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2011 BMW Frankfurt Marathon Frankfurt, Germany October 30, 2011 Photo: Victah Sailer@PhotoRun Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET

Sabrina Mockenhaupt und Susanne Hahn laufen Olympianorm in Frankfurt – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Hier eine eher komfortable Situation, dort eine (weitere) Chance in Richtung London 2012 vertan. So stellt sich die Bilanz der deutschen Marathonläufer der Frauen und Männer nach dem grandiosen Frankfurt-Marathon dar.

Während der älteste deutsche Marathonlauf mit einer noch nie erreichten Leistungsdichte seine Zugehörigkeit zu den Top 10 weltweit auf einer weltrekordtauglichen Strecke unter Beweis stellen konnte, hinken die Leistungen der deutschen Läufer dieser Einstufung weit hinterher. Während bei den Frauen der DLV mit Irina Mikitenko (2:22:18), Sabrina Mockenhaupt (2:28:08) und Susanne Hahn (2:28:49) drei Läuferinnen unter der Olympianorm von 2:30:00 hat, laufen die deutschen Männer der zugegeben hohen Norm von 2:12:00 um Längen hinterher.

Andre Pollmächer und Stefan Koch werden nach ihren Ausstiegen nach 35 bzw. 21 Kilometern ebenso einen weiteren Anlauf im Frühling 2012 nehmen müssen wie ein sichtlich zufriedener Jan Fitschen (2:15:40) oder die bereits in Berlin vorzeitig gescheiterten Falk Cierpinski und Martin Beckmann.  

Es war eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, die sich bei der zudem zweigeteilten After-Race-Pressekonferenz im Athletenhotel Movenpick rund 100 Meter hinter der Festhalle der Medienschar präsentierte. Hier der sichtlich zufriedene Veranstalter mit dem Titelsponsor und dem mit 2:03:42 Stunden um vier Sekunden am Weltrekord vorbei geschrammten Wilson Kipsang und die auf 2:21:57 Stunden verbesserte Damitu Daska, dort das deutschsprachige Podium der deutschsprachigen Läufer.

Selbst wenn die Bilanz mit letztlich vier erreichten Olympianormen nicht die schlechteste war, die Stimmung schien eher gedrückt zu sein. Während die Österreicher Günther Weidlinger (2:12:23) und Andrea Mayr (2:32:33) die im Gegensatz zur „deutschen Olympianorm" weicheren Limite im Schongang schafften, gingen die deutschen Läufer allesamt an ihre Grenzen.

Allen voran Sabrina Mockenhaupt, die als Neunte mit 2:28:08 an ihrem eigenen Leistungsanspruch scheiterte, als sie nach 35 km eine unliebsame Bekanntschaft mit dem „Mann mit dem Hammer" machte und völlig entkräftet sogar im Ziel auf einer Trage abtransportiert werden musste. „Ich habe etwas riskiert und bei 33 km noch geglaubt, die Gruppe auseinander reißen zu können. Meine Vorbereitung war so lang wie nie, deshalb kann ich mir nicht erklären, wieso bei 35 km der Mann mit dem Hammer kam, aber so dermaßen heftig!"

Es ehrt die kleine Siegerländerin, dass sie „nicht schon wieder eine 2:26" laufen wollte, sondern lange Zeit in Richtung 2:25:20 unterwegs war. „Jetzt habe ich Zeit, über alles nachzudenken und eine Analyse zu machen. Vielleicht täte mir alleine ein bisschen mehr Lockerheit gut!" Die nächsten Wochen jedenfalls wird Mocki nutzen, um sich über einen neuen Trainer (nach der kurzen Episode mit Thomas Eickmann) und ihre Fußprobleme kümmern, die ihr zusätzliche Probleme auf den letzten sieben Kilometern zu schaffen gemacht hatten.

