Wer schneller laufen will, muss auch wie die Schnelleren trainieren - Foto: Hemkes
TRAININGSLEHRE NACHWUCHS- und LEISTUNGSTRAINING – LAUFEN: Die Wochen nutzen, wenn die anderen zur WM oder EM 2022 sind – Lothar Pöhlitz
© Lothar Pöhlitz* – Wer schneller laufen will, muss auch wie die Schnelleren trainieren, in allen Altersklassen. In diesem Zusammenhang sind Fleiß, Disziplin, Trainingsqualität, Trainingsinhalte, Trainingsumfang und eine möglichst schnelle Regeneration gleichermaßen wichtig.
Im Verlauf des Kinder-Jugend- und Juniorenalters sollte jungen Läufern und Läuferinnen besonders eine gute Trainingsqualität in guter Lauftechnik vermittelt werden und sie müssten diese, selbstverständlich, auch in Wettkämpfe zeigen wollen. Aber sie brauchen auch die Beweglichkeit in den Fußgelenken, den Hüften und dem Oberkörper mit Armen damit die Gelenke sich leichter bewegen lassen.
Juli und August sind bestens für Sekundengewinne oder mehr geeignet
Es besteht jetzt eine große Chance für den Nachwuchs und die zweite Reihe, in der Zeit, wenn die besten, bei WM und EM um Medaillen laufen sollen, um Fortschritte, um Sekunden oder auch Minuten im Training, aber auch in Wettkämpfen zu kämpfen, dabei „unbemerkt“ ihre Laktattoleranz zu verbessern, die „trainierte“ mentale Stärke zu zeigen und Schwachstellen zu reduzieren.
Die Art und Weise, wie das Training und die Trainingsstunden „gelehrt“ werden, hat eine entscheidende Bedeutung für deren Wirkung. Die Erfahrungen besagen, dass es im Nachwuchsleistungstraining oft zu wenig um die Ausführungsqualität / Lauftechnik und die immer neuen Bestleistungen in Wettkampfperioden geht.
Läufer im Jugend- und Juniorenalter sollen lernen ihr Training mit bestmöglicher Qualität „möglichst leicht – immer besser“ zu absolvieren, dafür brauchen sie Muskelkraft und Gelenkbeweglichkeit, auch das kann man im Heimtraining allein wirkungsvoll üben. Das Training dafür sollte in den nächsten Wochen nicht ausgesetzt werde, Deshalb ist eine besondere, ganzjährige Traineraufgabe den Kids und Jugendlichen die Ausführung der Techniken jeder Trainingsübung zu vermitteln.
Dazu, aber auch für den Rest des Jahres, nachfolgend einige Anregungen / Erfahrungen:
Verschiedene Trainingsformen stellen verschiedene qualitative Anforderungen. Diese werden von den Zielen der Trainingseinheiten bestimmt:
- Auch Läufe über längere Strecken, wie beispielsweise zur Verbesserung der VO2max, müssen mit der richtigen Intensität schneller als Dauerlauf und guter Technik absolviert werden. Unabhängig ob bergan, bergab oder im Gruppen-training soll die Lauftechnik der Entwicklung des Rhythmusgefühls in den Wettkämpfen, hinter einem Führenden oder neben einem anderen Sportler(in) dienen.
- Intensives Training sollte in erster Linie mit der vorgegebenen Geschwindigkeit erfolgen und auch Tempowechsel mit guter Technik absolviert werden. In solchen Trainingseinheiten können in kurzen oder längeren Fahrtspielen auch mentale Fertigkeiten trainiert werden, indem Wettkampfgeschwindigkeiten eingefügt und im Kopf programmiert werden.
- Auch BAL- und Schnelligkeitstraining soll mit guter Lauftechnik (Füße, Beine, Arme) und explosivem Fußabdruck erfolgen. Im spezifischen Schnelligkeits-training sollen technische Feinheiten beachtet, Hoch- und Tiefstarts, Tempo-wechsel, Spurts und die Fähigkeit zur Überraschung der Konkurrenten im Gruppentraining geübt werden.
Wichtige Faktoren einer guten Trainingsqualität
Unterschiede zwischen Sportlern mit positiver Entwicklung und denen ohne diese positive Entwicklung resultieren aus Disziplin, Qualitäten in der Übungsausführung, dem entsprechenden Einsatz, dem schneller in der Ausführung der angebotenen Aufgaben, der Pausengestaltung, den Qualitäten der Ein- und Auslaufaufgaben, den vorgesehenen Regenerationsmaßnahmen und der Ernährung.
Typische Fehler: Nicht wenige beschäftigen sich mehr mit den Trainings-kameraden über alles und jedes zu reden und denken, das Techniktraining nur dann stattfindet, wenn der Trainer zusieht und kritisiert. Oft sind sie mehr an der Wiederholungszahl als an ansteigenden Gewichten und der schnelleren Bewegung und der technischen Ausführung von Übungen im Krafttraining interessiert.
Im Jugendalter ist es wichtig ein hohes Leistungsniveau zu wollen. Die Sportler sollen lernen Gefühle einzusetzen, lernen, die angestrebten komplexen Trainingseinheiten zur Entwicklung eines guten Leistungsniveaus zu gestalten. Pulsuhren sind als Ergänzung nützlich, sie dürfen aber zu keiner sklavenartigen Trainingssteuerung führen.
Typische Fehler: Ein Großteil des lockeren Trainings wird mit zu geringer Laufgeschwindigkeit und damit mit falscher Technik absolviert. Die längsten Distanzen dagegen mit zu hoher Geschwindigkeit gelaufen.
