Michelle Maier gewannt Kanzelwand- und WalserTrail ©Wilfried Raatz/ wus-media
Rekorde im Kleinwalsertal – Walser Trail Challenge entwickelt sich glänzend – Bei der zweiten Auflage heißt es wiederum „ausverkauft“ – Wilfried Raatz berichtet
„Ausverkauft“ ist sicherlich eine exzellente Werbung für eine Veranstaltung. Vor allem, wenn diese noch in den Startlöchern steht. Bei der zweiten Auflage der zweitägigen Walser Trail Challenge war die Startliste am letzten Juli-Wochenende mit 700 Anmeldungen prall gefüllt, gegenüber der Premierenveranstaltung noch einmal mit einem Plus von 200 Läufern.
„Wir möchten harmonisch wachsen“ sagt Ole Ipsen von Kleinwalsertal Tourismus, „und nicht mit der Organisation dem Läuferansturm nicht mehr gewachsen zu sein!“ Deshalb hatte man frühzeitig im Kleinwalsertal die Reißleine gezogen und das Anmeldeportal geschlossen.
Wohltuend, denn gerade bei kritischen Witterungsbedingungen zeigt sich die Leistungsfähigkeit einer Organisation.
Dies war bereits bei der Premiere der Walser Trail Challenge im Vorjahr der Fall – und stellte die Mitarbeiter des Tri-Team Kleinwalsertal auch bei der zweiten Auflage wiederum auf den Prüfstand. Wegen der zu erwarteten Gewitter am frühen Nachmittag musste Organisationsleiter Erich Pühringer mit seinem Team die Streckenführung für die am Sonntag anstehenden Langdistanzen verändern – die ausgeschriebenen Strecken wurden um knapp fünf Kilometer verkürzt, die Höhendifferenzen um 300 bis 400 m reduziert. Dem Rotstift fiel somit auch die überaus begehrte Kanzelwand diesmal zum Opfer. Maßnahmen, die bei den Teilnehmern aus 15 Nationen mit großem Verständnis aufgenommen wurden.
„Knüppelhart war es ehedem“, war jedenfalls nicht die Meinung Einzelner, sondern der großen Laufgemeinde.
„Verhaltet Euch beim Gewitter ordnungsgemäß. Nicht die Zeit, sondern die Sicherheit steht bei jedem im Vordergrund!“ ermahnte der Organisationschef alle Teilnehmer in Deutsch und Englisch bei der Einweisung, direkt im Startbereich. Dass eine Trail-Ausrüstung keineswegs nur ein Modetrend ist, sondern erforderliche Vorkehrungen beim Wetterumschwung, das konnten letztlich viele der Trailläufer im Laufe des Tages am eigenen Körper erfahren. Trotz teilweise Starkregens konnte dies an der guten Stimmung im Traillager keinen Abbruch tun.
Den Auftakt des zweitägigen Events bildete der Kanzelwand Trail über 9 km und einer Höhendifferenz von 1100 Metern.
Trotz der sommerlichen Temperaturen ging es bei den Spitzenläufern unter den 350 Teilnehmern kräftig zur Sache. Mit Johannes Klein konnte sich letztlich ein Mountainbiker durchsetzen, der schon beim Großglockner-Berglauf als Achter auf sich aufmerksam machen konnte.
In 1:00:59 Stunden gewann er vor dem Langstreckenspezialisten Moritz auf der Heide (1:02:01) und einem weiteren Deutschen, Marcus Baur (1:04:46). Auch bei den Frauen besetzten deutsche Starter komplett das Podium: In neuer Streckenrekordzeit von 1:05:57 Stunden setzte sich als Gesamtvierte (!) Michelle Maier durch, die schlussendlich zehn Minuten Vorsprung auf die Zweitplatzierte Jessica Müller (1:15:45) hatte, die eigentlich Skilangläuferin ist und durch ihre Mutter Britta Müller, die zu den weltbesten Mastersläuferinnen im Berglaufbereich zählt, mehr und mehr inzwischen auch Freude am Berg- und Landschaftslauf findet.
