbständige" Läufer, Trainer und Manager in einer Person die sich vor Beginn des Vorhabens bewusst sein sollte das und wie sie das alles stemmen wollen. Zu einer Vorbereitung auf die 42,2 km gehören auch – wenn irgend möglich – in den „hohen" Wochen 2 x wöchentlich ein Physiotherapiebesuch, hin und wider ein Entmüdungsbad, regelmäßig kalt (mit Meersalz) : heiße Wechselfußbäder und regelmäßige 10 Minuten Fußmas-sage am Abend. Vielleicht können einige Tipps sie auf ihrem Weg bestärken oder auch da und dort zu etwas mehr Komplexität animieren.
Das Trainings-Programm muß systematisch aufbauend auf die Anforderungen eines Marathons vorbereiten. Das ist für die im mittleren Leistungsbereich nicht anders als für Weltklasse-Marathonläufer. Geschwindigkeitsreserven für Ihr Marathontempo schaffen sie vor Beginn einer 10-12 Wochen – Marathon – UWV mit einer am besten langfristigen Unterdistanztrainingsphase.
Übernehmen Sie nicht leichtfertig das Programm Ihrer Freunde und Konkurrenten, optimieren sie besser die eignen Erfahrungen und gehen ihren eigenen Weg. Dabei ist es nicht falsch auch einmal neue Ideen auszuprobieren, aber immer auf dem individuell aktuellen Leistungsniveau.
Ihrem Wunschergebnis kommen sie vor allem näher wenn sie „mittlere" 20 km Läufe (DL2), lange Läufe zwischen 30 und 40 km (DL1) und Intervalle oder kurze Tempodauerläufe (DL3) in ihrem 10000 m oder auch 5000 m – Tempo kombinieren.
Beispiel: Marathon-UWV-Modell aus dem Leistungsbereich
Bevor sie aber mit der Vorbereitung beginnen wählen sie den Marathon aus der nicht nur von der Streckenführung her „flach mit wenig Ecken" ein gutes Ergebnis ermöglicht, sondern der auch vom Termin her die für sie bestmöglichen 10-12 letzten Trainings-Wochen – vielleicht sogar mit einem längerem Urlaub – gestattet.
4 Trainingsphasen führen schrittweise zum Marathon-Gipfel
27-30 Wochen in 4 Abschnitten: 6 – 8 – 10-12 – 3-4 Wochen
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Die erste Phase (6 Wochen) beinhaltet, mit dem Ziel eines allgemein-vielseitigen Aufbaus, Ganzkörper – Kraft- / Beweglichkeitstraining (2 – 3 x wöchentlich 45 – 60 Minuten) und aerobes Grundlagenausdauertraining immer länger auf höherem Niveau als bisher. Möglichst viele langsame, gleichmäßige Läufe mit gegenüber dem Vorjahr neuen Kilometerzielen, auch im profiliertem Gelände und 1x wöchentlich ein Fahrtspiel mit kurzen Teilstrecken (z.B. 10-12 x 1´ mit 1´ Trabpause) oder aerobe Berganläufe. Viele Kilometer bedeutet am Ende der 6 Wochen einen problemlosen Übergang zur 2.Phase zu schaffen in denen bereits 90 % der höchsten Wochen innerhalb der 27 Wochen Ziel sein sollten.
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In der zweiten Phase (8 Wochen) steigt die Geschwindigkeit im Trainings-umfang in Abhängigkeit von ihrem Leistungsziel! Wer mehr Kilometer „sammelt" ist im Vorteil. 2 x wöchentlich 15 – 20 km im DL2 + 1 x Intervalle pro Woche – zum Beispiel 12 bis 16 x 400 m mit 45" Trabpause oder Berganläufe, 1x 25 – 30 km im DL1 und aller 2 Wochen einen Long Jog entwickeln die aerobe Basis für mehr. Natürlich unterstützen 2 x 15 km an einem freien Tag den GA-Fortschritt. In den 3 letzten Wochen des Mesozyklus werden an einen mittleren Dauerlauf nach 15 Minuten Pause „schnelle" 6 – 8 – 10 x 100 – 200 m / Tp: 200 m oder 3 – 5 x 400 m mit 400 m Trabpause angefügt. 2 – 3 x wöchentlich bleibt 30 – 45´ Ganzkörper – Athletik / Krafttraining Teil des Planes.