Ziel ist die „Kerneinheiten“ der Woche in bestmöglicher Qualität zu absolvieren
Typische Fehler: Man ist auf die intensiven Trainingseinheiten zu schlecht vorbereitet, noch ermüdet vom vorherigen Tag, zu späten Frühstück / Mittag- essen vor dem Training oder mental unvorbereitet. Das führt zu einer schlechten Qualität in den wichtigsten Trainingseinheiten und folglich zur geringen Leistungsentwicklung.
Nicht gut realisierte intensive Einheiten sind oftmals durch einen zu langsamen oder zu schnellen ersten Teil gekennzeichnet, sodass die Geschwindigkeit, die Technik, der Einsatz und die angestrebte Belastung nicht wie gewünscht ist. Die zweite Hälfte einer intensiven Trainingseinheit entscheidet, ob man mit der Trainingseinheit einen positiven oder negativen Effekt erzielt.
Typische Fehler: Der erste Teil der Einheit / der intensiven Belastung erfolgt bei insgesamt zu hoher Belastung, sodass es zu hohe „Laktatauslenkungen“ kommt, sodass durch einen schwereren zweiten Teil ein negativer Trainings-effekt entsteht.
Das Training soll abwechslungsreich gestaltet werden.
Typische Fehler: Monotonie und wenig Abwechslung im Training über längere Zeiträume führen oftmals zu schweren Beinen, Überspannungen im Gehirn, muskulären Problemen und wenig Energiereserven. Ein anderes Problem ist, dass viele Sportler eine spezifische Trainingseinheit trainieren, und sie gut darin werden, genau diesen (und nur diesen einen) Typ Trainingseinheit zu mögen.
Fortschritte in den Einheiten sind wichtig für die Entwicklung. Jede Sekunde schneller zählt.
Typische Fehler: Zu geringer Geschwindigkeitsanstieg in den intensiven Trai-ningseinheiten im Verlauf des Trainingsjahrs, fehlender Einsatz der Pulsuhr, sodass die Genauigkeit leidet, die lockeren Dauerläufe sind für eine Entwicklung nicht lang genug.
Typische Fehler: Trotz zunehmender Ermüdung wird das planmäßige Training fortgesetzt, dadurch werden die intensiven Einheiten weniger wirksam.
Hartes und viel Training erfordert, dass man sich sehr gut um die Wiederherstellung kümmert. Man muss ein Verständnis dafür entwickeln, dass man genug und das Richtige sowohl vor als auch nach dem Training isst. Da hilft schon „die Flasche danach“ mit Maltodextrin und ein wenig Kalium.
Typische Fehler: Schlampiger Umgang mit den Wiederherstellungsmaß- nahmen: Ernährung / Trinken vor / nicht während – aber nach dem Training bzw. Wettkämpfen, sich trockene Bekleidung anziehen, Auslaufen, Durchführung von Regenerationseinheiten, Ruhetage / Ruheperioden nach der Saison, Zahl der Stunden Schlaf jede Nacht, Beweglichkeitstraining etc.
Ist das Training unwirksam, mit auffallend geringen Fortschritt, rechtzeitig prüfen, ob eine Krankheit/Infekt/Eisenmangel o.ä. im Anmarsch ist und Gegenmaßnahmen einleiten.
Man muss lernen, sich auszuruhen und eine gute Wiederherstellung zu absolvieren. Ruhetage sind in der Gesamttrainingsplanung genauso wichtig wie das Training oder harte Rennen.
Typische Fehler: Die Durchführung des Trainings nach einem festgelegten Plan anstelle der Beachtung negativer Signale des Körpers, die zu zeitige Wiederaufnahme des Trainings nach Krankheiten, zu wenig Zeit für einen schrittweisen Wiederaufbau nach Krankheiten, Tests der Form mit einer harten Trainingseinheit, der Glaube, dass die Medizin gegen schlechte Form hilft.
Die besten Sportler wären nicht so weit gekommen, wenn sie keine offensive Einstellung, Fleiß und Disziplin hätten. Herausforderungen müssen angenommen werden, Grenzen müssen überschritten werden, die besten sind gut darin, zu erfühlen, was ihr Körper im Training aushalten kann. Gleichzeitig besitzen sie eine fantastische Eigenschaft/Gefühl zu erkennen, wenn es „wirklich genug ist“.
Sie haben keinerlei Angst vor Änderungen in ihrem Trainingsplan, vor ein paar mehr Wettkämpfen und vor dem Einschieben von Erholungsphasen, wenn diese erforderlich sind. Sie entwickeln ein Gleichgewicht zwischen der gründ-lichen und seriösen Arbeit an den wichtigsten Teilen im Training und den Maßnahmen zur Regeneration.
Lothar Pöhlitz
© Lothar Pöhlitz* – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport/Sportwissenschaftler/Trainer und Cheftrainer im SC Chemie Halle / Nachwuchs-Verbandstrainer / 1971-1979 Leiter des Wissenschaftlichen Zentrums für Lauf-Trainingsmethodik im DVfL / 1980 – 1998 DLV-Bundestrainer Mittelstrecke – Langstrecke – Marathon / zuletzt Teamleiter Marathon / Straßenlauf / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / Langjähriger Dozent an der Trainerakademie Köln und DLV-Trainerschule / 2006-2020 Leichtathletik Coaching Academy / 4 Lauf-Fachbücher
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