Bis zur nächsten IOC-Session wird sich Bach schon noch gedulden müssen, bis er vielleicht die Möglichkeit erhält, noch höher zu steigen – die findet 2013 in Buenos Aires statt.
Sportpolitik – Ein Mann in vielen Rollen – Thomas Bach, Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), läuft sich im IOC weiterhin für die Spitze warm. Robert Ide im Tagesspiegel
Die Karriere des Thomas Bach, sie geht immer weiter und immer weiter und immer weiter nach oben. Der Fecht-Olympiasieger von 1976 ist mittlerweile zum Chef des deutschen Sports mit gutem Zugang zu den Spitzen der Politik sowie zum Vizepräsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) mit gutem Zugang zu den Spitzen der Wirtschaft aufgestiegen.
Hier allerdings, an der Schwelle zum sportpolitischen Olymp, muss sich Bach nun in einer Eigenschaft trainieren, die nicht gerade als seine Stärke gilt: Geduld.
Bis zur nächsten IOC-Session wird sich Bach schon noch gedulden müssen, bis er vielleicht die Möglichkeit erhält, noch höher zu steigen – die findet 2013 in Buenos Aires statt. Erst dann wird ein Nachfolger von IOC-Präsident Jacques Rogge gesucht, der als Reformer angetreten war, dann aber nicht viel mehr bewegen konnte als die Erfindung der Olympischen Jugendspiele. Bach steht also am heutigen Freitag in Vancouver erneut zur Wahl als Vize.
Es hatte Wochen und Monate gegeben, da hatte Rogge amtsmüde und angeschlagen gewirkt – etwa im Zuge der skandalumwitterten Vergabe der Winterspiele 2014 ins russische Sotschi und während der von China instrumentalisierten Sommerspiele vor zwei Jahren in Peking. Bach stand hier für den nächsten schnellen Aufstieg bereit. Nun aber hat sich Rogge gefangen – und Bach bleibt weiterhin sein Stellvertreter, der Sätze wie diese sagt: "Ich tue gern, was ich tue. Die Arbeit macht Spaß."
Der 56 Jahre alte, immerzu drahtige und überall vernetzte Bach wird in Vancouver in vielen Rollen zu sehen sein. Bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin war der Jurist maßgeblich an der Verfolgung des Dopingskandals um das österreichische Team beteiligt. Damals regierte der Sport mit Sperren und der Staat mit Strafverfolgung – so wünscht es sich Bach, der in Deutschland kein eigenes Dopingstrafgesetz durchgesetzt sehen will, am liebsten.
Bei diesen Spielen nun hat Bach noch mehr olympische Aufgaben. Als Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) verantwortet er das Auftreten der deutschen Mannschaft, auf deren Medaillenausbeute er durchaus Wert legt – und nebenbei wirbt er noch im Namen seines Landes für die Vergabe der Winterspiele 2018 nach München.
Irgendwann, munkelt mancher Funktionär, müsse sich Bach entscheiden, ob er mal ganz auf die internationale Karte setze. Ob der Oberfunktionär im Dezember zur Wiederwahl an der DOSB-Spitze antritt, lässt er jedenfalls noch offen. Aber das kann auch Taktik sein – eine Eigenschaft, die Thomas Bach nicht mehr trainieren muss.
Robert Ide im Tagesspiegel, Freitag, dem 12. Februar 2010