2020 Tokyo Olympic Games - Tokyo, Japan July 29-August 8, 2021 Photo: Giancarlo Colombo@PhotoRun Victah1111@aol.com .photorun.NET
PotAs-Analyse des DOSB bestätigt Kritik am DLV – Kommentar zur PotAs-Analyse des DLV von Dr. Wolfgang Blödorn
Der Jubel beim DLV war groß als die PotAs-Kommission ihre PotAs-Analyse der Sommersportarten vorlegte. In der Rangliste der Sommersportarten wird die Leichtathletik auf Platz Eins geführt.
Dabei hatte es in der letzten Zeit deutliche Kritik an den sportlichen Erfolgen am DLV gegeben. Wie kann diese Diskrepanz zwischen dem Ergebnis der PotAs-Analyse und der Kritik erklärt werden? War der Jubel des DLV berechtigt und lagen die Kritiker falsch?
Die PotAs-Analyse basiert auf drei Säulen mit dreizehn Hauptattributen. Die Säulen sind Erfolg (Hauptattribute 1-3), Kaderpotential (Hauptattribut 4) und Struktur (Hauptattribute 5-13). Das Ergebnis für die Leichtathletik gibt folgende Abbildung der PotAs-Analyse wider.
Abbildung: Mittelwerte der Hauptattribute des DLV (Quelle: PotAs-Kommission)
Es zeigt sich in der Abbildung der PotAs-Kommission sehr deutlich, der DLV ist im Kaderpotenzial (Säule 2) und in der Struktur (Säule 3) gut bis sehr gut. In der Säule Erfolg mit den ersten drei Hauptattributen, welche den sportlichen Erfolg abbilden, mehr als unterdurchschnittlich.
So erzielte der DLV im Hauptattribut 1 (Olympische Erfolge) bei den Olympischen Spiele das sichtbar schwächste Ergebnis in der PotAs-Analyse. Lediglich 19,01 Prozent des Referenzwertes von 100 wurden in der offiziellen Nationenwertung erreicht.
Das DLV-Ergebnis wäre hier mit der Schulnote ungenügend, sechs, zu beurteilen!
Das Hauptattribut 2 (Qualifikation für die Olympischen Spiele) ist mit maximal einem Befriedigend, drei, zu bewerten. 90 Athleten wurden vom DLV für die Olympischen Spiele in Tokio nominiert. Diese große Anzahl von Nominierten reichte für Platz elf in der offiziellen Nationenwertung der Leichtathletik. So darf man festhalten, dass der DLV über eine relativ große Breite an Leichtathleten mit einer Olympiaqualifikation verfügt, in der breiten Spitze dennoch große Defizite vorliegen.
Hauptattribut 3 (Vorolympische Erfolge) wiederum ist schulnotenmäßig mit mangelhaft, fünf, zu beurteilen. Unklar in der PotAs-Analyse ist, welche internationalen Wettbewerbe hier vom DLV oder DOSB festgelegt worden waren. So besteht in der durchschnittlichen Erfüllungsquote eine Unsicherheit zur Qualität des Hauptattributes 3.
Überraschend für aufmerksame Beobachter der Leichtathletik in Deutschland ist die 100prozentige Erfüllungsquote des Hauptattributes 4 (Kaderpotenzial) mit der Abschätzung des Medaillenpotenzials für die nächsten Olympischen Spiele 2024. Die Rangplätze in der Weltrangliste 2021 sprechen da eine ganz andere Sprache. Nur fünf Athleten finden sich dort unter den ersten Acht. Weitere zwei unter den ersten Zehn. Wenn dies die bescheidenen Ansprüche des DOSB in der Erfolgsquote ist – unter fünf Prozent der Medaillen in der Leichtathletik zu gewinnen – okay.
Weiterhin ist unter dem Aspekt des Kaderpotenzial auch noch die hohe Drop-Out-Quote der Nachwuchsathleten mit einzubeziehen.
Stammt die Einschätzung des Medaillenpotenzials vom DOSB oder ist es eine Selbsteinschätzung des DLV? Der Vorsitzende der PotAs-Kommission, Prof. Dr. Urs Granach, sagte dazu im Rahmen der Veröffentlichung der PotAs-Analyse: „Medaillen und individuelle Karriereverläufe einzelner AthletInnen werden durch die PotAs-Kommission ausdrücklich nicht prognostiziert.“
Vor dem Hintergrund dieser Aussage darf man annehmen, die Medailleneinschätzung wurde vom DLV vorgenommen. Dieser dürfte allerdings im Zusammenhang mit der PotAs-Analyse ein Interesse an einer guten Einschätzung besitzen. Der DLV wird sich bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 an dieser Einschätzung messen lassen müssen!
Grundsätzlich bestätigt die PotAs-Kommission damit die an den DLV vorgebrachte Kritik von Mallow, Blödorn und Anderen an den sportlichen Erfolgen (Hauptattribute 1 bis 3) des DLV sehr nachdrücklich!
Der DLV jubelt womöglich auf dem falschen Fuß: Die Verwaltung ist gut, die aber für einen Spitzensportverband viel wichtigeren sportlichen Ergebnisse sind überhaupt nicht zufriedenstellend! Vielleicht liege ich ja falsch mit der Annahme, dass es im Leistungssport in erster Linie auf die sportlichen Erfolge ankommt. Hierfür hat die Verwaltung Zubringeleistungen in der Struktur (Hauptattribute 5 bis 13) zu erfüllen.
In diesem Zusammenhang bleibt zu hinterfragen, aus welchen Gründen die gute Struktur im DLV nicht auf die sportlichen Leistungen durchgeschlagen ist und welche berechtigten Annahmen für ein Durchschlagen in der Zukunft bestehen.
Wenn die gute Strukturbewertung des DLV vornehmlich aus den Selbstauskünften des DLV besteht, wäre die DLV-Führung in Zukunft unter hohem Erwartungsdruck. Der DLV hat der Öffentlichkeit, die ihn mit Steuergeldern üppig unterstützt, zu erklären, wie er in der Zukunft die sportlichen Erfolge der Struktur anpassen will.
Man darf auf diese Erklärung und die Erfolge bei den Weltmeisterschaften 2022 in Paris gespannt sein. Erfolge bei der Heim-Europameisterschaft in München können da nur einen kleinen Hinweis geben.
Dr. Wolfgang Blödorn
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