Speiseplan - Schmackhaft und sinnvoll essen - Mit der richtigen Ernährung einen Marathon gut vorbereiten (Teil II) - Von Dr. Anja Carlsohn in LAUFZEIT ©LSB - NRW - Andrea Bowinkelmann
Speiseplan – Schmackhaft und sinnvoll essen – Mit der richtigen Ernährung einen Marathon gut vorbereiten (Teil II) – Von Dr. Anja Carlsohn in LAUFZEIT
Die Pastaparty am Vorabend eines Marathons ist sicher sinnvoll. Das allein wird Sie jedoch nicht schneller laufen lassen. Eine langfristig auf das Training abgestimmte, ausgewogene Ernährungsweise unterstützt den Trainingsprozess und ist für das erfolgreiche Abschneiden notwendig.
Genauso wie Sie Ihre Trainingsinhalte an Ihre Fortschritte anpassen, intensivieren, erhöhen oder periodisieren macht auch bei der Ernährung eine Anpassung von Energie- und Nährstoff zufuhr an den aktuellen Trainingszustand sowie das Trainingsziel Sinn.
Teil II unserer kleinen Serie fasst die wesentlichen Schwerpunkte der Ernährung in der Wettkampfvorbereitung zusammen und gibt Ihnen eine Übersicht über die notwendige (Ernährungs-)Vorbereitung in den letzten drei Monaten vor dem Rennen bis unmittelbar vor dem Start.
Drei Monate vor dem Marathon
Eine erfolgreiche Marathonvorbereitung beinhaltet weit mehr als nur ein gutes Trainingsprogramm. Eine
ausgewogene Ernährung ist auch Grundlage dafür, das erhöhte Trainingspensum und die gesteigerte Belastungsintensität gut wegzustecken. Die Erhöhung der Energiezufuhr allein reicht jedoch nicht aus, den
besonderen Anforderungen gerecht zu werden. Eine Tafel Schokolade nach dem Training ist also nicht
hilfreich, wenn Sie dem Körper zusätzliche Energie für das Training zuführen möchten.
Der Beginn eines Marathontrainings, spätestens aber die letzten drei Monate vor dem Wettkampf sollten daher Anlass sein, auf liebgewordene „Ernährungssünden" zu verzichten. Das beinhaltet vor allem den Verzicht auf Fastfood oder den regelmäßigen Konsum von Süßigkeiten, Knabberartikeln oder alkoholischen Getränken.
Stattdessen gewährleistet eine energetisch ausgewogene, abwechslungsreiche Kost basierend auf Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Obst, fettarmen Milchprodukten ergänzt durch Fisch, Geflügel, mageres Fleisch und hochwertige Pflanzenöle eine gute Nährstoffversorgung, um das erhöhte Trainingspensum absolvieren zu können.
Wer neben dem erfolgreichen Absolvieren eines Marathons die Langdistanzvorbereitung nutzen möchte, um das Körpergewicht zu reduzieren bzw. sein individuell optimales „Wettkampfgewicht" zu erreichen, sollte auf eine pflanzlich betonte, fett-, Zucker- und alkoholreduzierte Kost zurückgreifen.
Wichtig ist zudem, die eigene Flüssigkeitszufuhr rechtzeitig im Trainingsprozess an die erhöhte Belastung
anzupassen. Zwar sind pauschale Empfehlungen wie pro Stunde Sport einen zusätzlichen Liter Flüssigkeit zu konsumieren eher ungeeignet, jedoch sollten Sie bei gesteigertem Trainingspensum auch Ihre Flüssigkeitszufuhr entsprechend anpassen. Ideal ist es, wenn Sie mittels Wiegetest – das eigene Körpergewicht
vor und nach dem Training wiegen, die Differenz entspricht der Flüssigkeitsabgabe – Ihren Flüssigkeitsverlust während verschiedener Trainingseinheiten ermitteln und etwa die anderthalbfache Menge des Flüssigkeitsverlustes zusätzlich zu Ihrem gewohnten Trinkpensum im Tagesverlauf zu sich nehmen.
Wer also beim Dauerlauf 0,5 kg Gewicht verliert, sollte an diesem Tag etwa einen Dreiviertel Liter Flüssigkeit mehr trinken als gewohnt.
