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11
06
2025

Dr. Dr. Lutz Aderhold - Foto: privat

Risiken und präventive Aspekte des Langstreckenlaufs – Ein Update – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

Marathonlaufen hat sich mittlerweile zu einer „gesellschaftlich angesagten Mutprobe“ entwickelt. Immer mehr Freizeitläufer und Breitensportler aller Altersgruppen und Leistungsklassen treten bei Marathonläufen an.

Vor diesem Hintergrund sind gesundheitliche Risiken zu bedenken. Zur Vorbereitung eines Marathons gehört ein Training von wenigstens einem, besser zwei Jahren. Wer einen Marathon läuft, sollte rundum gesund sein und sich regelmäßig ärztlich untersuchen lassen.

Eine Häufung von Todesfällen bei Laufveranstaltungen innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums hatte den Ausdauersport „Laufen“ in die Diskussion gebracht. Plötzliche Todesfälle bei Laufveranstaltungen treffen meist Läufer im mittleren Alter, und es sind nicht nur die weniger Trainierten. Leistungssportler sollen ein 2,5-fach erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod aufweisen, wobei dem Sport eine Trigger-Funktion zugewiesen wird.

Es findet sich kein Muster für die Gefährdung, jedoch sind Risikofaktoren bekannt:

  • plötzliche Todesfälle und Schlaganfälle in der Familie,
  • Herzerkrankungen,
  • Bluthochdruck,
  • Fettstoffwechselstörungen,
  • Diabetes mellitus,
  • Nikotinkonsum und
  • Übergewicht.

Gesunde Sportler haben kein bekannt erhöhtes Risiko beim Marathonlauf. Es geht darum, die Menschen herauszufiltern, die eine gefährdende Erkrankung haben. Die Veranstalter sind deshalb bestrebt, alle Läufer darauf hinzuweisen, mit dem Gut „Gesundheit“ vernünftig umzugehen und Warnzeichen nicht zu ignorieren.

Untersuchungen insbesondere in den USA haben ergeben, dass das Todesfallrisiko bei Straßenläufen über kürzere Distanzen wesentlich geringer ist als bei Marathonläufen. Das Todesfallrisiko beträgt beim Marathon 0,5–2 : 100.000, beim Halbmarathon beträgt es etwa ein Viertel davon. Die langen Strecken verlangen dem Körper deutlich mehr ab. Zu ähnlichen Ergebnissen kam die RACE PARIS-Studie (Gerardin et al. 2021) mit einer Inzidenz von plötzlichem Herzstillstand (0,82 : 100.000) und Todesfällen (0,39 : 100.000).

Obwohl viele Freizeitsportler beim Marathon an ihre Grenzen gehen, sind Todesfälle insgesamt relativ selten. Ein US-Register konnte im amerikanischen Ärzteblatt (Kim et al. 2025) unter mehr als 29 Millionen Teilnehmern nur 176 Läufer mit einem plötzlichen Herzstillstand ermitteln.

Die Forscher konnten 176 Teilnehmer ermitteln, die während eines Halbmarathons (100 Fälle) oder Marathons (66 Fälle) einen plötzlichen Herzstillstand erlitten hatten. Bei 10 Fällen war die Streckenlänge unklar. Insgesamt 117 Läufer (66 %) konnten erfolgreich reanimiert werden.

Kim führt dies auf die gute medizinische Betreuung bei den Wettbewerben zurück, die eine rasche kardiopulmonale Reanimation ermögliche. Außerdem seien die Teams in der Regel mit automatisierten externen Defibrillatoren (AED) ausgestattet. Die Überlebensrate sei vergleichbar mit anderen öffentlichen Orten wie Flughäfen oder Kasinos, an denen heute AED verfügbar seien.

