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15
02
2012

Stellungsnahme der deutschen Sportmediziner zum IGeL-Monitor -Bei Wiedereinsteigern ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiale Zwischenfälle ©Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP)

Stellungsnahme der deutschen Sportmediziner zum IGeL-Monitor -Bei Wiedereinsteigern ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiale Zwischenfälle

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Voruntersuchungen bei sportlichem Neuanfang dienen nicht der Verhinderung von Verletzungen, sondern vermindern das Risiko eines plötzlichen Todes.

Im neuen IGeL-Monitor der Krankenkassen heißt es unter anderem: Zur Vorsorgeuntersuchung beim Sport bieten Ärzte, von denen manche die Zusatzbezeichnung „Sportmediziner“ erworben haben, neben einem Abfragen von Lebensumständen und Vorerkrankungen verschiedene Tests an, die einerseits die Leistungsfähigkeit des Patienten abklären und andererseits frühzeitig bislang verborgene Schwächen entdecken sollen.

Diese Tests umfassen häufig eine Messung der Lungenfunktion, ein Belastungs-EKG, eine Blutuntersuchung und vieles mehr bis hin zur Videoanalyse von Bewegungsabläufen.

Die häufigsten Gesundheitsprobleme beim Sport, die Verletzungen, lassen sich damit jedoch kaum verhindern. Sie sind eher abhängig vom Temperament und der Umsicht des Sportlers sowie von Schutzmaßnahmen wie Helm, Schienbeinschonern und ähnlichem. Auch kommt es immer wieder zu Todesfällen von Leistungssportlern, die medizinisch eng überwacht werden.

Die Sport-Untersuchungen können also auch Schwächen des Organismus übersehen. Grundsätzlich trifft auch auf Sportuntersuchungen zu, was für alle Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen gilt: Es besteht die Gefahr, dass auffällige Befunde auf tatsächliche Gesundheitsrisiken hinweisen, die vielleicht behandelt werden, die jedoch auch unbehandelt niemals zu einem Problem geworden wären.

Es ist auch denkbar, dass jemand aufgrund eines auffälligen Befundes auf Sport verzichtet, obwohl ihm der
Sport Spaß gemacht und unter dem Strich gesundheitlich genützt hätte.

 

Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP), der Verband der deutschen Sportärzte, nimmt dazu wie folgt Stellung:

 

Mehrere Studien in hochrangigen wissenschaftlichen Zeitschriften zeigen, dass bei sportlichem Neuanfang oder bei Wiedereinsteigern ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiale Zwischenfälle bis hin zum Tod auftreten.

International wird eine Vorsorgeuntersuchung empfohlen, die in Deutschland bereits von verschiedenen Krankenkassen bezahlt werden. Zur Untersuchung gehören die Anamnese und Sportanamnese sowie die körperliche Untersuchung. Ein Ruhe-EKG wird von den meisten europäischen Sportärztegesellschaften empfohlen, es setzt Fachkenntnisse voraus.

Weitere Untersuchungen gehören nicht dazu. Lungenfunktion, Blutuntersuchung und anderes wird nur bei
speziellen Fragestellungen und klinischen Befunden gemäß guter ärztlicher Praxis durchgeführt. Eine
Vorsorgeuntersuchung erfolgt nicht, um Verletzungen zu vermeiden. Vor allem bei älteren Menschen wird die Vorsorgeuntersuchung empfohlen, um das Risiko eines plötzlichen Todes möglichst zu vermeiden.

Eine Studie an über 35.000 Breitensportlern konnte nach Einführung einer Vorsorgeuntersuchung eine deutliche Senkung der Todesfälle im Sport nachweisen. Die Evidenz für dieses Untersuchungsprogramm beträgt AI, also die höchste Evidenzstufe. Die Ausführungen aus dem IGeL-Monitor sind unzutreffend und lassen eine Unkenntnis der aktuellen Situation erkennen. Die „belastbare Daten“ beruhen auf immerhin über 35.000 Probanden. Die von der DGSP vorgeschlagene sportärztliche Vorsorgeuntersuchung (S1) geht auf eine umfangreiche Literaturanalyse mit hoher Evidenz zurück.

Die Untersuchung folgt den internationalen Leitlinien und Empfehlungen wie IOC (Internationales
Olympisches Komitee), EFSMA (Europäische Sportärztevereinigung) und Experten des ESC (Europäische Gesellschaft für Kardiologie).

Für ältere, beschwerdefreie Menschen, die mit dem Sport (wieder) beginnen, insbesondere solche mit einem Diabetes mellitus, wird eine Belastungsuntersuchung gemäß der international anerkannten Leitlinien empfohlen (Männer ab 45, Frauen ab 55 Jahren).

Eine Vorsorgeuntersuchung kostet etwa 100 Euro. Das ist weniger als ein Paar vernünftige Sportschuhe und deutlich weniger als eine Autoinspektion, die meist einmal im Jahr durchgeführt wird.

 
DGSP-Präsident Professor Dr. med. Herbert Löllgen
Bermesgasse 32
42897 Remscheid
Tel.: +49(0)2191-65354
Fax: +49(0)2191-610671
e-mail: herbert.loellgen@gmx.de und: loellgen@dgsp.de

 

Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention seit 1912

 
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