Blog
10
04
2013

Der plötzliche Herztod bei Athleten unter 35 Jahren ist zwar hochdramatisch, doch kommt er zum Glück selten vor: Man schätzt, dass von hunderttausend jungen Leistungssportlern jährlich zwei bis drei den plötzlichen Herztod erleiden. ©Schweizerische Herzstiftung

Schweizerische Herzstiftung: 150 Minuten Bewegung pro Woche senken das Gesamtsterberisiko

By GRR 0

Wenn ein junger Sportler bei einer Laufveranstaltung tot zusammenbricht, erschüttert das Ereignis uns alle. Aus Angst vor solchen Ereignissen auf dem Sofa sitzen zu bleiben, wäre jedoch verkehrt. Zum Start der Laufsaison tritt die Schweizerische Herzstiftung möglichen Missverständnissen entgegen.

Ein plötzlicher Herztod bei Athleten wird von der Öffentlichkeit als besonders tragisch empfunden; denn hier vereinen sich jugendliche Gesundheit und beste körperliche Verfassung. Ist Bewegung also doch gefährlich? Die Präventivmedizin warnt vor einem solchen Schluss: «Bewegung und Sport wirken sich günstig sowohl auf unsere Lebensqualität wie auf die Lebensdauer aus», sagt PD Dr. Gabor Sütsch.

Der Zürcher Kardiologe ist Mitglied der Kommission Aufklärung und Prävention und Vorsitzender der Projektgruppe Lebensrettung der Schweizerischen Herzstiftung. Belegt wird seine Aussage durch viele Untersuchungen, darunter besonders eine Übersichtsstudie* von Forschenden der Universitäten Bern und Wien. Sie haben weltweit 80 Studien mit insgesamt 1,3 Millionen Teilnehmern analysiert.

Dabei konnten sie ermitteln, dass die auch von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene Mindestaktivität von 150 Minuten Bewegung pro Woche (eine Woche umfasst 10'080 Minuten) das Gesamtsterberisiko wesentlich senkt.

Dies – entgegen einer verbreiteten Vorstellung – bereits bei moderater Alltags- oder Freizeitbewegung.

Freispruch für körperliche Bewegung

Diese Tatsache wird durch das scheinbare Paradox des plötzlichen Herztodes bei trainierten Sportlern nicht widerlegt. Denn meist ist die körperliche Leistung lediglich der Auslöser des Geschehens. Die eigentliche Ursache sind mit wenigen Ausnahmen krankhafte Herzveränderungen. Sie unterscheiden sich je nach Alter stark: Bei jungen Sportlern unter 35 Jahren sind es vor allem nicht erkannte angeborene Herzfehler oder erbliche Herzkrankheiten, vorab eine krankhafte Verdickung der Herzwände (obstruktive Kardiomyopathie), die unter Belastung zu einer tödlichen Herzrhythmusstörung führen können  – aus bisher nicht genau bestimmten Gründen mehrheitlich bei Männern.

Damit eine solche Krankheit früh erkannt wird,  empfehlen die Europäische Gesellschaft für Kardiologie und die Schweizerische Gesellschaft für Sportmedizin aktiven Leistungsportlern bis 35 Jahren heute sportmedizinische Untersuchungen.

Bei älteren Sportlern über 35 Jahren sowie bei der breiten Bevölkerung dagegen ist die weitaus häufigste Ursache eine vorher nicht erkannte koronare Herzkrankheit. Darunter versteht man eine Form der Herzkrankheit, die durch eine ungenügende Durchblutung des Herzmuskels infolge von Arteriosklerose («Arterienverkalkung») gekennzeichnet ist.

Die Extremform ist der Herzinfarkt (akuter Gefässverschluss), bei dem das Herz ebenfalls lebensbedrohlich aus dem Takt geraten kann. Obschon regelmässige körperliche Aktivität das Risikoprofil in jedem Fall günstig beeinflusst, können auch bei gut trainierten Menschen bestimmte erbliche Anlagen wie Fettstoffwechselstörungen, Diabetes oder Nierenstörungen zu vorzeitigen arteriosklerotischen Ablagerungen in den Gefässen führen.

Noch ein Punkt spricht klar für die regelmässige Portion Bewegung: Der plötzliche Herztod bei Athleten unter 35 Jahren ist zwar hochdramatisch, doch kommt er zum Glück selten vor: Man schätzt, dass von hunderttausend jungen Leistungssportlern jährlich zwei bis drei den plötzlichen Herztod erleiden. Dieser Zahl gegenüber stehen in der Schweiz jedes Jahr 8'000 plötzliche Herztodesfälle in der breiten Bevölkerung.

Einer der wichtigsten Risikofaktoren dafür: mangelnde körperliche Bewegung. «Dass dadurch unvergleichlich häufiger als im Leistungssport ein Leben mitten aus dem Familien- und Berufsalltag heraus jäh und vorzeitig beendet wird, nimmt die Öffentlichkeit zu wenig zur Kenntnis», sagt PD Dr. Gabor Sütsch. «Dabei bestehen gute Chancen, diese traurigen Ereignisse erheblich zu vermindern.»

