Stuttgarter Zeitung-Lauf: Stuttgart statt Peking – am Seriensieger kommt keiner vorbei – Stuttgart statt Peking – Der deutsche Marathonmeister Martin Beckmann will als Lokalmatador beim Stadt-Halbmarathon seinen Titel verteidigen – Stefanie Keppler in der Stuttgarter Zeitung

STUTTGART. Stuttgart ist am Wochenende fest in Läuferhand: Zum 15. Stuttgarter-Zeitung-Lauf werden heute und morgen 29 000 Freizeitsportler erwartet. Bei der Premiere des City-Halbmarathons gilt der deutsche Marathonmeister Martin Beckmann als Favorit.

Seinen großen Traum von Olympia in Peking hat Martin Beckmann verpasst, dafür bleibt nun Zeit für Stuttgart. Besser: für einen Sieg beim 15. StZ-Lauf – es wäre der fünfte Sieg in Folge für den deutschen Marathonmeister und der insgesamt sechste Titel für den Lokalmatador aus Leinfelden-Echterdingen. Stuttgart statt Peking – für einen Profiläufer wie Beckmann ist das zwar kein Trost (¸¸Für mich war Olympia eher ein Traum, die WM in Berlin ist ein Ziel"), doch für die insgesamt 14 500 Mitläufer ist der 30-jährige Betriebswirt so etwas wie die Lokomotive.

Klar ist jedenfalls: am Seriensieger kommt wohl keiner vorbei. Mit der in Stuttgart gelaufenen Bestzeit von 1:06,28 Stunden gilt er auch auf der neuen Strecke als Favorit. Lediglich der Inder Baliram Disale aus Stuttgarts Partnerstadt Mumbai könnte mit den von ihm angegebenen 1:06,10 Stunden gefährlich werden; zudem startet der irische Marathonmeister Ian MacLaughlen.

Trotz aller Bestzeiten, Stuttgart ist und bleibt eine Breitensportveranstaltung – die größte im deutschen Südwesten. ¸¸Wir wollen einer der größten Volksläufe werden", kündigte selbstbewusst Jürgen Scholz, der Präsident des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes (WLV) diese Woche an. Mit den insgesamt 27 800 angemeldeten Sportlern und prognostizierten 1500 Nachmeldungen ist der StZ-Lauf dabei auf einem guten Weg. Der Halbmarathon ist schon seit Jahren der zweitgrößte in Deutschland hinter Berlin (24 550 Teilnehmer). Und mit der neuen City-Strecke über die 21,0975 Kilometer befindet sich die Schwabenmetropole auch weiterhin auf Wachstumskurs.

¸¸Diese Strecke verträgt bis zu 25 000 Läufer, die Straßen sind breit genug", sagt Stuttgarts Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann und kündigt für die nächsten Jahre an: ¸¸Da kann man sich noch einiges zutrauen." Den anstehenden Teilnehmerrekord führt die CDU-Politikerin auf die attraktivere Strecke zurück. Das war der größte Wunsch der Läufer, wie die Umfragen in der Vergangenheit gezeigt haben. Übrigens liegen die Anfänge eines City-Laufes in Stuttgart in den späten 80er Jahren: Nach drei Auflagen war damals allerdings Schluss. Nach fast 20 Jahren kehrt der Lauf somit zurück in die Stadt.

Ebenso wie der City-Lauf taucht auch regelmäßig ein anderes Thema auf der Agenda auf: ein großer City-Marathon wie in Berlin, Köln oder München. Doch nicht nur Stuttgarts Topografie mit der Kessellage gestaltet die Diskussion schwierig. ¸¸Der Marathon spaltet die Gemüter", sagt der WLV-Präsident Jürgen Scholz. Die Bürgermeisterin gibt zu, dass ¸¸wir uns auch mit dem Thema Marathon immer wieder beschäftigen". Die 42,195 Kilometer seien in Zukunft ¸¸zwar nicht ausgeschlossen", so Eisenmann: ¸¸Es muss aber Sinn machen. Und momentan liegt doch eher der Halbmarathon im Trend. Deshalb wollen wir da eine attraktive Strecke anbieten."

Erschwerend kommt hinzu, dass der Veranstaltungskalender mit Marathonläufen gut gefüllt ist und die Teilnehmerzahlen vieler Veranstalter rückläufig sind. Nicht nur der Lauftrainer Herbert Steffny, Bronzemedaillengewinner der EM 1986, sagt: ¸¸Der Halbmarathon liegt im Trend, vor allem die City-Halbmarathonläufe wie in Stuttgart. Im Halbmarathon gibt es enorme Zuwachszahlen – bis zu einem Drittel davon sind übrigens Frauen."

Apropos Frauen: die Vorjahressiegerin Stephanie Beckmann, die bessere Hälfte des Seriensiegers aus Leinfelden-Echterdingen, kann ihren Titel nicht verteidigen. Sie kuriert eine Fußverletzung aus. Als Zuschauerin wird sie sicher dabei sein, schließlich feiert das Paar in Stuttgart ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Beckmann: ¸¸Hier sind viele Freunde von mir dabei. Ich sehe das als gemeinsames Happening, bei dem man Spaß hat." Vielleicht doch ein kleiner Trost für das verpasste Olympiaticket.

Stefanie Keppler in der Stuttgarter Zeitung – Samstag, 21. Juni 2008