Kurzfristige Streckenänderungen beim Walser Trail und Walser Ultra Trail brachten die Organisatoren beim Streckenmarkierungen in früher Morgenstunde ins Schwitzen, obwohl es zur Startzeit gerade einmal 12° war.
Einen Schweizer Sieg gab es beim Walser Ultra Trail durch Roman Nef, der als Vorjahresdritter ins Rennen gegangen war und die 60 Kilometer-Strecke in 7:32:09 Stunden schaffte. „Ich liebe diese Bedingungen“, gestand der Schweizer im Ziel, „auch wenn es teilweise recht schwierig war zu laufen!“ Hinter Philipp Quack gab es im Duell um Rang drei eine Sprint(!)entscheidung, die Mitorganisator Seppi Neuhauser gegen den Vorjahressieger Anton Philipp hauchdünn bei Zeitgleichheit von 7:48:14 Stunden für sich entscheiden konnte. Bei den Damen gewann nach zweijähriger Wettkampfabstinenz Gwendoline Waibel vom TSV Aitrach nach in 9:11:35 Stunden. Aber auch sie ist eine erfahrene Trailläuferin, schließlich schaffte sie im Team den Transalpine 2013 auf Rang vier.
In seinem Element war beim Walser Trail der Kölner Moritz auf der Heide, der sich lange Zeit ein spannendes Duell mit Marcus Baur lieferte, der erst auf den eher Flachpassagen dem hohen Tempo Tribut zollen musste und letztlich fünf Minuten auf den Tagessieger einbüßte. „Das war auch Bestandteil meiner Taktik“, gestand Moritz auf der Heide, der erst eine Woche zuvor bei den Trailläufen an der Zugspitze als Zweiter (Marathon) und Dritter (Halbmarathon) laufstark unterwegs war.
Schon in einer Woche wird Moritz auf der Heide wieder die Laufschuhe schnüren, um beim Alpen X100 in Bozen die Kurzdistanz (68 km mit 4 300 Höhenmetern) ein weiteres hochkarätiges Rennen zu laufen. „Dies alles ist im Rahmen meiner Vorbereitung auf den CCC“, verrät Moritz auf der Heide vielsagend. Und meint damit den über 101 km und 6100 m Höhendifferenz führenden Trail im Rahmen des legendären Ultra Trail Tour du Mont Blanc.
Nicht zu bremsen war Michelle Maier, die mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit die 25 km lange Traildistanz als Gesamtsiebte in 2:27:19 Stunden zurücklegte und dabei auf Jessica Müller einen komfortablen Vorsprung von fast zwanzig Minuten herauslaufen konnte.
„Fast wäre ich bei einer Bergabpassage, die ich ehedem nicht liebe, falsch gelaufen. Zum Glück stand mein Trainer in der Nähe und hat mich schnell auf die Strecke zurückbeordert!“ gestand Michelle Maier, die mehr und mehr Gefallen an den langen Läufen findet und hier auch ihre Zukunft sieht. Obgleich sie bei den in einer Woche am Tegelberg in Füssen stattfindenden deutschen Meisterschaften auch auf einer Kurzdistanz nicht chancenlos im Kampf um die Medaillen ist.
Äußerst zufrieden mit dem großen Zuspruch des Events zeigte sich Erich Pühringer, Orga-Chef und Obmann des Triathlon Team Kleinwalsertal: „Wir sind überwältigt von der großartigen Resonanz und freuen uns, dass auch die kurzfristige Streckenverlegung von den Teilnehmern positiv angenommen wurde. Der Dank geht vor allem an die rund 120 freiwilligen Helfer sowie die Bergrettung, sie haben alle einen hervorragenden Job gemacht“, zog Erich Pühringer ein durchweg positives Fazit.
Die dritte Auflage kann kommen – dann aber hoffentlich ohne Beeinträchtigungen, denn Trailläufer sind (auch) Genussläufer, bei denen der Wettlauf um Zeiten und Plätze eher nachrangig ist.
Wilfried Raatz
Petition unterschreiben – Schreiben an das IOC – Julia Stepanowa für Rio:
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