Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Sicherheit beim Laufen ©privat
Sicherheit beim Laufen – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Das Thema Sicherheit spielt vor allem für Frauen eine Rolle s. Aderhold und Weigelt 2012). Es wäre auch purer Leichtsinn, Sicherheitsfragen insbesondere beim Training zu vernachlässigen. Es gibt immer wieder Berichte, dass Frauen beim Laufen angegriffen, vergewaltigt und auch getötet wurden. Hinterlassen Sie immer eine Nachricht, welche Strecke Sie laufen und wann Sie wieder zurück sein werden.
Gehen Sie zunächst davon aus, dass Sie nicht schnell genug sind, um einem Angreifer einfach davonzulaufen. Bei einer Begegnung sollten Sie kurz Blickkontakt aufnehmen und nicht nach unten sehen, das könnte als Schwächezeichen gedeutet werden. Laufen Sie aufrecht, das signalisiert Selbstbewusstsein. Seien Sie wachsam, aber geben Sie nicht das Gefühl der Ängstlichkeit.
Falls Sie einen Ihnen unbekannten Läufer treffen, der mit Ihnen mitlaufen möchte, verlassen Sie bitte nicht die gewohnte Strecke. Lassen Sie sich nicht zu irgendwelchen „Abkürzungen" oder „schöneren Strecken" überreden. Falls es Ihnen unangenehm ist, sagen Sie ganz offen, dass Sie alleine weiterlaufen möchten. Tragen Sie beim Laufen möglichst nicht zu auffällige oder knapp geschnittene Kleidung. Auf den geliebten iPod oder MP3-Player verzichten Sie besser beim Laufen. Die Musik schneidet Sie von der Umwelt ab und kann dazu führen, dass Sie einen potentiellen Angreifer nicht kommen hören. Nehmen Sie lieber ein Handy mit, um im Notfall Hilfe rufen zu können.
Die sicherste Tageszeit für das Lauftraining sind die frühen Morgenstunden bei Tageslicht. Häufiger passieren Übergriffe am späten Nachmittag. Ein wirksamer Schutz ist die Lauffreundin, der männliche Laufpartner oder das Training in der Gruppe. Auch ein mitgeführter Hund wirkt abschreckend. Allerdings sollten Sie ihren vierbeinigen Gefährten an der Leine führen. Auch andere Läufer möchten ihren geliebten Sport in Ruhe ausführen. Suchen Sie sich möglichst belebte Strecken und variieren Sie die Trainingszeit und die Strecke, damit Sie nicht abgepasst werden können.
Wenn Sie auf einer Straße laufen müssen, dann immer entgegen der Fahrtrichtung, damit Sie den entgegenkommenden Verkehr im Blick haben. Laufen Sie generell defensiv und gehen Sie nicht davon aus, dass Autofahrer ausreichend auf Läufer achten. Meiden Sie auf alle Fälle das Laufen in der Dunkelheit, wenn Sie alleine sind. In der dunklen Jahreszeit können Sie das Training auf beleuchtete Straßen verlegen. Wenn Sie sich verfolgt fühlen oder Ihnen jemand verdächtig vorkommt, kürzen Sie die Strecke ab und suchen Sie belebtere Bereiche auf. Wenn Sie ihr Lauftraining bei Dunkelheit durchführen müssen, achten Sie darauf, dass Sie durch reflektierende Kleidung gut sichtbar sind und verwenden Sie auch eine Stirnlampe oder ein Blinklicht.
Lassen Sie sich im Zweifelsfall nicht auf Gespräche ein. Wenn Ihr Gegenüber versucht, Sie festzuhalten, versuchen Sie zu fliehen und schreien Sie laut. Falls Sie ein Alarmgerät oder eine Trillerpfeife bei sich haben, machen Sie davon Gebrauch. Können Sie sich nicht losreißen, versuchen Sie Ihre Beine einzusetzen und treten Sie kräftig zu. Auch ein Pfefferspray kann bei der Abwehr eines Angreifers sehr wirkungsvoll sein. Auf alle Fälle sollten Sie versuchen, sich möglichst schnell zu wehren, denn der Angreifer weiß zunächst nicht wie Sie reagieren. Je länger er Zeit hat, desto mehr Kontrolle wird er über Sie gewinnen. Vielleicht denken Sie in diesem Zusammenhang auch über den Besuch eines Kurses zur Selbstverteidigung nach.
Wenn das Wetter nicht beständig ist, sollten Sie sich für einen Wetterumschwung rüsten und entsprechende Kleidung wählen. Bei Gewitter kehren Sie besser um, falls dies noch möglich ist. Wenn es plötzlich über Sie hereinbricht, suchen Sie Schutz unter einem Dach. Es ist keine gute Idee, sich auf freiem Feld oder unter Bäumen aufzuhalten. Kommt es plötzlich zu gefrierender Nässe, ist es absolut gefährlich, weiter zu laufen. Brechen Sie das Training ab und gehen Sie vorsichtig zurück.
