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07
03
2017

Ging bei der Vergabe von Olympia nach Rio alles mir rechten Dingen zu? ©Horst Milde

Rio 2016 unter Verdacht Olympiawahl manipuliert? Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0
Auch die Vergabe der Olympischen Spiele an Rio de Janeiro steht nun unter Manipulationsverdacht.
 
Französische Ermittler, die sich mit der Korruption im Leichtathletik-Weltverband IAAF in der Ära des Präsidenten Lamine Diack beschäftigen, haben entdeckt, dass drei Tage vor der Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2016, am 2. Oktober 2009 auf der Session des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Kopenhagen, zwei Millionen Dollar an einen Sohn des einflussreichen senegalesischen IOC-Mitglieds Diack überwiesen wurden. Das berichtet die französische Zeitung „Le Monde“.

Papa Massata Diack und seine Marketingagentur Pamodzi in Dakar waren, wie offenbar bei anderen Schmiergeldzahlungen auch, Adressat im Fall von Rio. 1,5 Millionen Dollar gingen von der Matlock Capital Group auf den British Virgin Islands bei ihr ein; hinter Matlock soll der brasilianische Bauunternehmer Arthur César de Menezes Soares Filho stecken.

Weitere 500.000 Dollar flossen angeblich aus Brasilien über ein Konto in Russland an Diack junior.

Das Muster erscheint bekannt. Tokio, Olympia-Stadt 2020, hat eingeräumt, dass sie Diack junior knapp drei Millionen Dollar überwiesen hat; angeblich wegen legitimer Beratungstätigkeit. Das Geld aus Japan floss aber über die Briefkastenfirma Black Tidings in Singapur. Deren Konto wurde auch für Bestechungsgeld benutzt, das insbesondere russische Leichtathleten zahlen mussten, um die Ergebnisse positiver Doping-Kontrollen zu kaschieren. Vor Jahren wurden Unterlagen bekannt, in denen Papa Massata Qatar Stimmen aus dem Einflussbereich seines Vaters für Millionenbeträge anbot.

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Gegen den 83 Jahre alten Lamine Diack wird in Frankreich seit November 2015 ermittelt; er ist nur auf Kaution frei und darf das Land nicht verlassen. Als Mitglied des IOC trat er 2016 zurück. Ehrenpräsident der IAAF ist er bis heute. Sein Sohn wird von Interpol gesucht; er soll sich im Senegal aufhalten.

Die französische Justiz ermittelt wegen Bestechung und Geldwäsche. Auch die amerikanische Justiz soll sich mit dem Treiben des einflussreichen Sportpolitikers beschäftigen.

„Viel Glück mit Ihrem Artikel“

Diack, ehemaliger Bürgermeister von Dakar, galt als jemand, der über viele Stimmen afrikanischer Sportfunktionäre verfügte. Der afrikanische Leichtathletikverband hat ihn seiner Solidarität versichert. Die Kaution in Höhe einer halben Million Euro wurde bei Solidaritätsveranstaltungen gesammelt.

Diack hat bei seiner Vernehmung angegeben, dass er große Summen aus Russland erhalten habe, weil Präsident Wladimir Putin ihn beim Wahlkampf um die Präsidentschaft in Senegal aus politischen Gründen unterstützt habe. Von „Le Monde“ um einen Kommentar gebeten, erwiderte Papa Massata Diack auf die Vorwürfe lediglich: „Viel Glück mit Ihrem Artikel“.

„Le Monde“ berichtet darüber hinaus, dass auch der ehemalige Sprinter Frankie Fredericks aus Namibia am Wahltag knapp 300.000 Dollar erhalten haben soll.

In den sogenannten Panama Papers sei dokumentiert, dass die Summe am Tag der Abstimmung bei einer Briefkastenfirma auf den Seychellen namens Yemi Ltd. eingegangen sei; sie gehört Fredericks. Fredericks bestätigte, das Geld von Diacks Agentur Pamodzi erhalten zu haben, beteuerte aber, dass die Zahlung nicht im Zusammenhang mit der Wahl gestanden habe. Er war Vorsitzender der Athletenkommission im IOC und in Kopenhagen Wahlbeobachter. Seit 2012 ist er Mitglied des IOC.

Zur IOC-Session in Kopenhagen waren der amerikanische Präsident Barack Obama und seine Frau Michelle gereist, um sich für ihre Heimatstadt Chicago einzusetzen. Die Stadt schied mit 18 Stimmen als erste aus; Madrid erhielt 28, Rio 26 und Tokio 22 Stimmen. Im dritten Wahlgang besiegte Rio Madrid mit 66:32 Stimmen.

Rio bestreitet Korruption.

Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Sonnabend, dem 4. März 2017 

 Michael Reinsch  

author: GRR

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