Schlaf ist zentral für unser Wohlbefinden. Doch die nötige Ruhe zu finden gestaltet sich oft nicht leicht. ©Universität Zürich - UZH - Bild: pixabay
Psychologie – Schlaflose Nächte – Universität Zürich – UZH – Fabio Schönholzer
Knapp dreissig Prozent der Zürcherinnen und Zürcher leiden an Schlafproblemen. Dies zeigt eine Studie des Psychiaters Wulf Rössler.
Die Kernursache? Stress.
Schlafmangel ist ein erhebliches Problem der öffentlichen Gesundheit: Einfach das Licht ausschalten und sich schlafen zu legen fällt vielen Menschen nicht leicht. Das hat Auswirkungen auf ihre Leistungsfähigkeit sowie ihr geistiges Wohlbefinden. Psychische Verstimmungen können wiederum den Schlaf verschlechtern.
Ein in der Psychologie anerkannter Teufelskreis, der auch in der Wirtschaft spürbar ist: Übermüdete Arbeitskräfte kosten gemäss einer US-Studie alleine in Deutschland jährlich fast 50 Milliarden Euro. So führt der Schlafmangel beispielsweise zu verringerter Aufmerksamkeit aufgrund von Tagesmüdigkeit, was wiederum zu Arbeitsunfällen führen kann.
Um Schlafstörungen bevölkerungsweit zu untersuchen, berücksichtigt die Forschung aber meist nur klinisch diagnostizierbare Störungen als Begleitsymptom psychischer Erkrankungen wie beispielsweise die Insomnie – Schlaflosigkeit. «Dadurch werden leichtere Schlafprobleme nicht abgedeckt, die ebenfalls Einfluss auf das geistige und seelische Wohlbefinden haben – und die Resultate lassen sich nicht auf die Gesamtbevölkerung übertragen», sagt Wulf Rössler, emeritierter Professor für Sozialpsychiatrie.
Aus der Vogelperspektive
Im Rahmen einer Studie des Zürcher Impulsprogramms zur nachhaltigen Entwicklung der Psychiatrie ZINEP erweitert Rössler den Blick auf die Schlafprobleme der Gesellschaft: Mit seinen Team befragte er rund 1'300 Zürcherinnen und Zürcher im Alter zwischen 20 und 43 zu ihrem Schlaf und allfälligen psychischen Verstimmungen. Aus den gesammelten Daten bildeten die Forschenden Kategorien zu unterschiedlichen Schlafproblemen und ordneten diesen die genannten psychischen Probleme zu.
Die im Journal «Comprehensive Psychiatry» veröffentlichte Studie zeigt, dass rund 28 Prozent der befragten Personen an Schlafproblemen leiden.
Dazu gehören Einschlaf- und Durchschlafstörungen (16 Prozent), verzögertes Einschlafen (6 Prozent) sowie schwere Schlafprobleme (6 Prozent). Generell sind mehrheitlich Frauen von den Schlafstörungen betroffen.
Mit der Forschung konnte aufgezeigt werden, dass die Störungen meist in Verbindung mit psychischen Verstimmungen und nur selten alleine auftreten: «Eine zentrale Ursache für alle untersuchten Schlafprobleme sind psychische Belastungen wie beispielsweise Stress», sagt Rössler. Insbesondere Personen, die an Ein- und Durchschlafproblemen leidet, zeigten oft Merkmale von Burnout, Ängstlichkeit und Neurosen. Dieses Gemisch aus Stress und psychischen Problemen verhindere einen erholsamen Schlaf.
Leistungsdruck und Jobunsicherheit
Solche stressbedingten Einschlafstörungen werden weiter zunehmen, ist sich Rössler sicher: «Acht Stunden Freizeit, acht Stunden Arbeit, acht Stunden Schlaf – das funktioniert in der heutigen Arbeitswelt nicht mehr.» Denn der Stress beginne bereits am frühen Morgen: Schon auf dem Weg zur Arbeit wird man dem Dichtestress ausgesetzt – Viele Menschen, überfüllte Busse, kein freier Sitzplatz im Zug. Am Arbeitsplatz angekommen nagen Leistungsdruck und Jobunsicherheit weiter an der Psyche. Nach Feierabend in der eigenen Wohnung wird das Abschalten durch die ständige Erreichbarkeit via Smartphone und E-Mail verhindert. Der Stress wird mit nach Hause genommen.
Schäfchen zählen
Um ihren Schlaf zu verbessern, greifen viele Menschen zu Alkohol oder Medikamenten – mit unguten Folgen: das Einschlafen wird so vielleicht erleichtert, aber die eigentliche Schlafqualität beeinträchtigt. «Man muss sich darüber im Klaren sein, dass solche Mittel oftmals nicht die richtige Lösung sind», sagt Rössler. Ärztinnen und Ärzte würden häufig zu schnell Schlafmittel verschreiben. Damit werde aber oft nur das Symptom statt die Ursache bekämpft. Rössler fordert ein Umdenken: «Ärzte müssen mehr auf die Gründe der Schlafprobleme eingehen».
Bei Stress seien beispielsweise eine Auseinandersetzung mit der Alltagsstruktur der Patienten sowie Strategien zur Stressreduktion wichtige Ansätze.
«Bett ist nur zum Schlafen da»
Für einen guten Schlaf muss vor dem Einschlafen eine gewisse Entspannung eintreten, sagt Rössler. Keine Arbeit bis spät in die Nacht also, und auch keine Arbeit im Bett: «Das Bett selbst ist nur zum Schlafen da – und für die Liebe», sagt er augenzwinkernd.
Weiter soll auch das Schlafzimmer gut abgedunkelt sein, um die ausreichende Produktion des Schlafhormons Melatonin sicher zu stellen. «Der Rhythmus von Licht und Dunkelheit ist sehr wichtig für den Schlaf», erklärt Rössler.