Blog
08
01
2012

Dr. Willi Heepe, langjähriger Medical-Direktor des Berlin-Marathon, des Berliner Halbmarathon und der anderen Laufveranstaltungen. ©privat

Sanft, hinterhältig und bösartig – Der Bluthochdruck. Dr. Willi Heepe in LAUFZEIT

By GRR 0

Das Thema „arterielle Hypertonie" – oder ganz profan gesagt Bluthochdruck – bleibt in der Medizin spannend und muss auch im Sport und hier ganz besonders in der Laufbewegung sorgfaltig diskutiert und ernst genommen werden.

Im Laufe des Lebens ist annähernd jeder vierte Deutsche von dieser Krankheit betroffen. Ihr besonderes
Kennzeichen: Sie verursacht normalerweise keine Schmerzen. Nur selten leiden die Betroffenen unter Kopfschmerzen mit leichtem Spannungsgefühl. Im Prinzip fühlt sich der Hochdruckler wohl und leistungsfähig.

Bekommt er Medikamente verordnet fühlt er/sie sich häufig müde und abgeschlagen mit einem Füllhorn von
Nebenwirkungen. Daher ist es kein Wunder, dass die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient – im Fachterminus mit „Compliance" bezeichnet – allzu oft miserabel ist.

 

In der Tat gilt die so genannte Viererregel:

 

Jeder vierte Deutsche erkrankt an Bluthochdruck, davon wird nur jeder vierte behandelt, letztlich wird von dieser Klientel nur jeder vierte nach Leitlinien und damit optimal behandelt. Nur für einen geringen Prozentsatz der Erkrankten lässt sich eine Ursache ermitteln.

Bei etwas über 90 Prozent ist sofort keine Ursache auszumachen. Wir bezeichnen diesen Bluthochdruck als essenziell oder auch familiär Selbstverständlich muss bei jedem Patienten nach einer Ursache geforscht werden. So können Erkrankungen der Nieren, der Schilddrüse, des Herzens und auch Hormon-Störungen für das Auftreten von Bluthochdruck verantwortlich sein. In vielen Fällen ist jedoch das eigene Verhalten ursächlich.

Die Klassiker sind schnell aufgezählt: Übergewicht, Bewegungsmangel, Tabakrauchen, Dauerstress und letztlich
auch extremer Alkoholgenuss.

 

Wenn Blutgefäße nicht mitwachsen

 

Aber auch der Sportler muss unter Umständen seine eigene familiäre Veranlagung zur Kenntnis nehmen, so sie denn gegeben ist. Daran führt kein Weg vorbei. Die klassischen gesundheitlichen Schäden treten entweder langsam und schleichend auf oder abrupt in Form eines Schlaganfalls oder eines Herzinfarktes. Insgesamt führt Bluthochdruck zu Beschädigungen aller Blutgefäße, zu Schädigungen der Nieren, des Herzens, der Nerven und letztlich ganz besonders des Gehirns.

Was insbesondere jeder Sportler bedenken sollte: Bluthochdruck führt zu einer Widerstandserhöhung der großen Blutgefäße, insbesondere der Aorta. Daher nimmt in Abhängigkeit von der Blutdruckhöhe die
erforderliche Pumpleistung des Herzens extrem zu. Gleichzeitig kann das Blut damit bei jedem Herzschlag aus den inneren Schichten des Herzens zurückgedrängt werden und langfristig eine Innenschichtschädigung sprich einen Infarkt auslösen.

Durch diese Druckbelastung verdickt sich der Herzmuskel, ohne dass – im Gegensatz zum Sport – die Blutgefäße mitwachsen.

 

Herzfrequenz, Blutdruck und Leistung

 

Regelmäßiges Blutdruckmessen in Eigenregie sollte für jeden Sportler selbstverständlich sein. Einfache Blutdruckmessgeräte, auch am Handgelenk, sind erschwinglich und leicht zu bedienen. Messungen sollten in kurzen Abständen immer zwei- bis dreimal durchgeführt werden, da der erste Wert immer durch eigene Beobachtung erhöht ist.