Bei 67 Patienten konnten Kim und Mitarbeiter die Ätiologie genauer recherchieren: 27 Patienten litten an einer koronaren Herzkrankheit, bis auf 2 überlebten alle. Bei 17 Patienten fanden die Ärzte keine Ursache. Von diesen konnten nur 8 erfolgreich reanimiert werden. An einer hypertrophen Kardiomyopathie hatten 5 Patienten gelitten, von denen 3 überlebten. Einen Hitzeschock hatten 4 Patienten erlitten, nur einer überlebte ihn.

Bei 4 Verstorbenen wurden bei toxikologischen Tests Stimulanzien (Koffein, Amphetamine und/oder Pseudoephedrin) gefunden: Einer von ihnen war an einer Herzrhythmusstörung aufgrund einer Kardiomyopathie gestorben, bei den anderen war die Todesursache unklar.

Auch wenn die Forscher nicht sicher sein können, dass sie alle Todesfälle gefunden haben, scheint das Risiko eines plötzlichen Herzstillstands bei einem Marathonlauf überschaubar zu sein. Es ist allerdings in den vergangenen beiden Jahrzehnten leicht angestiegen von 1:185.185 im Zeitraum 2000-2009 auf 1:172.413 im Zeitraum 2010-2019 und 1:123.457 seit 2020. Bei Männern war es mit 1:35.482 übrigens deutlich höher.

Die Case-Fatality-Rate (Fallsterblichkeit) ist über die Zeit deutlich gesunken, von 71 % im Zeitraum 2000-2009, auf 48 % im Zeitraum 2010-2014 und nur noch 25 % seit 2015. Kim sieht dies als Zeichen einer verbesserten Erstversorgung.

Auswirkungen auf das Gehirn

Zu den Energieressourcen, auf die der Körper in Extremsituationen etwa bei einem Marathonlauf zurückgreift, gehört offenbar das Myelin, das im Gehirn die Nervenzellen umgibt (Ramos-Cabrer et al. 2025). Die Myelinscheiden, die die Weiterleitung von Nervensignalen auf den Membranen der Axone und Dendriten ermöglichen, machen etwa 40 % des Gehirngewichts aus. Sie bestehen überwiegend aus Lipiden, was sie zu einer wertvollen Energiequelle in Notlagen macht.

Ein Team der Universität des Baskenlandes in Leioa hat eine Untersuchung mit Magnetresonanztomografie an 10 Amateursportlern vor und nach einem Marathonlauf durchgeführt. Ergebnis: Nach dem Marathonlauf war es in einem Dutzend Hirnregionen zu einem Rückgang der Myelin-Konzentration gekommen.

Erkennbare klinische Folgen hatte der Myelin-Abbau offenbar nicht. Immerhin erreichten die Sportler das Ziel. Die Reserven werden zudem rasch wiederaufgebaut. Bei einer Folgeuntersuchung nach 2 Wochen war der Myelin-Gehalt des Gehirns bereits wieder angestiegen und nach 2 Monaten war der Ausgangszustand erreicht. Experten sehen keinen Grund zur Besorgnis.

Hirnforscher diskutieren derzeit, ob sportliche Aktivitäten das Risiko auf eine amyotrophe Lateralsklerose erhöhen. Hierfür gibt es zahlreiche Hinweise, die insbesondere anaerobe Belastungen als Risikofaktor in den Fokus rücken (Chapman et al. 2023).

Auswirkungen auf andere Organe

Bei langen Ausdauerbelastungen wird der Skelettmuskelschaden gut ersichtlich an spezifischen myozellulären Metaboliten, die im Blut ansteigen, wie das Myoglobin, die Laktat-dehydrogenase (LDH) und die Creatin-Kinase (CK). Auch die Leberwerte und das Bilirubin steigen an. Diese Veränderungen sind abhängig von der Intensität bzw. Dauer der Belastung vorübergehend und normalisieren sich innerhalb von Tagen. Es kann zu einem Anstieg von Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure sowie Elektrolytstörungen mit einer vorübergehenden Einschränkung der Nierenfunktion kommen. In der Regel erholt sich die Nierenfunktion innerhalb eines bis wenigen Tagen. In seltenen Fällen ist es zu einem akuten Nierenversagen gekommen (Scheer at al. 2022; Braschler et al. 2025). Gastrointestinale Probleme und Beeinträchtigungen der Immunfunktion sind sehr häufig, sollen in diesem Artikel aber nicht näher abgehandelt werden.