Zwei Monate vor denn Marathon
Obwohl das Körpergewicht in Lautclisziplinen die Leistungsfähigkeit beeinflussen kann, sollten Sie in den letzten Wochen vor einem Marathon Ihre Nahrungszufuhr nicht einschränken, um Körpergewicht abzunehmen. Geringe Gewichtsreduktionen sind sicherunproblematisch, jedoch sollte Sie auf drastische Einschränkungen der Energiezufuhr verzichten!
Gerade während erschöpfender Trainingsphasen ist eine ausbalancierte Energiezufuhr notwendig. Zum einen, um das „Training gut zu verkraften", also nach den Belastungen schnell zu regenerieren. Zum anderen ist belegt, dass eine unzureichende Kohlenhydratzufuhr nach erschöpfenden Trainingsbelastungen die Infektanfalligkeit von Sportlern erhöht.
Nach sehr intensiven (z. B. Intervalltraining) oder langandauemden (z. B. „long jogs" über 2 Stunden)
Trainingseinheiten ist es sinnvoll, möglichst rasch nach Belastungsende etwa 1,2 g Kohlenhydrate pro Kilogramm Ihres Körpergewichts zu konsumieren, um den Muskelglykogenspeicher optimal zu regenerieren. Für einen 70 kg schweren Läufer bedeutet dies ca. 85 g Kohlenhydrate zu verzehren.
Soviel Kohlenhydrate nehmen Sie beispielsweise beim Verzehr einer Zwischenmahlzeit bestehend aus 1 großen Banane, 1 Müsliriegel und 500-700 ml Apfelsaftschorle auf Um Ihren Wettkampfstart also nicht zu gefährden, sollten Sie in den letzten Wochen davor besonders auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung achten und das Körpergewicht möglichst konstant halten.
Sinnvoll ist es zudem, die letzten 2 Monate vor einem Marathon zu nutzen, um verschiedene kohlenhydratreiche Abend- und Frühstücksmahlzeiten auszutesten, die Sie als Vorwettkampfmahlzeit am
Wettkampftag bzw. am Vorabend gut vertragen.
Sowohl die Abendmahlzeit am Vortag als auch das Frühstück sollten kohlenhydratreich, leicht verdaulich und fettarm sein und zudem wenig Ballaststoffe und mäßig Eiweiß enthalten. Am Besten ist es, wenn Sie mögliche Gerichte vor „schweren" Trainingseinheiten oder vielleicht sogar bei anstehenden Trainingswettkämpfen in der Unterdistanz austesten.
Geeignete Vorwettkampf-Mahlzeiten und Lebensmittelkombinationen können Sie dem Menüplan entnehmen und nach Ihren Bedürfnissen variieren. Probieren Sie auch, wann der optimale Zeitpunkt für eine Mahlzeit vor dem Zubettgehen bzw. am Morgen vor dem Start ist. Ist es notwendig, bereits 4 Stunden vor dem Start zu frühstücken, um Magen-Darmbeschwerden zu vermeiden?
Oder sind Sie dann bereits wieder hungrig, wenn das Rennen losgeht und ein Frühstück 2 Stunden vorher wäre für Sie günstiger? Probieren Sie das unbedingt im Training aus.
Sechs Wochen vor dem Marathon
Die Temperaturen ähneln allmählich denen der am Wettkampftag zu erwartenden Bedingungen. Natürlich
können die Umweltbedingungen auch von Tag zu Tag stark variieren öderes kurzfristig Temperaturanstiege
geben. Dennoch ist es empfehlenswert, bereits jetzt nach dem geeigneten Getränk für unterwegs zu suchen, einen individuellen Trinkplan zu erstellen und beides wiederholt und während unterschiedlicher Trainingseinheiten auf Bekömmlichkeit und Befinden beim Training zu testen. Gerade während langer Belastungen (z. B. wenn Sie den Marathon über 4 h absolvieren) und unter heißen Außentemperaturen ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig.
Achten Sie jedoch auch darauf, dass in Ihrem Getränk Natrium enthalten ist (ca. 400-1000 mg/1). Zusätzliche Kohlenhydrate (bis zu 80 mg/1 bei kühleren Bedingungen und etwas weniger bei heißen Temperaturen) sind sinnvoll. Bei Hitzerennen ist die Flüssigkeitsversorgung wichtiger als die Kohlenhydratzufuhr.
Da konzentrierte Kohlenhydratgetränke die Flüssigkeitsabsorption reduzieren, sollten bei hohen Temperaturen besser größere Mengen natriumhaltiger, aber kohlenhydratverdünnter Getränke aufgenommen werden.
