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11
02
2009

Zur Elite im Sport zu gehören ist ein Privileg. Begabt zu sein aber ist nichts Exklusives, wenn man nicht im Kampf gegen die Besten besteht. Elite ist Voraussetzung und verlangt Bewusstsein wenn daraus Erfolg werden soll.

Psychische Wettkampfeigenschaften können nur so gut sein wie die physischen Voraussetzungen – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy

By GRR 0

(© Lothar Pöhlitz) – Im komplexen Prozess der Entwicklung sportlicher Spitzenleistungen kommt der Ausprägung disziplinspezifischer psychischer Voraussetzungen im Training eine nicht unbedeutende Rolle zu. Sportler und Trainer entscheiden durch die Qualität der Belastungsbewältigung von bestimmten, qualitativ hochwertigen Trainingsbelastungen wie gut Einstellungen und die psychische Entwicklung der Persönlichkeit in wichtige Wettkämpfe transferiert werden können.

In diesem Zusammenhang kommt der Auswahl von Trainingsformen (Trainingsmitteln), der Qualität ihrer Bewältigung und der Dichte ihrer Wiederholung in entscheidenden Phasen der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung eine große Bedeutung zu. Reichen die physischen Voraussetzungen für die gedachte Belastung nicht aus, bleibt auch die Ausprägung der psychischen Wettkampfeigenschaften erfolglos. Die höchste Wirkung wird im Mittel- und Langstreckenlauf erzielt, wenn Geschwindigkeit und Belastungsdauer in solchen TE dem Zielwettkampf nahe sind.

Am Beispiel der deutschen Leichtathletik bei den Olympischen Spielen 2008 lässt sich erkennen, dass auch Psychologen im Team den Sportlern eine Siegermentalität, unerwartete Leistungssteigerungen nicht in den Kopf „einpflanzen“ können, wenn die physischen Voraussetzungen für eine bestimmte Leistung nicht vorhanden sind.

Deshalb müssen Trainer und ihre Athleten schon sehr früh, möglichst parallel zur physischen Entwicklung beginnen, die für eine erfolgreiche Bewältigung von Wettkämpfen hilfreichen psychischen Einstellungen zu erarbeiten.

Die Entwicklung von Einstellungen ist an wettkampfnahe Belastungen gebunden

Die Entwicklung von Einstellungen und Überzeugungen wird von der Trainingsbelastung, von Trainingsmethoden, von der Intensität und Dauer von einwirkenden Reizen und ihrer Position im Jahrestrainingsaufbau bestimmt. Dabei ist zu bedenken, dass im Laufen und Gehen bewußtseinsmäßige Veränderungen durch unterschiedliche trainingsmethodische Anforderungen (z.B. Trainingsprogramme mit gleich bleibender oder ansteigender Geschwindigkeit, mit Tempowechsel- oder Endbeschleunigungen, im profiliertem Gelände, mit Trab- oder Laufpausen usw.) auch unterschiedliche Wirkung hinterlassen.

Eine Vorbereitung auf Wettkampfhöhepunkte mit individuell grenzwertigen Anforderungen und die Ausprägung der dafür notwendigen Überzeugungen setzt voraus, das Training zielstrebig und bewusst auch für die Entwicklung der leistungsbestimmenden psychischen Wettkampfeigenschaften zu nutzen. Der Athlet muss sich im Training und in Aufbauwettkämpfen mit hohem Anspruch das notwendige Vertrauen in seine physische und psychische Leistungsfähigkeit erwerben.

Wie gut das gelingt hängt vom Grad der Realisierung, seinen physischen Fähigkeiten, seinen Überzeugungen, Einstellungen und den bis dahin ausgeprägten Willensqualitäten ab und in wie weit er bereit ist, sich auch im Training wiederholt grenzwertig zu fordern und zu mobilisieren. Dazu gehört auch sich nicht nur Bewährungssituationen zu stellen, sondern auch mit Konzentration und Härte um eine bestmögliche Erledigung der Aufgaben (Möglichkeiten: erfüllen und auch mal übererfüllen) zu kämpfen.

Lerne aus Fehlern, übe besser und der Fortschritt kommt.