Präventive Aspekte

Marathon- und Ultralaufen hat primär nichts mit präventivem Ausdauersport oder Lauftherapie zu tun, es ist eine starke Belastung für das Herz-Kreislauf-System und den Bewegungsapparat. Sich jeden zweiten Tag ausdauerorientiert zu bewegen, wirkt in vielerlei Hinsicht präventiv und bedarf keines Marathon- oder Ultralaufs. Solche langen Belastungen sind aus orthopädischer und internistischer Sicht, insbesondere bei Grenzbelastungen und ungünstigen Wetterbedingungen, nicht unbedingt gesund. Das haben zahleiche Studien bewiesen. Das absolute Risiko kardiovaskulärer Zwischenfälle bei körperlicher Aktivität ist dabei zwar gering, aber nicht zu verneinen.

Aderhold L, Weigelt S. – Laufen! Vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. München: Elsevier 2018.

Sportmedizinische Vorsorgeuntersuchungen können Risiken aufdecken und damit präventiv wirken (Beitrag auf dieser Homepage: Sportmedizinische Vorsorgeuntersuchung – aktuelle Leitlinie). In Deutschland nimmt allerdings nur etwa die Hälfte aller Ausdauersportler sportmedizinische Vorsorgeuntersuchungen wahr. Aus präventiver Sicht müssten gerade untrainierte Sportler und Sportanfänger häufiger untersucht werden, denn sie haben gegenüber dem trainierten Sportler ein um 50 % erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Zwischenfälle bei sportlicher Betätigung. Allen Neu- und Wiedereinsteigern in eine sportliche Aktivität wird unabhängig vom Lebensalter eine Eingangsdiagnostik empfohlen. Untrainierte bzw. unregelmäßig Sporttreibende sind bei ungewohnter bzw. intensiver Belastung eher gefährdet als regelmäßig Trainierende.

Plötzliche Todesfälle während des Sporttreibens bei offenbar gesunden jüngeren Sportlern beruhen meist auf einer unerkannten Herzkrankheit, am häufigsten einer hypertrophen Kardiomyopathie (Herzmuskelverdickung). Als Ursachen kommen außerdem Anomalien der Herzkranzgefäße, Herzklappenfehler, Herzrhythmusstörungen und die Myokarditis (Herzmuskelentzündung) in Frage. Bei älteren Sportlern steht die koronare Herzkrankheit (Verkalkung der Herzkranzgefäße) im Vordergrund.

Bei einer Verkalkung der Herzkranzarterien (koronare Herzkrankheit) können unter Belastung durch die vermehrte Adrenalinausschüttung und den Sauerstoffmangel lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen auftreten. Bei Frauen kommt es durch die trainingsbedingte Modulation des autonomen Nervensystems seltener zu Arrhythmien. Eine weitere Gefahr besteht in der Plaqueruptur und Auslösung eines Herzinfarkts.

Bei lang dauernden, hoch intensiven Belastungen kommt es außerdem zu einer Gerinnungsaktivierung. Dies wird durch eine gesteigerte Fibrinolyse (Gerinnungshemmung) weitestgehend kompensiert. Bei Vorliegen einer angeborenen Thromboseneigung sind Maßnahmen zur Thromboseprophylaxe von Bedeutung.