Sportgetränke und Saftschorlen unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung, so können Mineralstoff- und Kohlenhydratgehalt, aber auch die Art der Kohlenhydrate, der pH-Wert und zugesetzte Substanzen (Vitamine, Farbstoffe, Säuerungsmittel) ganz unterschiedlich sein. Testen Sie daher unbedingt vorher, ob Sie das Getränk mit den viel versprechenden Angaben auf dem Etikett auch wirklich gut vertragen!
Wenn Sie ein „Standardessen" haben, auf das Sie am Vorwettkampftag bzw. beim Wettkampffrühstück
schwören, ist es sinnvoll zu prüfen, ob diese Mahlzeiten am Wettkampfort bzw. in Ihrem Hotel angeboten werden. Dies ist insbesondere bei Marathonstarts im Ausland hilfreich, denn ggf. haben Sie jetzt noch die Möglichkeit andere Lebensmittel auszutesten bzw. Lebensmittel für das Reisegepäck zu besorgen.
Eine Woche vor dem Marathon
Die Vorbereitungen im Training und bei der Ernährung sind nun größtenteils abgeschlossen! Versuchen Sie jetzt auf keinen Fall, ungewohnte Lebensmittel oder auch ungewohnte Trainingsinhalte auszuprobieren.
Jetzt ist es Zeit, dem Körper etwas Ruhe zu gönnen, die Energiespeicher aufzufüllen – und dann gut vorbereitet in den Wettkampf zu starten. In der letzten Woche vor einem Marathon sollten Sie v. a. die Kohlenhydratspeicher auffüllen. Welche Methode des Carboloadings Sie dabei anwenden ist weniger entscheidend (siehe hierzu Teil T in der letzten Ausgabe). Werden Sie nicht nervös, wenn Sie in der letzten
Woche etwa 0,5-1,5 kg zunehmen.
Dies ist ein gutes Zeichen für ein erfolgreiches Carboloading! In die Skelettmuskulatur können bis zu 400 g Kohlenhydrate in Form von Glykogen eingelagert werden.
Das Glykogen bindet etwa 3 g Wasser pro Gramm Glykogen. Wenn Sie Ihre Glykogenspeicher also durch Carboloading um etwa 200 g erhöhen, geht dies mit einer Gewichtszunahme von ca. 800 g einher. Beides – sowohl das eingelagerte Wasser als auch die Kohlenhydrate – können Sie während des Marathons gut gebrauchen.
Wichtig ist es nun auch, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr Wert zu legen. Zwar können Sie keinen Wasservorrat speichern. Jedoch sollten Sie unbedingt vermeiden, bereits mit einem Flüssigkeitsdefizit an den
Start zu gehen. Trinken Sie daher bewusst ein wenig mehr als sonst und überprüfen Sie Ihren Flüssigkeitshaushalt.
Wenn Sie selten oder seltener als gewöhnlich Harndrang verspüren, nur ein geringes Urinvolumen aufweisen und die Urinfarbe dunkel ist, dann sollten Sie Ihren Flüssigkeitskonsum erhöhen.
Noch drei Tage
Die letzten drei Tage vor einem Marathon nutzen Sie am besten für ein Carboloading. Am einfachsten gelingt es die Glykogenspeicher aufzufüllen, wenn Sie ca. 600-800 g Kohlenhydrate pro Tag (bzw. etwa 10 g pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag) zu sich nehmen und gleichzeitig den Trainingsumfang deutlich reduzieren.
Auch komplette Pausentage sind möglich, wenn Ihnen das gut bekommt. Gut aufgefüllte Glykogenspeicher
können den Zeitpunkt der Ermüdung verzögern und einen Abfall der Laufgeschwindigkeit am Ende des Marathons verhindern.
Der Vorwettkampftag
Jetzt ist Zeit zu entspannen – und nochmals auf eine kohlenhydratreiche Ernährung und ausreichende
Flüssigkeitszufuhr zu achten!
Verzehren Sie etwa 600-800 g Kohlenhydrate über 5-6 Mahlzeiten verteilt.
Vermeiden Sie, das Abendessen zu spät einzunehmen, da ein voller Magen den Schlaf beeinträchtigen kann. Schließlich wollen Sie ausgeruht in den Marathon starten. Hilfreich ist es, wenn Sie das Abendessen (z. B. Pasta mit fettarmer Soße) etwa 3-4 Stunden vor dem Schlafen einnehmen und kurz vor dem Zubettgehen noch einmal einen Kohlenhydratsnack (z. B. Banane, Riegel, Pudding oder Apfelsaft) verzehren.
