„Das ist ein toller Tag für mich. Ich habe lange daran gedacht, diesen Weltrekord zu laufen – jetzt habe ich es umsetzen können.
Tirunesh Dibaba: Weltrekord als Familienangelegenheit – Die 23-jährige Äthiopierin stürmte im Bislett-Stadion nach 14:11,15 Minuten
Mit familiärer Unterstützung rannte Tirunesh Dibaba in Oslo zum Weltrekord. Die 23-jährige Äthiopierin stürmte im Bislett-Stadion nach 14:11,15 Minuten ins Ziel des 5.000-m-Laufes. Damit verbesserte sie die bisherige Bestmarke ihrer Landsfrau Meseret Defar gleich um gut fünfeinhalb Sekunden und krönte das Golden League-Meeting der Leichtathleten.
Geholfen hat ihr dabei als Tempomacherin auch ihre Schwester Ejegayehu – der Weltrekord wurde zu einer Familienangelegenheit.
Nachdem Anna Alminova (Russland) für das richtige Anfangstempo gesorgt hatte und das Rennen dann beendete, übernahm Tirunesh Dibabas 25-jährige Schwester den Job der Pacemakerin. „Ich bin ihr dankbar, dass sie mir geholfen hat. Das hatten wir so verabredet“, erklärte Tirunesh Dibaba. Allerdings konnte Ejegayehu Dibaba, die 10.000-m-Olympiazweite von Athen, nicht verhindern, dass Tirunesh nach 3.000 Metern im Weltrekord-Fahrplan rund sechs Sekunden zurücklag.
Doch nun ging die 23-Jährige selbst an die Spitze und brachte sich mit enormer Tempohärte wieder auf Kurs. „Zwei Runden vor Schluss war ich mir sicher, dass ich es schaffen würde“, sagte Tirunesh Dibaba, die den letzten Kilometer in knapp 2:43 Minuten lief und dabei noch einige überrundete Läuferinnen außen überholen musste, weil keine die Innenbahn freimachte.
„Das ist ein toller Tag für mich. Ich habe lange daran gedacht, diesen Weltrekord zu laufen –
jetzt habe ich es umsetzen können. Seit den Afrikameisterschaften habe ich mich ausschließlich auf dieses Rennen vorbereitet“, erklärte Tirunesh Dibaba, die vor zwei Jahren bei einem 5.000-m-Rekordversuch in Oslo noch gescheitert war. Sieht man von einem Juniorinnen-Weltrekord ab, war dies ihre erste Freiluft-Weltbestmarke über eine Bahn-Langstrecke. Ob sie sich nun zutraut, als erste Läuferin die 14 Minuten zu unterbieten, wurde
Tirunesh Dibaba in Oslo gefragt. „Das weiß ich nicht. Vielleicht ist das eines Tages möglich“, antwortete die Läuferin, die in Addis Abeba in Höhenlagen trainiert.
Vielleicht muss sie schon sehr bald wieder einen neuen Rekordversuch planen, denn am heutigen Sonntag möchte sich Meseret Defar in Eugene (USA) die Bestzeit zurückholen. „Ich denke, es ist möglich schneller zu rennen als ich heute – ich bin gespannt darauf, was in Eugene passiert. Ich glaube nicht, dass ich das Rennen in Äthiopien im Fernsehen sehen kann, so dass ich das Ergebnis telefonisch erhalten werde.“
Hinter der Kenianerin Lucy Wangui (14:33,49) wurde Ejegayehu Dibaba in 14:36,78 Dritte im Weltrekordrennen von Bislett. Doch das war noch nicht alles, was Familie Dibaba in Oslo zu bieten hatte: Als Siebente lief Tiruneshs jüngere Schwester Genzebe mit persönlicher Bestzeit von 15:02,41 ins Ziel. Die 17-Jährige hatte bei der Cross-WM im März als Siegerin des Rennens der Juniorinnen auf sich aufmerksam gemacht. „Es ist das erste Mal, dass wir alle drei in einem Bahnrennen an den Start gegangen sind“, erzählte Tirunesh Dibaba in Oslo.
Inspiriert zum Laufen wurden die Dibaba-Schwestern durch ihre Kusine: Derartu Tulu ist die 10.000-m-Olympiasiegerin von 1992 und 2000. Später gewann sie die hochkarätigen Marathonrennen von London und Tokio. Auch Tirunesh Dibaba, die einst mit ihrer älteren Schwester als 14-Jährige nach Addis Abeba zog, sich dann einem Polizeisportklub anschloss und fortan professionell trainierte, will eines Tages Marathon laufen. „Erst möchte ich alles auf der Bahn gewinnen, was möglich ist.
Danach kommt der Marathon. Ich möchte Äthiopiens erfolgreichste Olympionikin werden“, sagt Tirunesh Dibaba, die in Peking eventuell über 5.000 und 10.000 m antreten wird. Ihrer Schwester Genzebe, mit der sie zeitweilig trainiert, prophezeit sie eine große Zukunft: “Ich erwarte, dass sie eines Tages schneller sein wird als ich.“
Doch noch ist es Tirunesh, die bei Familie Dibaba die Zeichen setzt. Das begann 1993 bei den Weltmeisterschaften in Paris, wo sie die jüngste Weltmeisterin in einer Einzeldisziplin wurde. Genau 18 Jahre und 90 Tage alt war die Läuferin, als sie überraschend die 5.000 m gewann. Bei den Olympischen Spielen in Athen wurde sie dann 2004 im 5.000-m-Finale Dritte und damit zur jüngsten olympischen Medaillengewinnerin ihres Landes aller Zeiten.
Bei der WM 2005 setzte Tirunesh Dibaba in Helsinki die Erfolgsstory fort: Nie zuvor hatte eine Frau in der WM-Geschichte sowohl die 5.000 m als auch die 10.000 m gewonnen. Die damals 20-Jährige war in Finnland nicht zu schlagen. Im vergangenen Jahr verteidigte sie den 10.000-m-Titel trotz eines Sturzes in Osaka, verzichtete dann aber auf das 5.000-m-Rennen und musste in der Folge sogar die Saison beenden. Im Olympiajahr hat sie sich eindrucksvoll zurückgemeldet.
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