In einer Vielzahl von Untersuchungen konnte der Zusammenhang zwischen intensivem Ausdauertraining und vermehrtem Auftreten von Vorhofflimmern insbesondere bei älteren Männern festgestellt werden. Eine Metaanalyse (Newman et al. 2021) stellte fest, dass Sportler gegenüber Nicht-Sportlern später mehr als doppelt so häufig am Vorhofflimmern erkranken. Als Ursache werden vor allem Gewebsveränderungen und eine sportbedingte Größenzunahme des Vorhofmyokards sowie sportbedingte Einflüsse des autonomen Nervensystems vermutet. In diesem Zusammenhang ist die Abklärung der Elektrolyte (Na, K, Ca, Mg, Cl) und auch die ausreichende Aufnahme von Arginin und Omega-3-Fettsäuren von Bedeutung. Bei älteren Gesundheitssportlern, die mit einer mittleren Belastungsintensität aktiv sind, tritt Vorhofflimmern im Vergleich zu körperlich Inaktiven oder Aktiven mit hohen Belastungsintensitäten seltener auf. Die gesundheitsförderliche Bedeutung regelmäßigen Trainings wird durch diese Daten allerdings nicht eingeschränkt.

Zwei Drittel der Patienten mit Vorhofflimmern zeigen Symptome einer Grunderkrankung wie hoher Blutdruck, koronare Herzerkrankung, Herzklappenfehler oder auch Herzmuskelerkrankungen. Neu aufgetretenes Vorhofflimmern muss immer abgeklärt werden, denn durch die Bildung von Gerinnsel im Vorhof kann es zu Gefäßverschlüssen und z. B. zum Schlaganfall kommen. Deswegen müssen diese Patienten auch Gerinnungshemmer einnehmen. Die Sporttauglichkeit bei Patienten unter oraler Antikoagulation muss jeweils individuell entschieden werden. Ziel der Behandlung ist die Wiederherstellung des normalen Herzrhythmus durch eine elektrische Behandlung (Kardioversion), Verödung (Ablation) von Herzmuskelzellen bzw. Venen und/oder eine Therapie mit Medikamenten (Antiarrhythmika).

Für Freizeit- und Breitensportler ist mit hoher Evidenz durch Ausdauersport eine höhere Lebenserwartung belegt. Auch unter leistungssportlichen Bedingungen hat Ausdauersport eine lebensverlängernde Wirkung. Entscheidend ist dabei der gesündere Lebensstil mit regelmäßiger körperlicher Aktivität, auch nach Beendigung der leistungssportlichen Karriere.

Die hypertrophe Kardiomyopathie ist in erster Linie für den plötzlichen Herztod bei Sportlern unter 40 Jahren verantwortlich. Die Echokardiographie ist eine wichtige Methode für die Diagnose dieser Erkrankung. Es handelt sich dabei um eine angeborene Herzmuskelverdickung, die nicht mit der physiologischen Herzmuskelhypertrophie beim Sportherz verwechselt werden darf.

Das Sportherz ist gekennzeichnet durch eine Dilatation und Hypertrophie aller Herzhöhlen (exzentrische Hypertrophie), sodass eine harmonische Herzvergrößerung vorliegt. Ein Sportherz entsteht meist nur unter leistungssportlichen Bedingungen. Die Größe der linken Herzkammer hat eine direkte Beziehung zur Laufleistung im Langstreckenlauf. Die größten Sportherzen findet man bei Langstreckenläufern, Triathleten, Radrennfahrern und Skilangläufern. Ein Sportherz kann sich vollständig oder auch nur inkomplett zurückbilden.

Zumindest ein Teil der Todesfälle durch plötzlichen Herztod könnte vermieden werden, wenn die folgenden Warnsymptome beachtet würden und ärztlich abgeklärt würden:

  • ungewöhnliches Herzklopfen mit Pulsunregelmäßigkeit bzw. Herzrasen,

  • Schwindelgefühl während des Laufs, Kollaps-Zustände und Bewusstlosigkeit (Synkope),

  • Schmerzen, Brennen oder Engegefühl in der Brust, Hals oder Schulter,

  • Druck, Völlegefühl oder Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit, Unwohlsein und

  • Luftnot in Ruhe oder bei geringer Anstrengung.

