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04
05
2011

Experten-Tipp: Von PD Dr. Georg Ebersbach, Chefarzt, Kliniken Beelitz GmbH, Neurologisches Fachkrankenhaus für Bewegungsstörun­­­gen/ Par­kinson

Raus aus dem Schneckenhaus – Sport bei Parkinson – ein Besuch der SG Handicap (www.sgh-berlin.de) – Von Klaus Weise in SPORT IN BERLIN

By GRR 0

Dass Sport bei Parkinson hilft, ist einstweilen hinlänglich belegt, auch, wenn es noch keine wissenschaftlich exakte Erklärung der Wechselwirkung gibt. Sportangebote gehören deshalb zur Behandlung. Der Parkinsonsport bei der SG Handicap in Berlin-Grunewald, einem 500-Mitglieder-Verein, ist eines der positiven Beispiele.

Jede Woche Mittwoch treffen sich in der Halle der Grunewaldschule 15 Betroffene, um unter der kompetenten Anleitung der mit Speziallizenz versehenen Kursleiterin Alexandra Wiedenhoeft anderthalb Stunden lang etwas für sich zu tun. Sie haben den wichtigsten Schritt hinter sich, auch, wenn oft eine Verordnung des Arztes dahinter steckt. Sie sind der Aufforderung gefolgt, die sich auf den werbenden Zetteln des Vereins findet: „Ziehen Sie sich nicht in Ihr Schneckenhaus zurück! Wir, die Sportgemeinschaft Handicap, laden Sie ein, etwas für die Beweglichkeit Ihres Körpers zu tun. Menschen, die Ihre Fähigkeiten nicht trainieren, werden diese mit der Zeit verlieren."

Das treffe so ziemlich den Kern der Sache, sagt Alexandra Wiederhoeft, die wunderbar leicht, locker, humorvoll und zugleich sehr gezielt und strukturiert mit ihrer Schar, die beim SiB-Besuch etwa zu zwei Dritteln aus Männer besteht, absolviert. Die Symptomatik ist deutlich unterschiedlich ausgeprägt, die Mittdreißigerin bekommt dennoch alle so unter einen Hut, dass sich jeder individuell betreut fühlt. Das Gruppenerlebnis spielt eine große Rolle, es wird nicht nur geübt und geschwitzt, sondern auch geredet und Erfahrungsaustausch betrieben. Beim Aufbau der Geräte packt die ganze Gruppe an. Manchmal sieht es unorthodox aus, aber der Weg ist das Ziel und die Kultur des Gemeinsamen macht Sinn.

Bei der Erwärmung verordnet Alexandra Wiedenhoeft große, ausladende und überbordende Bewegungen – „damit kann man den richtigen Mittelwert für den Einzelnen besser finden". Es folgen Streck- und Dehnübungen, Elemente an der Sprossenwand, Bodengymnastik, Koordinationsherausforderungen mit dem Schwungtuch, bei denen alle spürbaren Ehrgeiz entwickeln, Übungen zur Kräftigung der Armmuskulatur mit dem Hockeyschläger. Alexandra Wiedenhoeft leitet den Parkinsonsport schon seit acht Jahren, gar 14 Jahre ist sie im Verein. Sie hat Sportwissenschaft studiert und dabei ihre besondere Beziehung zum Gesundheitssport entdeckt. Ihr Kurs sei eine Art Mischform zwischen Selbsthilfe- und Sportgruppe", auch die soziale Zusammensetzung sei sehr heterogen.

Dass ihr Angebot Sinn macht, dass Sport und Bewegung wirken, davon ist sie über­­­zeugt. „Meine Leute stellen das an sich selbst fest, wenn der Kurs mal längere Zeit ausgefallen ist oder sie nicht teilnehmen konnten." Viele sind schon lange Zeit dabei und längst Vereinsmitglieder geworden. „Es ist viel gewonnen, wenn Betroffene ihr 'Versteck' verlassen."

Klaus Weise in SPORT IN BERLIN – April-Mai 2011

 

Experten-Tipp: Von PD Dr. Georg Ebersbach, Chefarzt, Kliniken Beelitz GmbH, Neurologisches Fachkrankenhaus für Bewegungsstörun­­­gen/ Par­kinson

Sport gegen Bewegungsverarmung – Parkinson und Sport – welche Verbindung gibt es?

Der Krankheitsverlauf kann durch körperliches Training positiv beeinflusst werden. Obwohl die wissenschaftliche Meinungsbildung zu diesem Punkt nicht abgeschlossen ist, gibt es deutliche Hinweise, dass intensive sportliche Betätigung vor der Entstehung einer Parkinson-Erkrankung schützen kann. In Laboruntersuchungen konnte die Wirkung körperlicher Betätigung auf die Überlebensfähigkeit von Nervenzellen nachgewiesen werden. Außerdem scheint regelmäßiger Sport auch günstigen Einfluss auf die Hirnleistung zu haben.

Welche Rolle spielt Sport in der Therapie von Parkinson-Erkrankungen?

Sport ist ein fester Bestandteil der Therapie in frühen und mittleren Krankheitsstadien. Besonders Laufbandtraining, Nordic Walking und Medizinische Trainingstherapie wurden in kontrollierten wissenschaftlichen Studien untersucht und haben sich als wirksam erwiesen.

Wie sollten Parkinson-Erkrankte Sport in ihren Alltag einbauen?

Realistisch ist eine durchschnittliche tägliche Übungsdauer von 20 bis 30 Minuten, wobei auch intensiveres Training mög­­­­lich und günstig ist. Neben spezifischen Angeboten gibt es gängige Sportarten wie Nordic Walking, Wassergymnastik oder Ballsportarten, die sich günstig auf die Bewegungsabläufe bei Parkinson auswirken können.

Was kann mit Sport erreicht werden?

Das Auftreten medikamentös nur schwer behandelbarer Probleme im Langzeitverlauf, wie Gang- und Gleichgewichtsstörungen, kann günstig beeinflusst werden. Außerdem wirkt Sport fortschreitender Bewegungsverarmung entgegen.

author: GRR

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