Wichtig ist die Morgenmessung, weil wir zur gewohnten Auf wachzeit unsere ersten Stresshormone in die Blutbahn entlassen und damit im Gegensatz zur Erwartung hier immer den höchsten Wert des Tages registrieren. Eine Abendmessung empfiehlt sich ebenfalls. Sie rundet das Bild ab. Extrem wichtig ist eine
sorgfältige Blutdruck-Registrierung unter ansteigender ergometrischer Belastung.

Denn nicht nur der Ruhe-Blutdruck, auch der Belastungsdruck ist eine wichtige Größe. Es gilt die heilige Dreieinigkeit: Herzfrequenz, Blutdruck und Leistung müssen linear parallel ansteigen und ein harmonisches Bild demonstrieren.

Erkenne ich eine Hochdruckregulation bei mir, muss selbstverständlich eine sorgfältige Diagnostik erfolgen. Daraus resultiert immer eine individuelle Therapiestrategie. Im Vordergrund stehen eigentlich immer
nichtmedikamentöse Maßnahmen wie zum Beispiel Gewichtsreduktion, Nikotin-Abstinenz, Alkoholrestriktion, eine Ernährungs- Analyse mit gegebenenfalls Kochsalzrestriktion und dem Erstellen eines differenzierten
Sportprogramms.

Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, muss in jedem Falle eine medikamentöse Therapie – regelmäßig und sorgfältig selektiert – eingeleitet werden. Sportler lieben so genannte Naturmedikamente. Leider senken die zwar den Blutdruck, schützen abernicht im Geringsten und haben Nebenwirkungen ohne Ende.

 

Keine Betabiocker

 

Die Schulmedizin verfügt über eine Palette von gut verträglichen und nicht leistungsreduzierenden
Medikamenten. Sie zu selektieren setzt neben dem Wissen des Arztes auch sportmedizinische Erfahrung voraus.

Auf keinen Fall sollten im Sport so genannte Betablocker, Diuretika und zentral wirkende Medikamente eingesetzt werden. In der Verträglichkeit ganz vorne stehen die AT-l-Antagonisten oder Sartane ebenso wie Kalziumantagonisten oder auch Alphablocker. Die sehr beliebten ACEHemmer führen in über 30 Prozent der Fälle zu Hustenreiz und einer Lungenbläschenveränderung.

Kann man nun mit Sport Bluthochdruck verhindern? Bei familiärer Veranlagung muss ich klar und deutlich mit „nein" antworten. Sport kann aber das Auftreten verzögern und den medikamentösen Bedarf deutlich reduzieren.

Vor Jahren haben wir jeden neu entdeckten Bluthochdruck geraten, erst einmal mit Sport zu beginnen, um zu sehen, wie sich die Krankheit entwickelt. Heute sagen wir: Zur Verhinderung einer Innen-Schichtschädigung des
Herzens beginnst Du mit einem Medikament und reduzierst die Dosis mit Deinen Trainings-Erfolgen.

Noch immer kann einem beim Lesen eines Medikamenten-Beipackzettels jede Lust vergehen, eine Tablette zu
schlucken. Diese so genannten Waschzettel sind leider versicherungsrechtlich nötig, aber einer guten Compliance abträglich.

Würde man einen Waschzettel für Schokolade oder noch schlimmer Zigaretten erstellen, er wäre noch grausamer und zehnmal so lang.

 

• Fazit: Bluthochdruck ist ein sanfter, aber hinterhältiger, bösartiger Killer.

 

Die Krankheit wird selten ernst genommen. Eigenverantwortung ist das A und O. Eine optimale Partnerschaft
zwischen Patient und Arzt sind die Grundlage für eine erfolgreiche, schützende, nebenwirkungsarme Therapie.
In kaum einer anderen chronischen Krankheit profitieren die Erkrankten so vom medizinischen Fortschritt wie beim Bluthochdruck.