Wichtig ist, dass Sportler und Trainer gemeinsam an der Ausprägung der psychischen Wettkampfeigenschaften mit aller Konsequenz arbeiten. Das ist ein langfristiger pädagogischer Prozeß, in dem möglichst frühzeitig solche Eigenschaften wie der Anspruch an die jährliche Zielleistung, eine disziplinierte Vorbereitung und Bewältigung der Aufgaben im Training und bei Wettkämpfen, der Aufbau des Selbstvertrauens durch überzeugende Trainingsleistungen und der Anerziehung einer erforderlichen individuellen Härte und Durchhaltefähigkeit, um bestimmte Trainings- und Wettkampfaufgaben auch positiv lösen zu können.

Die Qualität der individuellen Anforderungsbewältigung entscheidet über den Grad der Ausprägung nicht nur der physischen sondern vor allem auch der psychischen Voraussetzungen für echte Leistungsfortschritte.

Im Training können nur solche Aufgaben zur Schulung der psychischen Wettkampfeigenschaften gestellt werden, die auf Grund der vorhandenen physischen Voraussetzungen auch bewältigt werden können.

Deshalb ist wichtig, dass quantitative Trainingsanforderungen immer mit qualitativen Parametern verbunden werden. Dies ist auch für eine Bewertung des absolvierten Trainings durch den Trainer wichtig, weil nur dadurch den Sportler die umfassende Erfüllung der Trainingsaufgaben bewusst gemacht werden kann.
Die Psyche – ein wichtiger leistungsbestimmender Faktor

Neben der Kondition, der Technik und der Taktik ist bekanntlich der Psyche ein wesentlicher Anteil an einer Wettkampfleistung zuzuschreiben. Unter diesem Gesichtspunkt muß eine Ausprägung von psychischen Wettkampfeigenschaften innerhalb eines längerfristigen Prozesses zielgerichtet, systematisch und durch vielfaches üben mit prognoseorientierten Qualitäten erfolgen. Aus den Disziplinanforderungen im Wettkampf müssen sich auch die spezifischen Einstellungen und die Anforderungen für das Training ableiten.

Eine solche Anforderungsstruktur für den Lauf beinhaltet beispielsweise:

    * die Konzentrationsfähigkeit
    * ein möglichst hohes Anspruchsniveau
    * das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit (Selbstvertrauen)
    * eine hohe kämpferische Trainings- und Wettkampfeinstellung
    * Durchhaltefähigkeit (vor allem im letzten Drittel der TE)
    * Mobilisationsfähigkeit in Endphasen
    * Härte bei grenzwertigen Geschwindigkeiten (Einstellung)
    * Konsequente Vorbereitung auf Training und Wettkämpfe
    * risikobereite, offensive Laufgestaltung
    * Konzentration auf eine möglichst leichte Bewältigung des Rhythmuswechsels im Hindernislauf über die    Dauer des Wettkampfes
    * Konzentration auf eine gehgerechte Technik nicht nur bei schnellen, sondern auch bei grenzwertigen langandauernden Geschwindigkeiten

Die Vielfalt der Aufgaben lässt es nicht zu, sie nur in den relativ kurzen Zeiträumen der wettkampfspezifischen Vorbereitung lösen zu wollen. Vielmehr sollten langfristig – vorbereitend Härte, Steigerungsfähigkeit und Durchhaltefähigkeit in immer neuen Bewährungssituationen in Verbindung mit hohen Ansprüchen z.B. in der Dauer der Anforderungen erlernt werden. Anspruchsvolle Formen des Tempowechseltrainings, Überdistanzen oder Aufbau – Wettkämpfe, bei Qualitäts-Dauerläufen, aber auch Cirkel-Trainings oder Berganläufen sind geeignete Mittel für Läufer und Geher diese Fähigkeiten auszubilden.

Besessenheit, Wille und Leidenschaft sind Voraussetzungen, wenn man eines Tages zu den Großen des Sports gehören will

Die Sportler müssen die Trainingsinhalte verstehen und bewusst realisieren wollen

Sportler im Hochleistungstraining müssen sich mit hohen Belastungsanforderungen identifizieren und bereit sein mit allen möglichen Konsequenzen im gesamten Trainingsjahr um ihre Realisierung zu kämpfen. Eine solche bewusste Mitarbeit setzt Kenntnisse zum trainingsmethodischen Vorgehen und den Zielen in einzelnen, vor allem anspruchsvollen Trainingseinheiten voraus.

In meiner langjährigen Trainingspraxis begegneten mir immer wieder Trainer und Athleten, die sich nicht bewusst waren, welche hohen Anforderungen im Training (Geschwindigkeiten über die Streckenlänge) mit ihren Leistungszielen verbunden waren.

