
Saurer Meetingregen – und Schuld daran ist nicht der Klimawandel, sondern der DLV! ©Athletics Australia
Saurer Meetingregen – und Schuld daran ist nicht der Klimawandel, sondern der DLV!
Über zu viele hochklassige Laufveranstaltungen in der deutschen Meetinglandschaft kann man sich eigentlich nicht beschweren, oder vielleicht doch?
Traditionell findet am ersten Mai Wochenende die Deutsche 10.000m Meisterschaft statt, gefolgt von den hochkarätigen Klassikern Internationales Läufermeeting Krumme Strecken in Pliezhausen und dem Mini-Internationalen in Koblenz. Wobei letzteres eigenverschuldet immer mehr Starter an die deutsche Dependance im belgischen Oordegem verliert, aber dazu mehr im späteren Verlauf.
So weit so gut, doch 2016 wird es meiner Meinung nach etwas zu viel des Guten. In weniger als drei Monaten finden auf deutschem Boden neun hochklassige Veranstaltungen statt, nimmt man Stanford und Oordegem dazu, sind es elf an fünf Wochenenden.
01.05. |
Stanford Invitational |
07.05. |
DLV 10.000m Celle |
07.05. |
Rolf Watter Sportfest Regensburg |
08.05. |
Internationales Läufermeeting Pliezhausen |
13/14.05. |
Adidas Boost Athletics Herzogenaurach |
14.05. |
Pfingstsportfest München |
16.05. |
German Meeting Rehlingen |
20.05. |
Runners Track Night Karlsruhe |
22.05. |
Hamburg 5000m/Hindernisse |
25.05. |
Mini-Internationales Koblenz |
28.05. |
IFAM Oordegem |
Die Ursachen dafür sind vielfältig. Zum einen ist Pfingsten dieses Jahr sehr früh und fällt zusammen mit den Sportfesten in München und Rehlingen in den Mai statt Juni. Zum anderen finden die Deutschen 10.000m Meisterschaften am zweiten und nicht, wie traditionell üblich am ersten Maiwochenende statt und kollidieren daher unmittelbar mit Regensburg und Pliezhausen, die darüber im Vorfeld wahrscheinlich nur relativ unzureichend bis nicht informiert wurden.
Dann wären da noch „die Neuen“: Karlsruhe, Herzogenaurach und Hamburg.
Die LG Region Karlsruhe gehört klar zu den Aufsteigern im Mittel- und Langstreckenbereich und folgt dem Beispiel der LG Telis Finanz aus Regensburg, viel Nachwuchsarbeit und bald auch ein eigenes Meeting nach dem „Vorbild Koblenz“, oder gerade wegen Koblenz. Denn der einstige Primus der 5000m Läufe hat in den letzten Jahren rasant an Glanz und Klasse verloren.
Von International kann kaum noch die Rede sein, denn Ausländer sieht man dort schon lange nicht mehr in den Startlisten, doch die sind (im aktuellen Aufruhr rund um die Zuwanderungsdebatte für viele Holzköpfe kaum vorstellbar) ein Synonym für das Prädikat „sehr gut“ einer Leichtathletikveranstaltung. So gut die Bahn und Bedingungen alljährlich auch sein mögen, hat man es am Rhein leider systematisch versäumt mit der Zeit zu gehen und ist, was einst Bescheidenheit war, nun wortwörtlich bei „mini“ angelangt.
Denn nicht einmal mehr unter 14-Minuten wird dort gelaufen, gleichbedeutend damit, dass die nachfolgende Läuferriege mit 14:05-10min dieses Jahr sehr wahrscheinlich auch nicht mehr kommen wird und sich die Spirale immer weiter abwärts bewegt. Die Chance zur Modernisierung mit Pacemakern und Rahmenprogramm war 2012 beim Scholarbook-Mini da und wurde leichtfertig vergeben.
Die Terminkollision mit dem absoluten Spitzen 5000er in Oordegem wollte oder will man einfach nicht wahrnehmen und so bleiben eben nur drei Tage dazwischen. Dabei wäre das Ganze mit 7-14 Tagen Abstand verträglich, wenn nicht versehentlich sogar förderlich.
In Karlsruhe geht man deshalb jetzt seinen eigenen Weg und versucht mit einer professionelleren Alternative zu Koblenz zu punkten, auch weil in Belgien längst nicht jeder einen Platz in der Starterliste findet. Dort muss man schon erst einmal etwas vorweisen, denn Laufeinteilungen werden anhand blanker Bestzeiten und nicht nach Wunschzeiten vorgenommen.
Ich persönlich habe eine Konkurrenzveranstaltung zu Koblenz immer sehr kritisch gesehen und für unnötig gehalten, schließlich bin ich dort selbst jahrelang Bestzeiten gelaufen. Doch leider macht die Ignoranz der Organisatoren diesen Weg unausweichlich. Bleibt nur zu hoffen, dass die Bahn in Karlsruhe ähnlich schnell und die Luft genauso gut sein wird!? – Denn eine gute Organisation und der Wille allein machen noch kein schnelles Langstreckenrennen. Die dafür notwendigen Umstände sind schwer in Worte zu fassen. Jedenfalls wurden in Koblenz bisher gefühlt zu 95% (Jahres-)Bestzeiten erzielt und beispielsweise in Regensburg trotz aller Mühen nur selten.
