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20
09
2008

Diese Paralympics sind das Fest des Oscar Pistorius, 21. Wie hätte es anders kommen können? Seit vergangenem Jahr ist er der berühmteste Behindertensportler der Welt

Paralympics Peking 2008: High-Tech gewinnt – Mit der Kraft der zwei Federn – Diskussion über technische Hilfsmittel: Der 200-m-Sieg von Oscar Pistorius zeigt eine paralympische Ungerechtigkeit. Von Thomas Hahn in der Süddeutschen Zeitung

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Jim Bob Bizzell aus Odessa/Texas findet seine Behinderung cool, zumindest soll es so wirken, wenn er in schnellen Worten seinen wilden Ritt vom Krüppel zum Spitzensportler nacherzählt. Im Frühjahr 2007 ereignete sich der Motorradunfall, bei dem er seinen linken Unterschenkel verlor. Zwei Tage nach der Amputation saß er im Krankenhaus und eröffnete Familie und Freunden, dass er, bisher 400-Meter-Läufer für die McMurry-Universität in Abilene, demnächst wieder rennen werde.

Bald darauf sprach ein Freund über die Paralympics. "Paralympics?", fragte Bizzell, 22, "wie schreibt man das?" Und nun, 17 Monate später, hat er bei den Pekinger Behinderten-Weltspielen in 22,62 Sekunden über 200 Meter in der Sportklasse T44 für Unterschenkelamputierte Silber gewonnen und sich zur Bedrohung für den zweifach amputierten Spiele-Liebling Oscar Pistorius aus Südafrika erklärt, der in 21,67 Sekunden Gold gewann. Wobei Jim Bob Bizzell etwas zugestehen muss. Über 400 Meter hat er keine Chance gegen Pistorius, "wenn man bedenkt, dass ich eine Prothese habe und er zwei hat".

Diese Paralympics sind das Fest des Oscar Pistorius, 21. Wie hätte es anders kommen können? Seit vergangenem Jahr ist er der berühmteste Behindertensportler der Welt, was nicht nur an seinen kühnen Sprints auf zwei dünnen Karbonfüßen liegt, sondern an einem Prozess, den er früher im Jahr gegen den Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) gewonnen hat. Pistorius hatte sich über 400 Meter für Olympia qualifizieren wollen, die IAAF verbot es, weil Pistorius' Prothesenlauf nicht vergleichbar sei mit einem Lauf auf Menschenbeinen.

Pistorius klagte und der Internationale Sportgerichtshof Cas gab ihm recht. Zu Olympia schaffte es Pistorius dann nicht, aber als paralympischer Märtyrer war er gestärkt, und bei den paralympischen Leichtathletik-Wettkämpfen im Vogelnest, die vor lauter Sportklassen heillos unübersichtlich sind, ist er der Orientierungspunkt fürs Massenpublikum.

Pistorius, der Sportprofi und Werbemillionär, ist ein überzeugender Paralympier. Geduldig gibt er sich dem bisschen Rummel hin, den er entfacht und der für Behindertensport-Verhältnisse ein ausgewachsener Hype ist. Er gibt geschliffene Interviews, lacht, begrüßt seine Fragesteller mit Handschlag, ist ganz der zuvorkommende, strahlende Junge, den sich Paralympier als Botschafter wünschen. "Paralympischer Sport bekommt immer mehr Anerkennung", sagt er, "wenn ich dazu beitragen kann, bin ich glücklich."

Schon über 100 Meter hat er gewonnen, als er nach einem verkorksten Start noch so beschleunigen konnte, dass er den einfach amputierten Amerikaner Jerome Singleton mit 11,17 zu 11,20 Sekunden niederrang.

Thomas Hahn in der Süddeutschen Zeitung, Dienstag, dem 16. September 2008

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