Talentoffensive - BSTP – Wettkampfsystem - hochspezialisiertes Trainerwissen - Der DLV-Strukturplan 2013 – 2016 - ein Weg in die Weltspitze - Lothar Pöhlitz in der Leichtathletik Coaching-Academy ©wus-media - Wilfried Raatz
Talentoffensive – BSTP – Wettkampfsystem – hochspezialisiertes Trainerwissen – Der DLV-Strukturplan 2013 – 2016 – ein Weg in die Weltspitze – Lothar Pöhlitz in der Leichtathletik Coaching-Academy
© Lothar Pöhlitz – Mit Sportdirektor Thomas Kurschilgen und Cheftrainer Idriss Gonschinska ist wieder Leistungsdenken in die Abteilung Olympische Leichtathletik beim DLV gekommen. Sie wollen, auch mit Läufern, ins Weltniveau. Die Leichtathletik – Coaching – Academy (LCA) bemüht sich im Bereich Elite – Middle & Long Distance Running bereits seit 2006 um Unterstützung.
Von vielfältigen Aktivitäten wurde in den letzten Monaten aus Darmstadt berichtet, Veränderungen eingeleitet, sensationelles blieb aber bisher aus auch weil die größte Arbeit noch bevorsteht. Erfolge bei EM, WM und den OS in Rio 2016 sind letztendlich das Ergebnis von „Langzeitprojekten und Nah-Zielen“. Der DLV-Strukturplan 2013 – 2016 weist dafür nicht wenige anspruchs-volle Aufgaben aus. Da sollte man nicht verpassen die „vielfältige Arbeit auf viele Schultern zu verteilen“, es bleiben nur noch 2 ½ Jahre.
Das Training der Athleten und die Wettkämpfe sind die Gold-Schlüssel
Aus Sicht der Praxis beinhalten die Umsetzung des neuen Bundesstützpunktkonzepts – möglichst schon gestern – und ein neues Niveau in der Organisation eines leistungsunterstützenden Wettkampfsystems „gegen Bessere“ die Gold-Schlüssel für die angestrebte Konkurrenzfähigkeit in der Welt. Das sind aber keine „Selbstläufer“. Da müsste schnell entschieden werden welches Team ab sofort für die Schaffung der damit verbundenen organisatorischen Voraussetzungen verantwortlich ist.
Erst wenn das Training der Besten und die Kompetenz ihrer Trainer sich dem Niveau der Weltbesten nähern, das Training modernisiert wurde und das neue Niveau in angebotenen Wettkämpfen stabil präsentiert werden kann kommt Zeit für Nebenkriegsschauplätze. Die zentrale Botschaft müsste deshalb heißen: „Konzentration aller Kräfte (Mitarbeiter) zuerst für den Leistungsfortschritt der Athleten“.
Das DLV-Team kann in Zukunft international nur mit den Besten um die Podiumsplätze kämpfen wenn jeder an seinem Platz, im Spitzenbereich, im Nachwuchstraining, in der Zentrale und in den LV – bereit ist die im 4-Jahres-Strukturplan gestellten Aufgaben besser zu erfüllen als bisher! Die Aufforderung „Machet“ gilt heute wie damals noch immer. Die Gewohnheiten der Vergangenheit werden es aber schwer machen die Hebel umzulegen und das Top-Team-Elite-Konzept in den noch funktionsfähig zu schaffenden Bundesleistungszentren durchzusetzen, vor allem auch weil in den letzten Jahren das oft kritisierte Trainerpotential für das Hochleistungstraining nicht ausreichend – von wem auch immer – auf die Zukunft, diese anspruchsvollen Aufgaben vorbereitet wurde.
Da kann ein kurzer Blick zu den Team-Olympiasiegern im Skisprung nicht schaden: „Sie führten innerhalb der letzten 6 Jahre ein Kadersystem mit einheitlichen Ausbildungsrichtlinien im Technik- und Athletiktraining ein, aber es dauerte bis es zum letzten Nachwuchstrainer durchgesickert ist. Bundestrainer Schuster sieht diese Stunde des Erfolgs als schöne Scheinwelt, von dem in Schwung gebrachten Rad (Nachwuchsarbeit) wollen wir die nächsten 10 Jahre profitieren. Wenn man auf einem Gipfel ist kann man weit schauen, die Goldmedaille soll der Beginn eines neuen Skisprung-Booms werden“.