Gegenwärtig kommt einer veränderten Einstellung zur Komplexität des Trainings, zu einer individuell echten Belastungssteigerung und zur Qualität des Trainings eine zentrale Bedeutung zu. Willen und Bereitschaft erhöhte Anforderungen in einer solchen Richtung bewältigen zu wollen muss vor allem der Beitrag des Sportlers, die notwendige Überzeugung von der Richtigkeit der Trainingskonzeption der Beitrag des Trainers sein. Aber nur konkrete Forderungen und eine wiederholte hohe Konsequenz bei ihrer Durchsetzung (Anweisungen, Kontrolle, Impulse, Korrekturen, realistische Bewertungen, Kritik, Videoarbeit etc.) motivieren auch zum positiven Handeln im Wettkampf. Versteht aber der Sportler nicht was er verändern soll, werden auch mehrfach wiederholte Versuche nicht zum Ziel führen.

Lob und Belohnungen sind dann angebracht, wenn die Lösung einer Aufgabe besser gelungen ist als erwartet – die Herausforderung positiv bewältigt wurde!

Belastungsbereitschaft – Trainingsvorbereitung – Schwerpunkt – TE

In der Trainingspraxis lässt sich immer wieder beobachten, dass die Qualität einer Trainingseinheit wesentlich von der Vorbereitung auf die jeweiligen Inhalte abhängt. Für die Vorbereitung auf Schnelligkeits-, Schnellkraft- oder Ausdaueranforderungen in unterschiedlichen Qualitäten sollten mit dem Sportler gemeinsam auch unterschiedliche Vorbereitungsprogramme erarbeitet und angewandt werden.

Grenzwertige Belastungsprogramme lassen Fortschritte in der Ausschöpfung psychischer Wettkampfeigenschaften nur zu, wenn auch die Einstellung, die aktuelle Vorbereitung und die Mobilisationsbereitschaft vorhanden sind die jeweiligen Trainingsformen wirkungsvoll (zu 100 %) für die Ausbildung der psychischen Eigenschaften zu nutzen, die im Wettkampf als Voraussetzung für den Erfolg gebraucht werden.

Eine positive Einstellung – Liebe ! – zu bestimmten Trainingsformen prägt sich nur dann aus, wenn die Sportler merken, dass sie die damit verbundenen Bewährungssituationen immer wieder und immer besser bewältigen können. Trainingseinheiten die die Sportler „hassen“ haben meist die größte Auswirkung auf eine individuellen Schwachstellenbeseitigung und damit auf den Leistungsfortschritt.

Sportliche Spitzenleistungen sind abhängig von den psychophysischen Talent-Voraussetzungen und seiner Ausprägung, erfordern einen individuell frühen Trainingsbeginn und eine möglichst optimale Nutzung der anlagebedingten Möglichkeiten.

„Bleib immer am Gas, die Bremse ist im Kopf“ – Niki Lauda


Erfolg oder Misserfolg hängen auch von realistischen Zielen ab

Siege oder Niederlagen werden in der Regel nur dann als Erfolg oder Misserfolg vom Athleten eingestuft, wenn das sportliche Ziel realistisch war und das Ergebnis dem entsprach, was der Sportler zu erreichen für möglich hielt. So wird er/sie es als Erfolg ansehen, wenn die erzielte Leistung im Bereich der Erwartungen oder besser lag, als Misserfolg (bis zum Versagen) wenn die Leistung hinter den Erwartungen zurück geblieben ist. Unter diesem Gesichtspunkten haben „Erfolge“ – auch im Training – für eine kontinuierliche, ungestörte Fortsetzung des Ausbildungsprozesses bis zum „dabeibleiben“ oft große Auswirkungen. Misserfolgserlebnisse können zu Lustlosigkeit, Motivationsverlust im Training und Stagnation führen. Die Abbildung gibt eine Übersicht über mögliche Zusammenhänge und psychische Auswirkungen auf Training und Wettkämpfe:

Leistungserwartung

Vorrangig für einen positiven Fortgang der Ausbildung ist die möglichst oftmalige Schaffung von kleinen bis großen Erfolgserlebnissen. Dies setzt voraus, sowohl Unter- als auch Überforderungen möglichst zu vermeiden. Im Mittelpunkt sollen deshalb für den Sportler lösbare Trainingsaufgaben und für den Wettkampf realistische Leistungsziele stehen. Eine Belastungsverarbeitung verläuft vor allem dann positiv, wenn die psychische Verfassung des Sportlers gut ist und er auch aus seinem privaten und beruflichen Umfeld keine Störungen mit ins Training oder in den Wettkampf bringt.

