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21
01
2012

Dr. Jürgen Wismach, Präsident des Berliner Sportärztebundes und Vorsitzender der LSB-Gesundheitssportkommission ©Sport in Berlin

Sport hilft, seinen Mann zu stehen – Der LSB nimmt sich des oft verdrängten Themas „Männergesundheit” an – Dr. Jürgen Wismach in „Sport in Berlin“

By GRR 0

Herbert Grönemeyer singt in seinem Hit „Männer“ von 1984: „Männer haben Muskeln, Männer sind furchtbar stark, Männer können alles, Männer kriegen 'n Herzinfarkt“. So jedenfalls das ironische Selbstbild, das wie fest gemeißelt für die Ewigkeit scheint.

Das es von der Wirklichkeit indes bis auf die finale Schlussfolgerung ziemlich weit entfernt ist, ist längst bekannt. Doch es wurde und wird aber in erstaunlichem Maße ignoriert. Männergesundheit war lange Zeit kein Thema. Es durfte quasi keines sein, denn Männer sind ja a priori gesund! Männer müssen beständig leistungsfähig sein, dürfen keine Schwächen zeigen. Wie sieht die Wirklichkeit aus?

Männer sind beruflich oft enorm eingespannt, ernähren sich ungesund, rauchen, trinken zuviel Alkohol, gehen nur zum Arzt, wenn nichts andere mehr hilft, nehmen Vorsorgeuntersuchungen selten oder gar nicht wahr, treiben über die körperliche auch ihre psychische Belastung in Grenzbereiche. De facto selbstschädigend. Angetrieben vom Status des „starken Geschlechts“ ist dieses als gesellschaftliches Normverhalten verstandene Rollenspiel Raubbau an der Gesundheit.

Die Folgen: Männer haben eine um fünf bis sechs Jahre kürzere Lebenserwartung als Frauen, sind in der Regel und in höherer Zahl von schweren Erkrankungen betroffen, doppelt so häufig chronisch krank. Das betrifft auch Krebs. Fast jeder zweite Mann in Deutschland ist zu dick, bei Frauen ist „nur“ etwa jede dritte betroffen. Unter Ärzten wird deshalb ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern im Umgang mit sich selbst festgestellt. Es heißt, Frauen betreiben Vorsorge-, Männer dagegen nur Reparaturmedizin als quasi letzte Lösung.

Männer vernachlässigen sich nicht nur selbst, sondern sie werden auch vernachlässigt. Von der staatlichen Gesundheitspolitik zuvörderst, zum Teil auch von den Krankenkassen und vom organisierten Sport. Peu á peu und zunehmend wird dies jetzt korrigiert – mit Initiativen, Foren, Angeboten, Beratungen. Anfang 2011 wurde von der Stiftung Männergesundheit und der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit der „Erste Deutsche Männergesundheitsbericht“ vorgelegt, das Pendant für Frauen hatte es schon zehn Jahre zuvor geschafft.

Dass der LSB in Berlin und die mit ihm kooperierende Ärzteschaft auch bei diesem Thema der Tradition treu bleiben wollen, sich nicht mit der Rolle von Reagierenden zu bescheiden, sondern selbst aktiv werden, wird darin deutlich, dass die Gesundheitssport-Kommission die „Männergesundheit“ zu ihrem Jahresthema erklärt hat und am 9. Juni das große Gesundheitsforum dazu veranstalten wird.

Ziel ist, diesen Schwerpunkt inhaltlich kompetent anzupacken, Vorschläge zu unterbreiten, welche Angebote sich eignen, um Männer zu bewegen. Damit soll in den Vereinen die Bildung von Gruppen und Abteilungen motiviert werden, die sich der Männergesundheit widmen. Außerdem ist daran gedacht, eine spezielle Ausbildung für Übungsleiter Männergesundheit zu entwickeln. Bis dato ist es Usus, dass sich Männer mehr oder minder ausschließlich für Fußball oder andere Ballspiele begeistern.

Aber soll die Gesundheit des Mannes wirklich gefördert werden, müssen körperliche, seelische und soziale Komponenten ganzheitlich Hand in Hand gehen. Welche Angebote sind dafür am besten geeignet ? Darüber wird geredet werden. Je mehr Ideen auf dem Tisch liegen, umso besser. In den Vorschlägen und Praxis-Beispielen sollen Faktoren wie Entspannung, Krafttraining, Ausdauer und Spielerisches enthalten sein. Damit kann dem sogenannten „tödlichen Quartett“ von Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Adipositas und Bluthochdruck wirkungsvoll entgegen gewirkt werden.

Sport, das gilt gerade bei Männern mit starker beruflicher Belastung und Folgewirkungen von permanenten Rückenbeschwerden über Sexualität bis Drop-Out, ist das ideale Mittel um gesünder alt zu werden und gleichzeitig Lebensqualität steigernde soziale Verankerung zu haben. Leistungsminderungen werden verhindert oder aufgehalten, mögliche schlechte Gewohnheiten eingeschränkt.

Wer sich fit fühlt, schläft besser. Es gibt noch viel zu wenig Angebote im Bereich Männergesundheit. Deshalb soll für das Thema sensibilisiert werden. Nachhaltig und unüberhörbar mit unserem Forum, das nur ein Auftakt für weitere Aktivitäten sein soll. Das ist nicht von heute auf morgen zu stemmen, sondern bedarf dauerhafter Aufmerksamkeit.

Dass Erfolge erreicht werden können, ist uns gerade mit dem „Rezepts für Bewegung“ attestiert worden. In Berlin nahm diese Initiative einst mit ihren Ausgang, jetzt setzen es die Ärztekammern in allen Bundesländern ein. Einen ähnlichen Domino-Effekt wünschen wir uns auch für  das Thema Männergesundheit. Handeln ist angesagt.

 

Dr. Jürgen Wismach in SPORT IN BERLIN 1./02.2012
Präsident des Berliner Sportärztebundes und Vorsitzender der LSB-Gesundheitssportkommission

 

author: GRR

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