Auch Herzfrequenzmessung und Laktatbestimmung können den plötzlichen Herztod nicht verhindern. Beide können ergänzend durchgeführt werden, sind jedoch nicht unentbehrlich und garantieren auch keine bessere sportliche Leistung.

Herzpatienten sollten den Anstrengungsgrad so bemessen, dass sie sich noch gut unterhalten können, keine Luftnot und Angina pectoris eintritt. Aber auch bei noch so sorgfältiger regelmäßiger Untersuchung kann es im Sport keine absolute Sicherheit geben. Trotzdem überwiegt der Nutzen eines regelmäßig betriebenen Ausdauertrainings für Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Lebensqualität.

Bestehende Herzerkrankungen

Marathon- und Ultralaufen bei bereits bestehender Arteriosklerose und koronarer Herzkrankheit ist möglich, allerdings ist das Risiko für einen kardialen Zwischenfall höher. Das Training für diese langen Distanzen stellt keinen absoluten Schutz dar, fördert aber einen gesünderen Lebensstil und die allgemeine Leistungsfähigkeit. Die Trainingsdosis muss allerdings dem individuellen Befund in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt angepasst werden. Von einem Training für Langstreckenläufe muss dann abgeraten werden, wenn

  • Angina pectoris unter Belastung auftritt,
  • kreislaufwirksame Herzrhythmusstörungen vorliegen,
  • die Linksherzfunktion eingeschränkt ist,
  • im Belastungs-EKG Zeichen für eine Durchblutungsstörung erkennbar sind oder
  • eine Rechtsherzbelastung durch Lungenveränderung vorliegt.

Trägern von Herzschrittmachern mit einer ausreichenden myokardialen Funktion können im submaximalen Bereich eine sehr gute körperliche Dauerleistungsfähigkeit entwickeln. Träger eines Defibrillators (ICD) sollten auch bei kompletter Beschwerdefreiheit besser keinen Wettkampfsport betreiben, allerdings handelt es sich dabei nur um eine Expertenmeinung. Letztendlich bleibt es eine Einzelfallentscheidung, ob ein Sportler mit ICD Leistungssport treiben kann. Patienten mit Herzfehlern und nach Herzklappenersatz sollten ein Ausdauertraining nur nach entsprechender Überprüfung und Empfehlung durch den behandelnden Arzt absolvieren.

Genetisch bedingte Risikofaktoren

Es gibt Menschen, die genetisch bedingt bei sportlicher Aktivität einem erhöhten Risiko für einen plötzlichen Herztod ausgesetzt sind. Zu diesen genetisch bedingten Erkrankungen werden

  • die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM),
  • die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVCM),
  • das Marfan-Syndrom,
  • Ionenkanal-Anomalien wie Long-QT-Syndrom (LQTS) und Brugada-Syndrom sowie
  • die katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie (CPVT) gezählt.

Die Häufigkeit in der Bevölkerung liegt bei bis zu 1:500, wobei die HCM als häufigste Ursache eines plötzlichen Herztodes bei Wettkämpfen gilt. Es muss mit einer gewissen Häufigkeit unerkannter Fälle gerechnet werden. Aus diesem Grund sind Vorsorgeuntersuchungen von großer Bedeutung. Schon die Anamnese mit der Frage nach plötzlichen Todesfällen in der Familie kann richtungsweisend sein. Auch zurückliegende Ohnmachtsanfälle (Synkopen) oder phänotypische Veränderungen (Marfan-Syndrom) müssen Beachtung finden.