Gegenwärtig werden Impfungen gegen Bluthochdruck und operative Verfahren diskutiert. Von deren kontrollierter Anwendung sind wir noch weit entfernt.

 

Dr. Willi Heepe in LAUFZEIT 10/2011

 

Praxis Dr. Willi Heepe – Berlin

 

Praxis Dr. med. Willi Heepe
Epiphanienweg 6
14059 Berlin
Deutschland

Telefon: +49 (30) 99 19 49 20
Fax: +49 (30) 26 93 13 01

E-Mail-Adresse 1: wh@praxis-willi-heepe.de
E-Mail-Adresse 2: heepe-berlin@t-online.de

 

Öffnungszeiten / Termine

Bitte vereinbaren Sie Sprechstunden telefonisch – unter (030) 99194920 – oder per E-Mail.

 

Dr. Willi Heepe ist praktischer Arzt und Sportmediziner.
Seit über zwanzig Jahren liegt der Schwerpunkt seiner Tätigkeit als niedergelassener Arzt in der medizinischen Betreuung von Menschen, denen ein Leben in Bewegung Herzensangelegenheit ist. Hierzu gehören professionelle Ausdauersportler, aber auch Patienten mit Bluthochdruck und Herzerkrankungen.

Dr. Heepe ist Fachbuchautor; seine Artikel zum Ausdauersport erscheinen regelmäßig in aktuellen Zeitschriften (beispielsweise Runners World und Lauf Zeit). Er ist außerdem ein geschätzter Dozent zu den Themen Sportmedizin, Ausdauertraining und Kardiologie.

Willi Heepe war viele Jahre lang Medizinischer Direktor des Berlin-Marathon. Er ist fünfzigmaliger Marathonfinisher und auch im Alter von 70 Jahren ein aktiver Repräsentant jener »Laufkultur«, für deren Entwicklung er sich in Deutschland schon so lange engagiert.

 

 

Weitere Beiträge von Dr. Willi Heepe bei GRR:

 

 

Training im Winter – Tipps von Dr. Willi Heepe dem langjährigen Medical-Director des BERLIN-MARATHON

 

Bluthochdruck und Ausdauersport – Dr. Willi Heepe, der langjährige Medical Director des BERLIN-MARATHON und SCC-RUNNING fasst zusammen welche Aspekte bei diesem Thema eine Rolle spielen und worauf zu achten ist.
 

Marathonarzt Dr. Willi Heepe: „In das Alter hineinlaufen, aber nicht dem Alter davonlaufen" – Was macht Sinn? Für jeden ist der Blick in den Spiegel seines Lebens das Entscheidende, jeder über 35- oder 40-jährige Läufer sollte daran denken, dass möglicherweise der Lebenslauf in seinen Gesundheitspass schon eine Narbe oder schon ein Merkmal geschrieben hat

 

„Schlecht trainiert zum Marathon – das tut dem Herzen nicht gut" – Marathon-Arzt Dr. Willi Heepe nimmt Stellung 

 

GRENZERFAHRUNGEN – Was passiert im Körper? Ultraläufe aus sportmedizinischer Sicht – Dr. med. Willi Heepe in LAUFZEIT – Welche gesundheitlichen Risiken liegen in Läufern jenseits des Marathonlaufens?

 

Plötzlicher Herztod bei jungen Sportlern – Ruhe ist die einzige Therapie – Dr. med. Willi Heepe in LAUFZEIT – Die Myokarditis oder Herzmuskelentzündung.

 

Sporttote verhindern! Von Dr. Willi Heepe – dem Berliner Marathon-Arzt – Die wichtigste medizinische Sicherung jedoch liegt in der gesundheitlichen Verantwortung eines jeden Sportlers für sich selbst und damit für die Familie.

 

Weitere weitere Beiträge von Dr. Willi Heepe finden auf der GRR-Medizinseite – benutzen Sie die "GRR – Suchfunktion"!

author: GRR

Comment
0

Leave a reply