Das sich die Olympischen Leichtathletik endlich einen neuen Status und sich selbst mehr „Beinfreiheit zur Arbeit mit der Elite“ erarbeitet hat indem dem Breitensport mit einem neuen langen Namen gleichzeitig ein breites eigenständiges Aufgabenfeld zugewiesen wurde kann man als eine der erfreulichen Schritte zurück zu „einstmaliger deutscher Konkurrenzfähigkeit in der Welt“ begrüßen. Dafür müsste nun ein „Aufbruch“ den Absichtserklärungen, den Plänen folgen.
Vorbereitung auf „hochspezialisiertes Trainerwissen“
Erfreulich für die Mittel- und Langstreckendisziplinen des Nachwuchses ist dass sie bereits vom Arbeitschwerpunkt im Strukturplan „Optimierung der Betreuungssituation der Kaderathleten des DLV durch eine zielgerichtete Steuerung durch hochspezialisiertes Trainerwissen in den 34 Kaderdisziplinen“ profitierten und sich seit Herbst mit neuem Personal die Hoffnung verbinden kann dass für den Olympiazyklus 2017-2020 besser vorbereitete Talente für alle Laufdisziplinen für das Hochleistungs-training zur Verfügung stehen als 2012.
Da gilt vor allem das „schönreden“ das Training nicht modernisiert. Sicher weiß der Cheftrainer das die Trainerfortbildungs-Versäumnisse der letzten Jahre schnell umfangreiche Aktivitäten erfordert weil neues Bundestrainer – Personal selbstverständlich nicht gleich die Erwartungen an „hochspezialisiertes Trainerwissen“ erfüllt um die Talente besser auf das Hochleistungstraining vorzubereiten.
Nachwuchsleistungstraining die große Herausforderung – Vor der VP II / 2014 fliegen nur 2 „Lauf – Schwalben“ tief über Deutschland
Die Bestenlisten 2013 und der HWP 2014 im Lauf / Gehen widerspiegeln die Qualität der Nachwuchsarbeit in den letzten 10 Jahren. Daraus müsste man schlussfolgern dass die Nachwuchsausbildung in den Mittel- und Langstrecken für den Cheftrainer – mit dieser im Herbst 2013 optimierten Nachwuchs-Bundestrainerbesetzung – ab sofort die große Herausforderung darstellt. Auch daran wird seine Arbeit am Ende des Olympiazyklus 2016 gemessen werden. Wie in allen Lebensbereichen wird auch hier die Qualität der Arbeit über die Qualität der Ergebnisse entscheiden.
Die erste Prüfung der Wahrheit findet bereits im Sommer statt wenn es um die Qualifikationen für die Olympischen Jugendspiele in Nanjing (China) und die U20-Weltmeisterschaften in Eugene (USA) geht.
Bei den Cross–EM im Dezember 2013 in Belgrad – einer echten Prüfung der Wahrheit – nur gegen Europa – belegten die U20-Jungen die Plätze 33 – 37 – 39 – 44 und die U20-Mädchen die Plätze 5 – 10 – 36 – 44. Dabei unterstrich Alina Reh (1997) mit ihrem 5. Platz dass sie aus dem Bereich U20 weiblich – aus Hochleistungsansprüchen gesehen – derzeit wohl als Einzige den Maßstab an ein Goldkörnchen des DLV erfüllt. Bei größeren Aufgaben im Sommer wird sich zeigen ob auch Konstanze Klosterhalfen vom gleichen 97er Jahrgang – die in der Hallensaison den 40 Jahre alten 1500 m – U18 Rekord über 1500 m auf 4:21,52 verbesserte und Julius Lawnik (1995) – als weitere Hoffnungsträger für die Zukunft in den „Nachwuchs-Elite-Kader“ berufen werden können. Das Alina Reh-Prädikat käme im männlichen Lauf derzeit vergleichsweise nur dem aber schon 3 Jahre älteren Mittelstreckler Patrick Zwicker (1994) zu. Das unterstreicht die Erfahrung dass die Mädchen 2 Jahre früher ins Rampenlicht drängen als Jungen.
Jetzt beginnt die nicht leichte Aufgabe – das zeigt die Vergangenheit – solche Talente auf das Hochleistungstraining v o r z u b e r e i t e n und in anspruchsvolle Wettkämpfe gegen Bessere – ohne gleich siegen zu müssen – zu führen. Die anderen dahinter sind schneller an Belastungen heranzuführen wie sie beispielsweise in Englands Jugendtraining als normal gelten und die Motivation für mehr beflügeln würden.
Reh & Zwicker sind zu Beginn der VP II die zwei der „Schwalben mit Goldkörnchenanspruch“ aus dem Lauf-Nachwuchsbereich die für mich derzeit am tiefsten über Deutschland fliegen, aber „sie machen noch keinen Sommer“ sagt ja das Sprichwort.