Wird eine Erkrankung mit erhöhtem genetischem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse bei sportlicher Betätigung festgestellt oder vermutet, sollte ein Verbot für Wettkampfsport ausgesprochen werden. Für den Freizeit- und Ausgleichsport sind Ausdauersportarten zu bevorzugen, wobei das Trainingsprogramm mit dem Arzt abgesprochen werden muss. Aus dem Ergebnis der Untersuchung sollte der Arzt eine Empfehlung für eine geeignete Sportorganisation (Verein, Fitnesscenter, Herzgruppe, Rehabilitationseinrichtung) geben, in der die Betreuung, Überwachung und Sicherheit individuell am besten erfüllt werden.

Herzschädigungen nach langen Ausdauerwettkämpfen?

In den letzten Jahren sind viele Studien veröffentlicht worden, die eine Herzmuskelschädigung oder eine Herzmuskelermüdung nach langen Ausdauerwettkämpfen wie Marathon, Ultralangstreckenlauf und Triathlon untersuchten. Als Nachweis dienten Herzmarker und echokardiographische Abweichungen. Solche vorübergehenden Veränderungen gingen weder mit Beschwerden noch mit im EKG nachweisbaren Änderungen einher. Zeitweise mit dem EKG registrierte Veränderungen waren Anhebungen der ST-Strecke und erhöhte T-Wellen.

Das Risiko einer belastungsinduzierten Herzschädigung durch Ausdauersport wird gegenwärtig wieder vermehrt diskutiert, da nach Ausdauerbelastungen den Grenzwert überschreitende Anstiege kardialer Marker (Herzenzyme wie Troponin und BNP) beschrieben wurden, die sonst bei Patienten nach einem Herzinfarkt erhöht sind. Konzentrationserhöhungen dieser Marker wurden sowohl bei Hochleistungssportlern als auch bei Breitensportlern meist nach längeren Ausdauerbelastungen beschrieben.

Die kardialen Troponine I und T (cTnI; cTnT) mittlerweile als laborchemischer Goldstandard zum Nachweis einer Herzmuskelnekrose. Nach einem Herzinfarkt kommt es nach ca. zwei bis vier Stunden zum ersten Anstieg der Troponin-Konzentration im Blut, der bis zu 21 Tage lang anhalten kann. Da aber auch nach Ausdauerbelastungen wie z. B. Marathon-Läufen, Langzeit-Triathlon-Wettkämpfen, 100 km-Läufen, Rad-, Mountainbike- oder Skilanglaufrennen erhöhte Troponin-Konzentrationen im Blut bei beschwerdefreien Sportlern beschrieben wurden, vermuten einige Autoren, dass insbesondere längere Ausdauerbelastungen Herzmuskelzelluntergänge herbeiführen. Man geht derzeit davon aus, dass bei nahezu allen Sportlern durch erschöpfende Ausdauerbelastungen ein kurzfristiger, reversibler Troponin-Anstieg auftritt.

Die gemessenen erhöhten Troponin-Konzentrationen der Sportler fallen in der Regel binnen 24 Stunden nach Belastung wieder deutlich ab und erreichen innerhalb von 72 Stunden wieder den Normbereich. Ein Zusammenhang zwischen einem belastungsinduzierten Troponin-Anstieg und dem Alter der Sportler wurde bisher nicht festgestellt, jedoch scheinen bei gut trainierten Läufern die Anstiege geringer auszufallen.

Zusätzlich wurde nach mehrstündigen Belastungen echokardiographisch eine kardiale Ermüdung mit vorübergehender geringer Funktionseinschränkung bei ansonsten unauffälligen, beschwerdefreien und gesunden Ausdauersportlern beschrieben. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen belastungsinduzierten Troponin-Anstiegen und einer kardialen Ermüdung scheint anhand der bisherigen Studienergebnisse nicht zu bestehen. In Kardio-MRT-Untersuchungen vor und nach Marathonläufen konnte trotz Troponin-Erhöhungen keine myokardiale Nekrose oder Fibrose gefunden werden.

