Maracanã - Olympisches Stadion Joáo Havelange Impressionen von Tag 2 der Leichtathletik Finale 100m T36 Claudia Nicoleitzik (GER) vom TV Püttlingen/Saarland [Paralympische Klassifizierung: TF36] Credit:Ralf Kuckuck
Paralympic Rio 2016 – Claudia Nicoleitzik gewinnt Silber über 100 Meter – Frances Herrmann gewinnt Bronze im Speerwurf – Felix Streng gewinnt Bronze über 100 Meter
Claudia Nicoleitzik hat bei den Paralympics in Rio de Janeiro (Brasilien) Silber über die 100 Meter der Klasse T36 gewonnen.
Die 26-jährige Saarländerin, die von Evi Raubuch trainiert wird und für den TV Püttlingen startet, sprintete in persönlicher Bestleistung von 14,64 Sekunden ins Ziel. Schon im Vorlauf hatte sie in 14,71 Sekunden ihren eigenen Rekord unterboten und war mit der drittschnellsten Zeit ins Finale eingezogen. „Als ich auf die Anzeigetafel geschaut habe, war ich sehr überrascht über die Zeit“, sagte Nicoleitzik glücklich.
In einem dramatischen Rennen lag sie zur Hälfte auf Platz vier, dann strauchelte die Brasilianerin Tascitha Oliveira Cruz und Nicoleitzik erkämpfte mit einem starken Finish sogar noch die Silbermedaille. „Als ich gemerkt habe, dass ich Vierte bin, dachte ich schon kurzzeitig: Keine Medaille, das ist schade. Aber dann habe ich mich reingekämpft und zum Ende lief es besser.“
Paralympics-Siegerin wurde die Argentinierin Yanina Andrea Martinez 14,46 Sekunden, Bronze holte die Kolumbianerin Martha Liliana Hernandez Florian in 14,71 Sekunden.
Für Nicoleitzik, deren jüngere Schwester Nicole in Rio ebenfalls startet, ist es schon die fünfte Medaille bei Paralympischen Spielen. In Peking (China) 2008 gewann sie zwei Mal Silber, in London (Großbritannien) 2012 zwei Mal Bronze.
Schon am Dienstag hat sie über 200 Meter die nächste gute Chance auf eine Medaille, wenn sie sich am Montag für das Finale qualifizieren kann. „Da kommt dann noch eine Chinesin dazu, die heute nicht dabei war. Mein Ziel ist es soweit wie möglich nach vorne zu laufen.“ Am Donnerstag läuft sie in der 4×100-Meter-Staffel der Klassen T35-T38.
Einen konkreten Feierplan hatte sie unmittelbar nach dem Rennen nicht: „Wir haben gestern nur darüber gesprochen, wie schwer es werden würde, eine Medaille zu gewinnen, weil so viele Mädels so stark sind. Dass es jetzt geklappt hat, ist umso schöner.“
Frances Herrmann gewinnt Bronze im Speerwurf – 27-Jährige behält in undurchsichtigem Wettkampf die Nerven
Frances Herrmann hat bei den Paralympics in Rio de Janeiro (Brasilien) im Speerwerfen der Klasse F34 Bronze gewonnen und damit nach Diskus-Silber 2008 in Peking (China) ihre zweite paralympische Medaille gewonnen. Die 27-Jährige, die für den BPRSV Cottbus startet und von Ralf Paulo trainiert wird, warf den Speer im dritten Versuch auf 18,16 Meter und sicherte sich damit Bronze, musste aber lange warten, bis das bestätigt war: „Es war ein bisschen schade, dass wir gar nicht wussten, wer wann wirft und in welcher Reihenfolge. Das war alles nicht durchsichtig.“
Mit der Medaille war Herrmann dann glücklich, nicht aber unbedingt mit der Weite, schließlich war sie mit einer Bestleistung von 18,40 Meter angereist. „Ich hätte gerne in die Nähe meiner Bestweite geworfen, vielleicht wäre dann sogar Silber drin gewesen, aber wer weiß das schon.“ So holte die Sozialarbeiterin wie bei der WM 2015 in Doha (Katar) Bronze und hatte dann nur ein Ziel: „Ich will zu meinem Trainer Ralf Paulo – denn er ist am Wichtigsten.“
Gold ging mit Weltrekord von 21,86 Metern an die Chinesin Lijuan Zou, Silber an die Finnin Marjaana Heikkinen mit 18,42 Metern.