Wenn Sie im Wald unterwegs sind kann es zur Begegnung mit Tieren kommen. Normalerweise verhalten sie sich scheu, nur im Frühjahr kann eine Bache, wenn sie Junge hat aggressiv werden. Verhalten Sie sich defensiv und ruhig und ziehen Sie sich zurück bis die Wildschweine wieder verschwunden sind.
Schon öfter konnte man Schlagzeilen lesen wie „Greifvogel attackiert Läufer im Wald". Greifvögel sind in der Regel gegenüber Menschen zurückhaltend. Während der Brutphase im Frühjahr kann es aber als Reaktion auf Störenfriede im Revier zu einem dichten Überfliegen des „Eindringlings" kommen. Teilweise ist es dabei auch zu Verletzungen am Kopf gekommen. Die meisten Berichte über solche Angriffe stammen von Bussarden. Bis die Jungen selbständig sind, sorgt das Männchen für Nahrung und für Schutz. Sich schnell fortbewegende Menschen können dann eine Bedrohung darstellen. Wenn der Weg zu nahe am Nest vorbeiführt, kann es zu solchen Angriffen kommen.
In den allermeisten Fällen beschränkt sich der Angriff auf ein dichtes Überfliegen. Das einfachste ist es, in der Phase der Aufzucht (meist Mai und Juni) dem Greifvogel sein Revier zu überlassen und eine andere Trainingsstrecke zu wählen. Wenn dem Revierförster Angriffe bekannt werden, kann es auch vorkommen, dass Wege für Läufer und Spaziergänger gesperrt werden. Ist es dann trotzdem einmal zu einer Verletzung durch einen Greifvogel gekommen, sollten Sie die Wunde von einem Arzt versorgen lassen und falls erforderlich sich auch eine Tetanusimpfung geben lassen.
Wer regelmäßig läuft, hat meist positive wie negative Erfahrungen bei Begegnung mit Hunden und ihren Haltern gemacht. Die negativsten Erfahrungen hatte der Autor bisher mit Schäferhunden, mit Golden Retrievern gab es noch nie Probleme, dies ist eine absolut gutmütige Hunderasse, die kein Interesse an Läufern zeigt. Es kann aber auch durchaus sein, dass andere Läufer völlig konträre Erfahrungen gemacht haben. Eine Pflicht für Halter, Hunde im Wald an der Leine zu führen, existiert nicht. Nur unter bestimmten Bedingungen wie in Parkanlagen und für gefährliche Hunde besteht Leinenpflicht. Der Halter muss seinen Hund aber unter Kontrolle halten (Aufsichtspflicht) und dafür sorgen, dass keine Menschen durch sein Tier gefährdet werden.
Man ist sicher gut beraten, wenn man frei laufende Hunde im Auge behält. Durch das Tragen von Kopfhörern schneidet man einen Teil der Wahrnehmung seiner Umgebung ab und setzt sich leichter Gefahren, wie z.B. von hinten kommenden Hunden aus. Läuft der Hund hinter einem her, was seinem Jagdinstinkt entspricht (für den Hund ist der Läufer die fliehende Beute), sollte man besser in den Gehschritt verfallen oder stehen bleiben und den Hundehalter bitten, den Hund an die Leine zu nehmen. Schnelle Bewegungen können beim Hund ein Verfolgungsverhalten auslösen, das der Hundehalter möglicherweise nicht unter Kontrolle hat. Ist kein Hundehalter in der Nähe, kann es hilfreich sein, den Hund laut anzuschreien und langsam unter Blickkontakt weiter zu gehen. Bei kleineren Hunden hilft häufig ein entschlossenes Gegenübertreten. Eine absolute Sicherheit bietet dieses Vorgehen aber auch nicht, die Entscheidung muss der Situation entsprechend getroffen werden.
Das Heil in der Flucht zu suchen ist eine schlechte Entscheidung, denn der Hund wird immer schneller sein. Gegen wirklich angriffslustige Hunde helfen auch Abwehrgeräte (Dog-Chaser) nicht. Sollte es wirklich einmal zum Angriff kommen, dann hilft nur die aktive Abwehr mit allen Mitteln, die man zur Verfügung hat (Tritte, Schläge, Stöcke, Messer u.a.). Nähert man sich einem Spaziergänger mit Hund von hinten, sollte man sich deutlich bemerkbar machen und andeuten, dass man vorbei möchte.
Eine defensive und von Rücksichtnahme geprägte Verhaltensweise entschärft meist die Situation, auch wenn dann wieder die üblichen Antworten kommen wie „der will doch nur spielen", „der tut nichts" oder „das hat er noch nie gemacht". Manche Hundebesitzer werden es eben nie verstehen, dass wir Läufer lieber laufen als mit ihrem Hund zu spielen. Vernünftige Hundehalter sind aber meist einsichtig, wenn man die eigene Situation erklärt.
Das Prinzip der Deeskalation sollte auf alle Fälle das Handeln bestimmen.
Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Literatur:
Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.
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Das Buch von Aderhold/Weigelt:
Aderhold/Weigelt: Laufen! Die Buchvorstellung aus dem Schattauer Verlag