Studien haben auch gezeigt, dass „kürzere intensive“ Ausdauerbelastungen (z. B. Marathonlauf) in einem größeren Prozentsatz Troponin-Erhöhungen hervorrufen als längere bzw. ultra-lange Ausdauerbelastungen mit niedrigeren Intensitäten (z. B. 216 km Badwater Ultramarathon-Lauf Death Valley).

Die Mechanismen der belastungsinduzierten Troponin-Freisetzung sind bisher allerdings noch nicht geklärt. Möglicherweise führt die Belastung zu einer vorübergehenden Erhöhung der Membranpermeabilität und zur Freisetzung des freien Troponins. Da die belastungsinduzierten Troponin-Erhöhungen binnen 24 Stunden deutlich abfallen bzw. wieder im Normbereich liegen, ist für gesunde Sportler ohne krankhafte Auffälligkeiten in EKG oder Echokardiographie eine 24-stündige Verlaufsbeobachtung ausreichend. Eine sofortige weitergehende Diagnostik unauffälliger Sportler mit ausschließlich belastungsinduziertem Troponin-Anstieg erscheint derzeit nicht notwendig.

Ein Konzentrationsanstieg des Ischämie-modifizierten Albumins (IMA) wurde bei reduzierter Blutversorgung des Herzens beschrieben. Die Mechanismen einer IMA-Konzentrationsänderung bei Ausdauerbelastungen sind noch nicht geklärt. Unter Berücksichtigung der derzeitigen Studienergebnisse scheint die Annahme gerechtfertigt, dass lang andauernde Ausdauerbelastungen bei gesunden Sportlern nicht zu einer verminderten Blutversorgung des Herzmuskels (Ischämie) führen.

Das B-Typ Natriuretische Peptid (BNP) wird überwiegend vom Herzmuskel gebildet und spiegelt den Stress einer Volumen- und Druckbelastung sowie der Stimulation wider. Durch körperliche Belastungen können bei gesunden Sportlern insbesondere nach längeren Ausdauerbelastungen akute BNP-Anstiege im Blut induziert werden. Aber auch kürzere Ausdauerbelastungen zwischen 30 und 60 Minuten (insbesondere oberhalb der individuellen anaeroben Schwelle) können zu BNP-Anstiegen führen. Für die Beurteilung der BNP-Werte im praktischen Alltag ist wichtig, dass bei gesunden Sportlern unter Ruhebedingungen keine erhöhten BNP-Konzentrationen vorliegen, jedoch lang andauernde oder intensive Ausdauerbelastungen kurzfristige Anstiege hervorrufen können. Bei Patienten mit eingeschränkter Herzfunktion ist zu berücksichtigen, dass bereits moderate körperliche Belastungen zu BNP-Anstiegen führen können.

Auch die kardialen Biomarker Creatinkinase (CK) und Myokard Creatinkinase (CK-MB) sowie das C-reaktive Protein (CRP) können erhöht sein. Diese Veränderungen sind nur vorübergehend und innerhalb von Tagen wieder im Normbereich (Knechtle und Nikolaidis 2018).

Schlussfolgerungen

Zusammenfassend ist zu bemerken: Belastungsinduzierte Anstiege kardialer Marker können bei Leistungs- und Breitensportlern insbesondere nach langen, erschöpfenden Ausdauerbelastungen auftreten. Im Gegensatz zum akuten Myokardinfarkt sind die belastungsinduzierten Troponin-Erhöhungen jedoch nur gering ausgeprägt und scheinen eher eine reversible Schädigung des Herzmuskels widerzuspiegeln. Auch die Erhöhung der IMA- und BNP-Konzentrationen bei Ausdauerbelastungen scheinen bei gesunden Sportlern keine krankhafte Bedeutung zu haben. Die durch Echokardiographie und MRT nachgewiesene vorübergehende kardiale Ermüdung bzw. Funktionsänderung nach langen Ausdauerbelastungen ist nicht mit dem Nachweis einer Nekrose oder Fibrose verbunden.