Mit dem Nachwuchsleistungstraining ist es wie mit der Bildung. Nicht die Anzahl und Größe der Schulgebäude, die Schulform oder die Anzahl der Lehrer entscheiden über das Niveau der Bildung sondern die Intelligenz der Schüler und die Qualität des Unterrichts!
Eine „Talentoffensive“ für 12 Laufdisziplinen Muss schnell auf die Agenda
Wenn in der Zukunft die von der DLV-Führung genannten Ziele erreicht werden sollen müssten vielleicht unter einem Arbeitsbegriff „Talentoffensive“ die vielfältigen Nachwuchs-Aufgaben im Teamwork gelöst werden. Eine Neuformierung eines konkurrenzfähigen Potentials im Anschlusstraining für alle 12 Laufdisziplinen an der Schwelle zum Olympiazyklus 2017 – 2020 müsste das Ziel sein. Dem könnten z.B. eine ehrliche Analyse mit Konsequenzen zum aktuellen Talentpotential pro Disziplin (zusammen mit Heimtrainern) und ihren derzeitigen Training im Vergleich zum Leistungsstand in den Altersbereichen in Europa und in der Welt vorangehen.
Parallel dazu würde die Talentsuche durch Talent-Scouts in den LV die DLV-Zukunft sichern. Ein Konzept für das Nachwuchsleistungstraining für Talente müsste neben einen Schwerpunkt „OST“ – seine schnelle Umsetzung, gemeinsame Trainingslager disziplinübergreifend, die parallele Trainerfortbildung für diese Aufgaben, die Teambildung, Kader-Pflichtwettkämpfe und vor allem die sportmedizinisch-physiotherapeutische Begleitung beinhalten.
Vielleicht könnten die beim DLV für Schulsport zuständigen die Leichtathletik – Schulmeisterschaften (100 m – 400 m – 1000 m – 3000 m – Weit – Hoch – Kugel) in den Kreisen, den Regionen, Städten oder in den Ländern neu aktivieren, das würde auch die Leichtathletik im Schulsport neu beleben. Als Christian Neureuther vor Monaten seinen Hut in den Wintersport-Ring warf als es um einen neuen Präsidenten des Deutschen Ski-Verbandes (DSV) ging stellte er einen Schwerpunkt seiner evtl. Verbandsarbeit besonders heraus: "Mir liegt am Herzen Programme aufzustellen für Kinder und Jugendliche mit denen man sie zum Leistungssport bringt". Damit wollte er sicher die Tatsache unterstreichen dass der Leistungssport in Zukunft vom Schulsport keine Hilfen mehr erwarten kann und für einen talentierten Nachwuchs eigene Programme braucht. Wie Recht er hat.
Junior – Elite – Kader 2014 und Lauf–Talent–Pool
Ins DLV-Junior Elite Team 2014 wurden nur 7 (!) Läufer (4 x 800 m M – 1 x 3000 m Hi M – 1 x 1500 m F – 1 x 3000 m Hi F) berufen. Das bedeutet das 3 Jahre vor den nächsten Olympischen Spielen vom DLV eingeschätzt wurde dass in diesem wichtigen Altersbereich für 12 olympische Laufdisziplinen der Männer und Frauen – für die es 2016 in Rio 36 Startplätze gibt, nur 7 Nachwuchsathleten über die entsprechenden Voraussetzungen für Spitzenleistungen verfügen. Damit wird die Arbeit in der Vergangenheit tief ausgeleuchtet und den oben genannten Aufgaben für die Zukunft ist wohl nichts hinzuzufügen.
Viele Schmetterlinge – derzeit aber nur zwei „Große“
Talent – Scouts in den LV sichern die DLV – Zukunft – Für alle Mittel- und Langstrecken braucht man schnelle Läufer
Für die Elite der Mittel- und Langstreckendisziplinen ist von Bedeutung dass es im letzten Jahrzehnt nicht nur nachlassende Bemühungen in der Talentsuche Lauf gab (früher gab es beispielsweise einmal einen Talent – Cross der Landesverbände oder einen Straßenlauf-Nachwuchskader) sondern auch keine Hilfen in der Talentfindung und -ausbildung aus den Sprintdisziplinen. Dadurch und auch wegen der unbefriedigenden Leistungssituation im weiblichen und männlichen Langsprint drängen seit langem keine Talente in die 800 m und 1500 m, sicher auch weil sie sich mit ihrem nur mittleren Leistungsniveau und dem 4×400 m Staffel – Pool dort seit Jahren wenig gestört recht wohlfühlen.