Nach einigen schweren Jahren hat sich auch die LAC Quelle Fürth wieder erholt und stellt nun mit Unterstützung von Adidas auf dessen Firmenhauptsitz in Herzogenaurach das zweitägige Boost Athletics Meeting mit allen Strecken bis 10.000m in den späten Abendstunden auf die Beine. An und für sich eine sehr willkommene Idee. Nur ist der Termin vor allem was die 10.000m betrifft, nur eine Woche nach den nationalen Titelkämpfen, bei denen sicher auch der Titelverteidiger Mitku Seboka im LAC Trikot an den Start gehen wird, mehr als ungünstig. Warum so eine Veranstaltung nicht im Juni oder Juli? Gerüchten zufolge sollen auch einige internationale Topstars beim Meeting ihres Ausrüsters dabei sein, nur ist fraglich ob das allein genügt ein weiteres Meeting zu einem solch ungünstigen Zeitpunkt zu etablieren oder ob am Ende nicht doch die Felder weitgehend leer bleiben?
Zeitglich versucht man sich offenbar in Hamburg mangels DLV-Angebot selbst zu helfen. Es ist meines Wissens nach angedacht, zwei reine Frauenrennen mit Pacemakern für Normversuche über 5000m und 3000m Hindernis auf die Beine zu stellen. Warum solche Rennen nicht einfach in andere, bereits vorhandene Veranstaltungen integrieren? So ließen sich Ressourcen bündeln und die Athleten müssen im Zweifelsfall nicht vor leerer Kulisse ihre Runden abspulen.
Das mit dem DLV und den Normen ist eine bekanntlich viel diskutierte Sache… ohne abermals auf die absoluten Normen an sich einzugehen, ist es schon höchst fraglich wie der DLV zu seinen Nominierungsrichtlinien und Zeiträumen kommt und diese athletenverträglich umgesetzt werden sollen.
So wurden in letzter Minute die Deutschen Halbmarathonmeisterschaften für den 23.04.2016 vergeben – ein Termin, der eigentlich keinem Athleten in den Plan passt.
Für alle die Anfang Mai 10.000m auf hohem Niveau rennen wollen bzw. wiederum mangels Alternativen müssen, ist der Termin schon vom Tisch. Für die Frühjahrsmarathonis kommt der Termin allerdings auch schon deutlich zu spät, findet doch beispielsweise der Hamburg Marathon bereits am 17.04. statt.
Bleiben also nur noch diejenigen übrig, die ausschließlich für die Halbmarathon EM in Amsterdam Hoffnungen hegen, denn in den Nominierungsrichtlininen heißt es sinngemäß „der Deutsche Meister hat bei Normerfüllung vorrang“. Nur blöd, dass er seine Norm für Amsterdam wohl nicht in dem zu erwartenden zweitklassigen Feld bei der nationalen Meisterschaft erfüllen kann, sondern gut beraten ist, dies schon vorab im Ausland oder Berlin zu tun…
Zurück zu den 10.000m – wer die schnell laufen will, dem bleibt eigentlich nur eine Alternative – Stanford Payton Jordan Invitational – doch das ist nicht nur mit enormen Kosten verbunden (ich muss an dieser Stelle eigentlich nicht erwähnen, dass der DLV diese für seine Athleten nicht trägt), sondern auch mit dem nötigen Glück einen Startplatz zu ergattern.
Denn auch hier gilt, wie in Oordegem, das Prinizp Laufeinteilung nach blanken Bestzeiten und bei 29:00 min ist Schluss vor allem bei erhöhtem Andrang in Olympiajahren. Bleibt für viele doch wieder nur die Deutschen Meisterschaft, selten in den leistungsförderlichen Abendstunden abgehalten, sondern irgendwann um 16Uhr, wenn der Biorhythmus der meisten Athleten gerade erst wieder erwacht.
Ein weiterer Faktor ist der Bahnbelag. Schneller Mondo-Untergrund ist in Deutschland einfach Mangelware und dann spielt natürlich auch noch die Windanfälligkeit des Stadions eine entscheidende Rolle. Selbst wenn das alles, wie in Aichach 2014, zufällig einmal zusammen trifft, fehlen immer noch Tempomacher um 28:45min (EM Norm) oder schneller zu realisieren.
Da hilft es auch nicht, wenn Bundestrainer Jens Boyde vom Verband mit 300€ Taschengeld ausgestattet, händeringend nach Athleten aus den eigenen Reihen, die sich 7000m als Pacemaker zur Verfügung stellen. Erstens haben wir solche Athleten kaum und zweitens wollen ja genau diese die Norm rennen und werden wohl kaum für ein paar Peanuts auf ihre wahrscheinlich einzige Chance verzichten.
Ist der Mai erst einmal Geschichte, gibt es, abgesehen von den Deutschen Meisterschaften am 18./19. Juni in Kassel, kaum noch nennenswerte Stadionveranstaltungen in Deutschland. Nach Amsterdam und Rio werden nun ja nur die allerwenigsten fahren.
Fazit, die deutsche Leichtathletik macht es sich häufig selbst unnötig schwer und der unfähige Verband ist mit seinem unzureichenden Rahmenterminplan Katalysator statt Moderator bei Kommunikationsproblemen hinsichtlich der Terminproblematik.
Quelle: larasch