Nach dem Wettkampf ist vor dem nächsten Training

Auch wenn der Trainer im Wettkampf psychisch genauso, oftmals sogar stärker belastet ist als sein Athlet, muss man von ihm erwarten, dass er sowohl beim Coaching innerhalb des Wettkampfes, als auch nach dem Wettkampf seine Gefühle und Emotionen, seinen beabsichtigten Einfluß psychologisch so geschickt nutzt, dass dadurch für den Sportler keine zusätzlichen, oft unlösbaren Aufgaben im oder im Zusammenhang mit dem Wettkampf entstehen. Während des Wettkampfes sollten deshalb nur solche Informationen zugerufen werden, die sich für das Wettkampfergebnis entscheidend positiv auswirken können und auf die der Sportler auch reagieren kann, d.h. er von seinen physischen Voraussetzungen auch dazu in der Lage ist.

Wählen sie die möglichst nur eine wichtigste Information aus und rufen sie sie ihrem Sportler zu, solange er noch aufnahmefähig ist. Mehrere Informationen lassen sich sowieso nicht im Wettkampf in sehr kurzer Zeit verarbeiten. Dabei müssen Hinweise kurz und klar und als Handlungsanweisung für den Sportler bekannt sein. In unerwartet schwierigen Situationen sind Aufmunterungen besser als Beschimpfungen.
Oft ist es besser erst eine Nacht die Niederlage zu „überschlafen“

Unabhängig ob das Ergebnis gut oder schlecht war. Mit dem Zieleinlauf ist der Wettkampf auch psychologisch noch lange nicht beendet. Ob Sieg oder Niederlage, sollte der Trainer immer einen klaren Kopf behalten, die Lage sachlich und möglichst kühl mit Besonnenheit analysieren um mit Abstand die richtigen Worte zu finden. Nicht jeder Sieg sollte zur Euphorie Anlaß sein, nicht jede Niederlage hat ihre Ursachen im Fehler der Sportler. Selbst fehlerhaftes Verhalten des jungen Sportlers und Enttäuschungen dürfen nicht dazu führen den Sportler zu beschimpfen, ihn mit Worten vielleicht sogar zu verletzen.

Gehen sie besser erst eine Runde im Stadion oder verschieben besser eine gründliche Analyse auf morgen wenn sie erst eine Nacht darüber geschlafen haben. Ihre Aufgabe ist, dem Sportler zu helfen mit seiner eigenen Enttäuschung fertig zu werden, sich neu zu motivieren um neue Ziele vielleicht schon im nächsten wichtigen Training ins Auge zu fassen. Je kürzer es bis zum nächsten Wettkampf ist, umso bedeutender ist das psychologische Fingerspitzengefühl bei der Auswertung des vorangegangenen Wettkampfes und der Vermittlung der notwendigen Aufgaben für die nächsten Trainingseinheiten.

Fazit: Die Herausbildung von wettkampfspezifischen psychischen Eigenschaften wird bestimmt von der Komplexität in den Anforderungen im Verhältnis zu den Wettkampfanforderungen der Spezialdisziplin.

Dabei ist die Einheit von Geschwindigkeit und Streckenlängen im Verhältnis zur Wettkampfstruktur außerordentlich bedeutsam. Eine besondere Stellung nehmen dabei die Belastungsdauer, die individuellen Ermüdungsphasen und die kritischen Momente innerhalb des Wettkampfes ein. Deshalb müssen die Sportler im Training durch eine positive bis aggressive Einstellung gegenüber solchen Trainingsformen erleben, dass sie die damit verbundenen Bewährungssituationen erfolgreich bewältigen können.

Ohne wiederholtes Üben sind Fortschritte auch im Kopf schwer zu manifestieren. Eine realistische Bewertung der erbrachten Leistungen und des Verhaltens durch den Trainer sowie mit Konsequenz durchgesetzte Belastungen sind Grundvoraussetzungen zum Aufbau des Selbstvertrauens.

Zur Elite im Sport zu gehören ist ein Privileg. Begabt zu sein aber ist nichts Exklusives, wenn man nicht im Kampf gegen die Besten besteht. Elite ist Voraussetzung und verlangt Bewusstsein wenn daraus Erfolg werden soll.

So z.B. ist eine Eliteschule des Sports nur eine Chance für den Einzelnen für später. Die Arbeit muss jeder zuerst selbst tun.

© Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy

Leichtathletik Coaching-Academy

 

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