Neben der gefrusteten Sabrina Mockenhaupt saß eine sichtlich entspannte Susanne Hahn. 14 Monate nach der Geburt von Michael läuft es besser denn je, zumindest auf der Marathonstrecke. Die 33jährige steigerte sich „ohne das letzte Risiko einzugehen" auf ihren neuen Hausrekord von 2:28:49 Stunden und sieht sich nun in der komfortablen Situation, ohne den Druck eines Frühjahrsmarathon eine langfristige Vorbereitung auf London eingehen zu können. „Für mich war eigentlich die Norm das erklärte Ziel, ich konnte sogar unterwegs das Tempo etwas herausnehmen. Ich bin sauber durchgekommen!" freut sich Susanne Hahn, die sich in Troisdorf zusammen mit ihrem Ehemann und Trainer Frank Hahn ein passendes Umfeld geschaffen hat, um ihren Traum einer Olympiateilnahme erfüllen zu können.

„Unser Mann für London" wird allerdings weiterhin gesucht. Andre Pollmächer ist es derzeit nicht. Nach 35 km war sein Comeback nach seinem 2009 erfolgten Rücktritt in den Sand gesetzt. „Die Absprachen mit dem Veranstalter bezüglich der Tempomacher wurden nicht eingehalten, sodass ich alleine auf meinen persönlichen Tempomacher Hagen Brosius angewiesen war und zu früh viel für das Tempo tun musste. Und das kann im Marathon nicht gut gehen!" ärgerte sich der Neu-Potsdamer über den in seinen Augen frühen Kräfteverschleiß.

Mit 1:05:58 war Pollmächer bei der Streckenhälfte noch im Plansoll, dann verlor er mehr und mehr auf die Richtmarke von 2:12:00. „Irgendwann war der Kopf auch nicht mehr bereit, muskuläre kamen dazu, deshalb bin ich bei 35 km ausgestiegen!" Doch die Hoffnung stirbt zuletzt, schließlich hat er sich ein Jahr lang auf sein Marathon-Comeback vorbereitet – und steht aktuell mit seinem Heimtrainer Ronald Weigel mit leeren Händen da. „Leistungssport ist ein riskantes Spiel" zog Andre Pollmächer sein persönliches Fazit, „… ein Tanz auf Messers Schneide!"

Alleine fünf Trainingslager hat Jan Fitschen für ein erfolgreicheres Marathonlaufen als bei seinem Debüt in Düsseldorf (2:20:15) investiert. Nach dem Hitze beeinträchtigten Frühjahrsrennen lief nun bei idealen Bedingungen in Frankfurt alles nach Plan und ist nun im Marathonlager angekommen. Eine 2:15 hatte er zwei Tage zuvor angekündigt, als bester deutscher Starter lief er auf Rang 32 nach 2:15:40 Stunden in die Festhalle ein. „Ich bin glücklich – und total erleichtert!" gestand der Wattenscheider im Ziel. „Irgendwie habe ich schon mit einer Zeit unter 2:15 spekuliert. Aber ich bin nun in einem Bereich, der für das Marathonlaufen interessant ist. Ich weiß nicht, ob ich bis zum Frühjahr 2 bis 3 Minuten schneller laufen kann. Aber das Risiko kann ich eingehen!" mit Blick auf die Olympianorm, die in einem Frühjahrsrennen dann auch für Jan Fitschen zur Debatte steht. „2:12 ist schon eine Schallmauer. Es ist schade, dass wir in Deutschland derart hohe Normen haben. Wir haben keine Chance, etwas langsamer anzulaufen. Für uns kann es deshalb nur heißen: Volles Risiko! Wir sind nun alle in der gleichen Ausgangslage und das ist spannend!"  

Ganz im Schatten des Auftritts der Olympiakandidaten rief mit dem in Frankfurt lebenden Sören Kah ein Debütant sein aktuelles Potential ab und darf sich in der Saisonbilanz mit 2:17:58 als Ranglistenzweiter hinter Jan Fitschen feiern lassen. Der 28jährige im Trikot der LG Lahn-Aar-Esterau ist ohnehin der Aufsteiger des Jahres, denn auf allen Distanzen von 5000 bis Marathon ist er unter den Top 10 in Deutschland gelistet. „Für mich war dies beginnend mit dem Cross eine sehr lange Saison, die Punktlandung mit den geplanten 2:18 ist für mich das Sahnehäubchen auf eine geile Saison!"

 

Wilfried Raatz

 

 

 

 

author: GRR

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