Der Wettkampftag
Die Glykogenspeicher in der Leber sind über Nacht nahezu entleert. Nutzen Sie daher das Frühstück, um hier nochmals Kohlenhydrate zuzuführen. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für ein gutes Frühstück, das ca. 100-200 g Kohlenhydrate und ausreichend Flüssigkeit (300-600 ml) enthalten sollte.
Ein Frühstück ca. 3-4 h vor dem Start ist sinnvoll, den für Sie optimalen Zeitpunkt haben Sie ja bereits im Vorfeld getestet.
Etwa 30-15 min vor dem Start sollten Sie erneut Flüssigkeit zu sich nehmen. Die meisten Athleten vertragen 300-450 ml so kurz vor dem Rennen gut. Gegebenfalls können Sie jetzt auch noch einmal einen kleinen Kohlenhydratsnack zu sich nehmen, wenn Sie dies im Vorfeld erfolgreich ausprobiert haben. Pro Kilogramm Körpergewicht sind jetzt etwa 1 g Kohlenhydrate in Ordnung. •
Möglicher Menüplan für den Vorwettkampftag
Die folgenden Rezepte bzw. Mahlzeiten sind einfach zuzubereiten und für den Vorwettkampftag, aber auch in der Vorbereitungsphase im Training (z.B. nach erschöpfenden Trainingseinheiten) geeignet. Die Rezepte sind sehr kohlenhydratreich und die Portionsgrößen so berechnet, dass ein 70 kg schwerer Läufer am Tag vor dem Marathon ausreichend mit Kohlenhydraten und Energie versorgt ist. Schwerere Sportler sollten die Portionsgrößen etwas erhöhen bzw. einen zusätzlichen Kohlenhydratsnack einplanen. Leichtere Läufer können entsprechend reduzieren.
Frühstück am Vorwettkampftag:
Zwei mittelgroße, helle Brötchen, davon eins mit Hüttenkäse, das andere mit Honig oder Konfitüre bestreichen. Dazu ein großes Glas Fruchtsaft (100%) und 1 oder mehr Tassen Kräutertee (liefert ca. 120 g Kohlenhydrate, 14 g Protein, 3 g Fett).
Vormittagssnack am Vorwettkampftag:
500 ml Apfelschorle (1:1), ein großer fettarmer Müsliriegel (liefert ca. 70 g Kohlenhydrate, 4 g Protein, 3 g Fett).
Mittag am Vorwettkampftag:
3-4 mittelgroße Kartoffeln mit 5 EL Kräuterquark, ein Becher fettarmer Pudding (200 g), 1 Stück Obst (z. B. Banane, Apfel) und ein großes Glas Fruchtsaft. Zusätzlich ausreichend Wasser, (liefert ca. 150 g Kohlenhydrate,
30 g Protein, 13 g Fett).
Nachmittagssnack am Vorwettkampftag:
500 ml Apfelschorle (1 ;1), eine große Banane, eine große (55 g) Fruchtschnitte (liefert ca. 85 g Kohlenhydrate, 6 g Protein, 5 g Fett).
Abendessen am Vorwettkampftag:
Ein großer Teller Pasta mit (fettarmer) Tomatensoße, ein Becher fettarmer Pudding mit einer Schale Obstsalat (liefert ca. 245 g Kohlenhydrate, 35 g Protein, 18 g Fett). Ausreichend Wasser oder Sportgetränke konsumieren.
„Nachthupferl" am Vorwettkampftag:
Eine große (55 g) Fruchtschnitte, Wasser oder Kräutertee (liefert ca. 34 g Kohlenhydrate, 4 g Protein, 5 g Fett).
Frühstück am Wettkampfmorgen (am besten vier Stunden vor dem Start):
Zwei helle Brötchen mit Honig und einer klein geschnittenen Banane belegen, ein Becher Fruchtjoghurt (200 g) mit 4 Löffeln Müsli, Haferflocken oder Cornf lakes, ein Glas Multif ruchtsaft. Zusätzlich Wasser, Kräutertee oder
andere gut bekömmliche Getränke (liefert ca. 200 g Kohlenhydrate, 20 g Protein und weniger als 3 g Fett).
Dr. Anja Carlsohn in LAUFZEIT 7+8/2011
TEIL I: