Dr. Christian Schneider leitete die 15. Tagung der DOSB-Sportphysiotherapie. ©DOSB
Sportphysio-Tagung: Halswirbelsäulenschmerz und seine Folgen
„Cervicobrachialgie“, Halswirbelsäulenschmerz, war das Hauptthema der diesjährigen Jahrestagung der DOSB-Sportphysiotherapie in Frankfurt am Main.
Zur nunmehr 15. Tagung hatten sich so viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet, wie noch nie. Rund 360 Lizenzinhaberinnen und Lizenzinhaber erfuhren am Wochenende vom 14. bis 16. Oktober alles Wissenswerte über das Krankheitszeichen, bei dem der Halswirbelsäulenschmerz in die Arme ausstrahlt. Das kann viele Ursachen haben: Beispielweise können ein Bandscheibenvorfall oder degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule diesen Schmerz auslösen.
Dr. Christian Schneider, ärztlicher Leiter des Lehrstabs der DOSB-Sportphysiotherapie, berichtete, dass es in diesen drei Tagen gelungen sei, den Bogen von der der Diagnostik hin zur Behandlung zu spannen. "Die Veranstaltung zeigt einmal mehr, wie wichtig die Physiotherapie als ein Mosaikstein in der Betreuung von Spitzensportlern ist." Durch die gelungene Verbindung von Theorie und Praxis sei es geglückt, viele neue Impulse für die Praxis zu geben.
Das Thema „Cervicobrachialgie" wurde von mehreren Vortragenden ausführlich behandelt. Dabei erläuterten sie Themenschwerpunkte von der Diagnostik über die Therapie hin zu operativen Möglichkeiten:
- Dr. Frank Düren gab einen umfassenden Überblick zur Differenzialdiagnostik und machte deutlich, dass eine exakte Diagnostik der wichtigste Bestandteil für eine effektive Therapie durch die Physios ist.
- Klaus Eder vertiefte das Thema Dysfunktionen und manuelle Befunderhebung und ging speziell auf die Besonderheiten der Therapielokalisation durch eine Vielzahl von Tests ein.
- Die Möglichkeiten der faszialen Therapie (Behandlung des Bindegewebes) beschrieb Benno Geißler als eine mögliche Form der Behandlung bei einer Cervicobrachialgie im Leistungssport.
- Andreas Dassel zeigte eindrucksvoll, wie durch verschiedene Techniken die Nervenmobilisation dazu beiträgt, Halswirbelsäulenschmerz zu lösen.
- Dr. Christian Schneider präsentierte operative Möglichkeiten an der Halswirbelsäule, die bei einer Cervicobrachialgie eine (letzte) Möglichkeit in der Therapie sein kann.
- Abgerundet wurde die Betrachtung dieser Thematik durch die Ausführungen von Rainer Sieven zu "clinical predictional rules". Er zeigte, wie diese Regeln Assistenten auf dem diagnostischen Weg sein können, um eine Entscheidung für die Intervention zu treffen.
Rückblick auf die Olympischen und Paralympischen Spiele
Begonnen hatte die Tagung mit einem Rückblick auf die Olympischen und Paralympischen Spiele von Rio de Janeiro 2016. Dr. Casper Grim gab einen Einblick in die ärztliche Versorgung und Klaus Eder (leitender Physiotherapeut vor Ort) nahm Bezug auf die sportphysiotherapeutische Betreuung der Deutschen Olympiamannschaft. Für den Deutschen Behinderten Sportverband berichteten Solveig Konrad, Simone Boltz (leitende Physiotherapeutin) und Dr. Anja Hirschmüller (leitende Ärztin) über die Paralympics.
Die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) präsentierte aktuelle Veränderungen mit Blick auf die Sportphysiotherapie im Leistungssport. Schwerpunkte waren das Anti-Doping-Gesetz, welches Dr. Lars Mortsiefer in den wesentlichen Zügen vorstellte.
Whistleblower-System „Sprich`s an" der NADA
Marlene Klein wies dabei auf die Updates zu Meldepflichten sowie zu ADAMS (internetbasierte Datenbank der WADA zur Verwaltung von Aufenthaltsinformationen der Athleten) und zu TUEs (medizinische Ausnahmegenehmigungen bei bestimmten Krankheitsbildern) hin. Ein wichtiger Punkt war ebenfalls das Whistleblower-System „Sprich`s an" auf der Basis des Business Keeper Monitoring System (BKMS). Die NADA ist auf die Information von Hinweisgebern maßgeblich angewiesen, um Doping und Dopingstrukturen aufzudecken. Wer sich nicht unmittelbar an die Ansprechpartner der NADA wenden kann oder will, hat die Möglichkeit, die Informationen anonym und sicher an sie zu übermitteln. Dafür steht das System „Sprich`s an" zur Verfügung (https://www.nada.de/de/nada/sprichs-an/#.WAR8SiRW-9o und https://www.business-keeper.com/de/bkms-compliancesystem/bkms-system.html)
Der Samstagnachmittag stand im Zeichen praktischer Anwendungen mit vier Workshops zu den Themen Flossing (Abschnürung von Gewebe mittels eines speziellen Gummibandes), Schmerztherapie, Faszientraining und Kinesiotaping.
Leitbild der DOSB-Physiotherapie
Der Lehrstab der Sportphysiotherapie hatte in diesem Jahr ein Positionspapier und ein Leitbild für die Lizenzinhaberinnen und Lizenzinhaber vorgelegt. Darin fordert er durch die Anerkennung des Leitbildes zur Einhaltung verbindlicher Regeln, Inhalte und Werte auf. In einer Abstimmung bei der Vollversammlung am Samstagabend wurden beide Dokumente angenommen. Nun soll die Weiterleitung an den Vorstand des DOSB folgen.
Die Vorträge am Sonntag setzten sich u.a. mit ethischen Aspekten in der Sportphysiotherapie auseinander. Jens Behler nahm die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit auf eine Reise durch die sozialen Medien. Er demonstrierte, welche Möglichkeiten in der Sportphysiotherapie bestehen, Inhalte anschaulich umzusetzen. Die Fallstricke, die aus juristischer Sicht bei der Nutzung der sozialen Medien bestehen, präsentierte der Anwalt Jan Mönikes.
Zum Abschluss der Veranstaltung zeigten Manfred Menzel und Elena Lamby in ihren Vorträgen, wie sich Physiotherapeuten präventiv im Kontext sexualisierter Gewalt schützen können.
Quelle: DOSB / Dr. Julia Franke
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