Drei Stunden vor dem Start empfiehlt Herbert Steffny eine leichte Mahlzeit wie Banane, Brötchen mit Honig.
Stuttgarter Zeitung Lauf – Steffnys Tipp vor dem Start – Der letzte Schliff – Herbert Steffny in der Stuttgarter Zeitung
Die Vorbereitung auf den Stuttgarter Halbmarathon kommt nun in die entscheidende Phase, in der nichts mehr schieflaufen sollte. Wer bisher trainingsfaul war und mit schlechtem Gewissen meint, jetzt noch alles Versäumte nachholen zu können, wird sich überlasten und im schlimmsten Fall sogar verletzen.
Es geht jetzt nur noch um den letzten Schliff. Am letzten Wochenende vor dem Halbmarathon sollten Sie noch einmal einen längeren, aber lockeren Lauf von höchstens 14 bis 18 Kilometern zurücklegen. Die ausgewählte Strecke sollte zur Gewöhnung an die Wettkampfverhältnisse überwiegend über Asphalt führen. Laufen Sie nicht schnell oder länger. Die restlichen Kilometer schaffen Sie ausgeruht und von Mitläufern, Zuschauern und Adrenalin beflügelt am Wettkampftag bestimmt.
Trinken Sie bei heißem Wetter ausreichend – wenn nötig nehmen Sie einen Trinkgürtel mit. In der letzten Woche wird das Training reduziert, denn in der Ruhe liegt die Kraft. Am Dienstag wäre eine letzte, nicht zu harte Tempoeinheit im geplanten Wettkampftempo wie dreimal zwei oder drei Kilometer mit sechs Minuten Geh- und Trabpause sinnvoll. Sie sollten zeitkontrolliert und gleichmäßig auf einer genau vermessenen Straßenstrecke trainieren.
Wie aber wird das Wettkampftempo sein? Wer 14 Tage vor dem großen Lauf, wie in meinen Halbmarathonplänen vorgesehen, einen Zehnkilometer-Testwettkampf gelaufen ist, kann realistisch seine mögliche Halbmarathonzeit hochrechnen. Ist es Ihr erster 21-Kilometer-Lauf, so berechnen Sie Ihre mögliche Zeit, indem Sie die im Zehnkilometerwettkampf gelaufene Zeit mit dem Faktor 2,333 multiplizieren. Wenn Sie im Vorfeld 51 Minuten gerannt sind, dann wären 1:59 Stunden bei der Premiere nicht unrealistisch. Wenn Sie bereits Halbmarathon gelaufen sind, multiplizieren Sie mit 2,21, um die für Routiniers maximal mögliche Zeit zu ermitteln. Ein erfahrener 51-Minuten-Läufer kann also bei entsprechendem Training, kühlem Wetter und richtiger Renntaktik etwa 1:53 Stunden erzielen.
Natürlich laufen Sie bei großer Wärme deutlich langsamer. Ein Profi verliert beispielsweise bei Sonne und Temperaturen von 25 Grad einige Minuten, einen langsameren Freizeitläufer kann Hitze bereits eine Viertelstunde kosten. In den letzten Tagen reduzieren Sie ihr Training weiter und joggen nur noch zweimal 30 bis 40 Minuten. Die bisher arg strapazierten Muskeln, Sehnen und Gelenke können sich erholen und die Kohlenhydratspeicher müssen mit Kartoffeln, Gemüse, Obst, Reis oder Nudeln aufgefüllt werden. Trinken Sie reichlich, um auch die Wasserspeicher gefüllt zu haben.
Ein kleines Bierchen kann am Vorabend der Beruhigung dienen, mehr schadet. Sorgen Sie neben einer vollwertigen Ernährung für weniger Stress, viel Schlaf und legen Sie die Beine möglichst oft hoch. Rechnen Sie sich gleichmäßige Zwischenzeiten auf die am Wettkampftag realistische Zielzeit aus und schreiben diese zur Kontrolle mit einem wasserfesten Stift auf den Arm. Überlegen Sie zur mentalen Vorbereitung, was Sie dem inneren Schweinehund im Rennen sagen werden, wenn es hinten raus hart wird.
Nehmen Sie die letzte leichte Mahlzeit wie Banane, Brötchen mit Honig, eine Tasse Kaffee und schwach gesalzene Saftschorle drei Stunden vor dem Start ein. Passen Sie Ihre Wettkampfbekleidung dem Wetter entsprechend an: Zu viel Kleidung führt zu einem Hitzestau, unnötigem Schweißverlust und Leistungseinbruch. Sollten Sie erkrankt sein oder sogar Fieber haben, starten Sie auf keinen Fall! Reiben Sie mögliche Scheuerstellen wie die Füße, unter den Armen und die Oberschenkel im Schritt dünn mit Vaseline ein. Männer verpflastern ihre Brustwarzen. Trinken Sie reichlich bis eine halbe Stunde vor dem Start. Bei großer Wärme sollten Sie sich kurz vor dem Start und unterwegs Wasser zur Kühlung über den Kopf gießen.
Nehmen Sie sich vor, nicht zu schnell los zu rennen. Unter Adrenalin starten die meisten zu schnell und verlieren hinten doppelt und dreifach. Ein gleichmäßiger Rennverlauf gibt aber die besten Resultate. Beim Überqueren der Startlinie lösen Sie Ihre Stoppuhr aus und korrigieren Ihr Tempo sofort beim ersten Kilometerschild. Achten Sie auch auf die Herzfrequenz, die beim Halbmarathon im grünen Bereich unterhalb der anaeroben Schwelle bleiben sollte.
Trinken Sie besonders bei Wärme genügend und frühzeitig schon an der ersten Verpflegungsstation. Ich wünsche Ihnen viel Glück und Erfolg und vergessen Sie nicht mit einem Lächeln über den Zielstrich laufen – denn dort stehen die Fotografen für ein Erinnerungsfoto!
Herbert Steffny in der Stuttgarter Zeitung am Mittwoch, dem 11. Juni 2008