Die beste und zudem günstigste langfristige Strategie für ein gesundes Herz für alle Bevölkerungsgruppen besteht darin, der koronaren Herzkrankheit vorzubeugen. Dies, indem die beeinflussbaren Risikofaktoren ausgeschaltet werden. Ausser körperlicher Bewegung an mehreren Tagen pro Woche – je nach Lust in der Mittagspause oder nach der Arbeit – heisst das hauptsächlich: auf das Rauchen verzichten, gesund essen mit reichlich Gemüse und Früchten, Blutdruck- sowie Blutfett- und Blutzuckerwerte unter Kontrolle halten.

Den besonderen Tag aufbauen

Und was macht der Familienvater, der einmal an einem Stadtlauf teilnehmen möchte? «Wenn er sein Training vernünftig und seinem körperlichen Zustand entsprechend aufbaut, tut er seiner Gesundheit auf jeden Fall viel Gutes», sagt der Kardiologe. «Als Anfänger oder Wiedereinsteiger lässt er sich vor der ersten Trainingseinheit kurz vom Arzt abklären und beraten.

Dies ist besonders wichtig, wenn Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Krankheit bestehen, zum Beispiel Rauchen.» Danach führen Ausdauer und Durchhaltekraft zum Ziel, wobei immer auch die Vernunft mitläuft: Mit einem gesunden Herzen so schnell joggen, walken, velofahren, dass man zwar ins Schwitzen gerät, sich aber noch gut unterhalten kann.

Und ob Freizeit- oder Leistungssport: Bei Fieber, einer akuten Infektion (zum Beispiel der Atemwege), einem Gefühl von Mattheit oder wenn sich andere Beschwerden schon vor dem Training bemerkbar machen, ist Trainings- und Wettkampfpause angesagt.

*Guenther Samitz, Matthias Egger and Marcel Zwahlen. Domains of physical activity and all-cause mortality: systematic review and dose-response meta-analysis of cohort studies. International Journal of Epidemiology 2011; 1-19

 

Umstehende können Leben retten

 

Fast immer gehen dem plötzlichen Herztod schwere Herzrhythmusstörungen voraus: Das Herz beginnt plötzlich, sich in schnellem – selten in zu langsamem – Rhythmus zu bewegen und schliesslich nur noch zu flimmern (Kammerflimmern). Die Pumpleistung genügt nicht mehr, um Körper und Gehirn mit Blut und Sauerstoff zu versorgen.

Der Betroffene verliert das Bewusstsein, zeigt keinen Puls mehr, die Atmung bricht ab, es kommt zum Herzstillstand. Ohne sofortige Wiederbelebung führt das Kammerflimmern innert Minuten zum Tod.

 

So können Sie helfen:

 

Wenn Sie beobachten, dass ein Mensch zusammenbricht und auf lautes Ansprechen/Schütteln nicht anspricht, können folgende Sofortmassnahmen lebensrettend sein:

  • Die Rettungskräfte über Telefon 144 alarmieren. (in Deutschland 112!)

  • Eine anwesende Person bitten, einen automatischen externen Defibrillator (AED) zu holen, sofern einer in Reichweite ist. Auch Laien können einen AED anwenden. Das Gerät leitet Helfende automatisch an und gibt einen elektrischen Schock von aussen an das Herz ab, um dieses wieder in einen normalen Rhythmus zu bringen.
  • Unverzüglich, d.h. ohne auf den AED zu warten mit der Herzdruckmassage beginnen: Untere Brustbeinhälfte 100mal pro Minute mindestens 5 cm tief eindrücken.  Ausser während der Defibrillation mit der Herzmassage fortfahren, bis medizinische Hilfe eintrifft.

Personen, die einen Wiederbelebungskurs absolviert haben, wird empfohlen, sowohl Herzdruckmassage als auch Beatmung durchzuführen (Verhältnis 30:2). Falls die Beatmung nicht gelingt oder falls keine Schulung absolviert wurde, können sich die Ersthelfer auf die Herzdruckmassage beschränken.

 

Hier finden Sie Antworten auf Fragen zum Herz-Kreislauf-Stillstand, zur Wiederbelebung und zum HELP-Jugend- und -Familienprogramm «In 30 Minuten bereit für den Herznotfall»: www.helpbyswissheart.ch

Weitere Informationen zum Thema Lebensrettung im HELP-Notfall-Set der Schweizerischen Herzstiftung. Es enthält eine Check-Karte im Kreditkartenformat, kombiniert mit einem Notfallpass, einem Kleberbogen und einem Informationsfaltblatt sowie der Ausschreibung des HELP-Preises.

Kostenlos zu beziehen bei:  Schweizerische Herzstiftung, Postfach 368, 3000 Bern 14, Telefon 031 388 80 80, docu(at)swissheart.ch, oder direkt im Internet unter www.swissheart.ch/publikationen.

 

 
Peter Ferloni, Leiter Kommunikation
Schweizerische Herzstiftung

Schwarztorstrasse 18
Postfach 368, 3000 Bern 14
Telefon 031 388 80 85
Telefax 031 388 80 88
ferloni(at)swissheart.ch
www.swissheart.ch

 

Für medizinische Fragen:
PD Dr. med. Gabor Sütsch
Kommission Aufklärung und Prävention der Schweizerischen Herzstiftung
HerzZentrum Hirslanden
Witellikerstrasse 36
8008 Zürich.
Telefon 044 387 37 11
Telefax 044 387 22 40
suetsch(at)herzzentrum.ch

author: GRR

Comment
0

Leave a reply