In letzter Zeit wurden die Probleme des fehlenden Nachwuchses beispielsweise auch im Skiverband, im Schwimmverband, bei den Handballern und im Eisschnelllauf öffentlich.
Für den DLV wäre die Talentsuche an der Basis eine Überlebensstrategie. Wenn aber die Talente nicht einer sehr guten Ausbildung zugeführt werden oder zum Training in die USA auswandern, sind jegliche Aktivitäten – wie in der Vergangenheit – zum Scheitern verurteilt. Ein hilfreicher Schritt wäre beispielsweise einen hauptamtlichen Trainer in jedem Landesverband mit dem notwendigen Fachwissen als Talent–Scout vielleicht sogar für alle leichtathletischen Disziplinen einzusetzen. Natürlich wäre das nur ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn nicht gesichert wird in welches funktionierende Bundesleistungszentrum zu welchem Spitzentrainer oder in welche Eliteschule des Sports die gefundenen Talente gelenkt werden, verpufft die eingesetzte Kraft. Dort sollte aber ein „Goldschmied arbeiten der Rohdiamanten bearbeiten kann“ und über das geforderte hochspezialisierte Trainingswissen verfügt, damit sie ohne Zeitverlust fachgerecht ausgebildet werden könnten.
Erst kürzlich wurde öffentlich „das beim FC Augsburg gerade ein weiteres neues Nachwuchsleistungszentrum – Fußball gebaut wird“ (Stefan Reuter am 19.1.2014 bei sport1). Das der Fußballbund derzeit – auch der Leichtathletik – in der Nachwuchsleistungsarbeit um Lichtjahre voraus ist sollte auch die Verantwortlichen beim DOSB aufwecken.
In BILD vom 16.2.2014 schreibt Günter Netzer: „Seit vielen Jahren wird konsequent in die Nachwuchsarbeit an den DFB-Stützpunkten investiert. Hier werden die 10 – 14 jährigen Talente gesichtet und trainiert um die besten Spieler mit 15 Jahren (!) an die Leistungszentren der Profivereine abzugeben“. Die Erfolge blieben nicht aus.
Die fixierten Erwartungen erfordern eine neue Qualität der Arbeit in Teams
Soviel zum Anspruch. Wenn die Trainer des Spitzenbereichs ihren Arbeitsauftrag „Siege und Medaillen bei EM, WM und OS“ bzw. heranführen ans Weltniveau erfüllen sollen Muss das gewünschte hochspezialisierte moderne Trainerwissen unter entsprechenden Bedingungen täglich auf die derzeit wenigen Goldkörnchen oder Genies wirken, die das auch wollen und für 10 – 12 TE Zeit haben.
Praxiserfahrung ist das bei regelmäßiger Trainerpräsenz die Trainingsqualität um mindestens 30 % höher ist! Gerade hat sich bei den Winter – Olympics in Sotchi gezeigt in welch peinliche Situation ein Verband kommen kann wenn ein offensichtlich „unfertiges Biathlon-Riesentalent“ enttäuscht, tränenüberströmt und mit den Worten „ich schäme mich ja so“ von allen bedauert wird, nur weil eine Sportart im Vorfeld ihre Hausaufgaben in Richtung Entwicklung älterer konkurrenzfähiger Sportler nicht gemacht hat.
Bewährungen dienen der Talentpflege
Das von 2014 an Staffel- Weltmeisterschaften u.a. über 4 x 800 m und 4 x 1500 m der Frauen und Männer, erstmals im Mai 2014 in Nassau auf den Bahamas stattfinden wäre ein guter Anlass zu reagieren, die Anstrengungen zu verstärken, vielleicht mit Meisterschaften von Landesauswahlmannschaften der Jugend in diesen Staffeln – z.B. im Rahmen der DM der Erwachsenen oder U23.
Diese Staffel-Meisterschaften haben den DLV bestimmt überrascht, die Entsendung von 4 konkurrenzfähigen Staffeln 2014 zu dieser WM wird keine leichte Aufgabe, zumal der Zeitpunkt im Vorfeld einer Saison mit Erwartungen junge Läufer und ihre Trainer vor nicht leichte trainingsmethodische Probleme stellen könnte.
„Wenn wir über Spitzensport reden muss man immer fragen: dient das Geld das eingesetzt wird dem Ziel dass der Sport an die Spitze kommt, an der Spitze bleibt. Das Geld jedenfalls dient nicht dazu Besitzstände bestimmter Strukturen oder Orte dauerhaft aufrecht zu erhalten“ (BMI: 3.2.2014 Innenminister Thomas de Maizière im Interview mit der Süddeutschen Zeitung).
Lothar Pöhlitz in der Leichtathletik Coaching-Academy