Nach langen Ausdauerbelastungen wurden auch eine vorübergehende Ermüdung der Atemmuskulatur und eingeschränkte Lungenfunktion festgestellt. Ob diese Beobachtungen bei sehr langen anstrengenden Ausdauerbelastungen eine klinische Bedeutung haben, ist noch nicht geklärt. Es könnte sich auch um ein physiologisches Geschehen handeln. Allgemeingültige Empfehlungen lassen sich von den bisherigen Untersuchungen nicht ableiten. Auf keinen Fall besteht Anlass, Unsicherheit in die Ausdauerszene zu bringen.

Bei angepasster Vorbereitung ist auch bei Langzeitausdauerbelastungen nicht mit bleibenden gesundheitlichen Schäden zu rechnen, es liegen zumindest bisher keine hinreichenden Hinweise dafür vor. Allerdings wird ein vorgeschädigtes Herz bei nicht angepasster Dauerbelastung empfindlicher reagieren als ein gesundes. Untrainierte bzw. unregelmäßig Sporttreibende sind bei ungewohnter oder intensiver Belastung eher gefährdet als regelmäßig Trainierende.

Bei größeren Laufveranstaltung muss heute jeder Teilnehmer erklären, dass er gesund ist, sich einem Gesundheitscheck unterzogen hat und ausreichend trainiert ist. Durch intensive Aufklärung im Rahmen der Ausschreibungen von Laufveranstaltungen sollte zu einer jährlichen sportärztlichen Vorsorgeuntersuchung aufgerufen und an die Eigenverantwortung appelliert werden. Die Verantwortung für das eigene Tun liegt letztlich bei jedem selbst und kann nicht von der Gesellschaft übernommen werden. Das Interesse am GRR-Fragebogen zur Gesundheit macht die Bedeutung präventiver Maßnahmen deutlich. Mit der Beantwortung dieses Fragebogens kann jeder Sportler prüfen, ob bei ihm ein relevantes sportmedizinisches Risiko besteht.

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

Die Literatur und weitere Hinweise finden Sie in:

Aderhold L, Weigelt S. Laufen! Vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. München: Elsevier 2018.

Neue Literatur zum Thema:

Braschler L et al. Physiology and Pathophysiology of MarathonRunning: A narrative Review. Sports Med Open 2025; 11 (1): 10.

Chapman L et al. Physical activity as an exogenous risk factor for amyotrophic lateral sclerosis: a review oft he evidence. Brain 2023; 146 (5): 1745-57.

Gerardin B et al. Life-threatening and major cardiac events during long-distance races: updates from the prospective RACE PARIS registry with a systematic eview and meta-analysis. Eur J Prev Cardiol 2021; 28 (6): 679-86.

Kim JH et al. Cardiac Arrest During Long-Disantance Running Races. JAMA 2025; 333 (19): 1699-1707.

Knechtle B, Nikolaidis PT. Physiology and Pathophysiology in Ultra-Marathon Running. Front Physiol 2018; 9: 634.

Knechtle B, Nikolaidis PT. Wie ungesund ist ein Ultramarathon? Praxis 2018; 107 (8): 453-62.

Newman W et al. Risk of atrial fibrillation in athletes: a systematic review and meta-analysis. Br. J Sports Med 2021; 55 (21): 1233-8.

Ramos-Cabrer P et al. Reversible reduction in brain myelin content upon marathon running. Nature Metabolism 2025; 7: 697-703.

Scheer V et al. Potential Lon-Term Health Problems Associated with Ultra-Endurance Running: A Narrative Review. Sports Med. 2022; 52 (4): 725-40.

Probiotika, Präbiotika und Postbiotika – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

Ketogene Ernährung und Karnivore Ernährung – Eine kritische Bewertung Teil 2 . Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

author: GRR