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Die dritte Phase (10-12 Wochen) zielt als Marathon – UWV auf die direkte Marathonvorbereitung. Es sind die entscheidenden Wochen der Vorbe-reitung auf den Höhepunkt. Jetzt kommt es darauf an vor allem die Geschwindigkeiten der „langen Läufe" zum Rennen hin weiter in kleinen Schritten zu erhöhen. Die wöchentlichen Kilometerzahlen steigen so an (siehe Grafik) dass in der 7. bzw. 8. Woche dieser Phase „die persönlichen 100 % des Jahresumfangsaufbaus" erreicht werden. Der Jahresurlaub / Trainingslager wäre hier wohl am besten platziert. Vielleicht schaffen sie 160 – 180 km. Nachdem in der 5.Woche eine Regenerationswoche „ausschließlich aerob" auf 70 % Umfangsreduzierung eingefügt wurde, wären in der 6.-8 -Wochen 1 x 20 km + 1 x 30 km + 1 x 40 km + 1 x 8 – 10 x 1000 m bei 105 % vom Renntempo mit 1 ½ – 2´ Trabpausen das Optimum. In den ersten 5-6 der 10-12 Wochen bereiten 1 Fahrtspiel mit z.B. 6 x 5´ „schnell" bei 5´ Laufpause und beispielsweise 6 x 400 Meter nach einem mittlerem Dauerlauf auf das 8 – 10 x 1000 m Qualitätstraining der letzten Wochen vor.
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Wichtige Trainingsformen in einer 10-12 Wochen – Marathon – UWV ( ein Blick zu den Leistungsläufern)
Kombination von Läufen mit individuell hoher Geschwindigkeit (~ 20 km) und marathonspezifischen Läufen > 35 km
Beispiele: – 15 – 25 km DL in 3:25 3:50 min/km
– 40 – 45 km
– 20 km DL-TW auf der Bahn:
1000 m (3:50 3:20): die 1000 m Lp ~ 30" langsamer
– im Wechsel mit 4000 m (ansteigend von 3:50 min/km
bis zu 3:20 min/km oder schneller)
auch
– 20 km "schnell" am 1.Tag oder 16 km DL-TW
– am nächsten Tag 36- 40 km bei 80-85 %
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Die vierte und letzte Phase (3-4 Wochen) dient der Leistungsausprägung, der Umsetzung des absolvierten Trainings in die Wettkampfleistung. Der Umfang wird schrittweise von Woche zu Woche um 15 – 20 % reduziert, der letzte lange Lauf etwa 10 – 12 Tage , das letzte schnelle Training 3 – 5 Tage vor dem „Race" absolviert, natürlich vor allem auf der Grundlage der eigenen Erfahrungen. Orientieren sie sich in der Gestaltung der letzten Tage an ihren besten Wettkämpfen, machen sie keine Experimente, pflegen sie ihren "body", das absolvierte Training im 10-12 Wochen-Abschnitt entscheidet über ihre Leistung. Essen sie normal, benutzen sie keine neuen Schuhe, gehen sie rechtzeitig gut gelaunt zum Start und führen sie ab dem 5.km bei jedem Punkt die kleine Getränkeflasche mit und trinken die 150ml langsam, schluckweise aus. Natürlich haben sie das vorher im Training geübt! Auch wenn sie in der letzten Nacht unruhig geschlafen haben hat das erfahrungsgemäß wenig Einfluß auf das Wettkampfergebnis.
Du hast doch gut trainiert. Sag Dir bei 35 km das Du es schaffst!
Lothar Pöhlitz
Leichtathletik Coaching-Academy
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