Am Mittwoch steht für Herrmann nun noch das Kugelstoßen an: „Ich bin jetzt erstmal glücklich mit meiner Medaille, im Kugelstoßen sind die Erfolgsaussichten ja nicht so groß wie mit dem Speer.“
Katrin Müller-Rottgardt und Sebastian Fricke holen Bronze – 34-Jährige und ihr Guide überraschen als Drittplatzierte
Katrin Müller-Rottgardt hat mit ihrem Guide Sebastian Fricke bei den Paralympics im brasilianischen Rio de Janeiro Bronze über die 100 Meter der Klasse T12 gewonnen. Die 34-Jährige, die für den TV Wattenscheid startet und von Simone Lüth trainiert wird, sprintete in persönlicher Bestleistung von 11,99 Sekunden ins Ziel, nachdem sie schon im Vorlauf in 12,11 Sekunden eine starke Leistung gezeigt hatte.
Eine besondere Bedeutung kam dem Sieg für beide zu, weil sie erstmals unter zwölf Sekunden laufen konnten. „Geträumt und gehofft habe ich, dass es hier in Rio klappt, weil wir einfach gut in Form waren. Aber dass es geklappt hat, ist Wahnsinn“, sagte Müller-Rottgardt ungläubig.
Von Beginn an war sie mit Fricke auf Rang drei, während vorne die Kubaner Omara Durand und Yuniol Kindelan in 11,48 Sekunden Weltrekord liefen. Silber ging an Elena Chebanu und Hakim Ibrahimov aus Aserbaidschan in 11,79 Sekunden. „Ich habe von Anfang an gar nicht gewusst, wievielte wir sind“, sagte Sebastian Fricke, dem Tränen in den Augen standen und der immer wieder den Kopf schüttelte: „Erst im Ziel habe ich dann realisiert, dass wir Dritter sind, aber noch abgewartet, bis ich was sage. Das wäre ja fatal gewesen, wenn ich eine Platzierung gesagt hätte, die nicht stimmt.“
Bei den Paralympics 2004 in Athen (Griechenland) hatte Müller-Rottgardt sich über 100 und 400 Meter jeweils mit dem vierten Platz begnügen müssen, 2008 in Peking (China) blieb ihr nur Platz acht über 100 Meter. Umso glücklicher war sie, dass es jetzt geklappt hat: „Uns hat sicherlich in die Karten gespielt, dass im Vorlauf eine starke Ukrainerin disqualifiziert wurde, das hat unsere Chancen gesteigert.“
Im Moment ihres größten sportlichen Erfolgs dankte sie auch ihrem Guide Sebastian Fricke, der emotional sichtlich mitgenommen war: „Er ist einfach extrem wichtig. Er ist im Grunde genommen meine Augen extrem wichtig für die Orientierung und dafür, dass wir in der Bahn bleiben. Ohne ihn wäre diese Leistung nicht möglich.“
Der Brasilianerin Alice de Oliveira Correa blieb mit ihrem Guide Diogo Cardoso da Silva nur der vierte Rang, doch von der Stimmung, die im Olympiastadion herrschte, profitierten auch Müller-Rottgardt und Fricke: „Das fängt schon im Callroom unter der Tribüne an – und wenn man dann rausgeht und das miterlebt, ist das einfach Wahnsinn.“
Vom Olympiastadion wollte beiden sofort ins Deutsche Haus. Müller-Rottgardt sagte: „Gefeiert wird bestimmt, aber klein. Schließlich stehen übermorgen die 200 Meter an, da wollen wir auch was holen.“
Felix Streng gewinnt Bronze über 100 Meter – 21-Jähriger sprintet in 11,03 Sekunden zur ersehnten Medaille
Felix Streng hat im Rennen über 100 Meter der Klasse T44 Bronze gewonnen und damit bei seinem Paralympics-Debüt gleich eine Medaille geholt. Der 21-Jährige, der für den TSV Bayer Leverkusen startet und von Karl-Heinz Düe trainiert wird, sprintete in 11,03 Sekunden zu Bronze und verfehlte Silber nur um eine Hundertstelsekunde.
Das war ihm im Ziel aber egal: Als die Zeit auf der Anzeigetafel erschien, legte er noch mal einen Sprint ein, um vor seinen Teamkollegen Heinrich Popow, Johannes Floors und all den anderen Deutschen zu jubeln, die ihn lautstark unterstützt hatten. Trainer Karl-Heinz Düe war sichtlich gerührt und Streng, der in diesem Jahr schon sechs Mal unter elf Sekunden gelaufen war, schnappte sich eine Deutschland-Fahne und ging auf die Ehrenrunde.
Nachdem er im Vorlauf 11,12 Sekunden benötigt hatte und von einem „nicht so guten Rennen“ sprach, lief es im Finale umso besser – obwohl Streng Anfang der Woche noch Probleme mit der Wade hatte: „Ich war vorsichtig, ich war fokussiert, ich wollte das Ding rocken, egal wie der Fuß weh tat.“
Paralympics-Sieger wurde der Brite Jonnie Peacock in 10,81 Sekunden, Zweiter wurde der Neuseeländer Liam Malone in 11,02 Sekunden. Arnu Fourie (Südafrika) und Jarryd Wallace (USA), der nach dem Vorlauf als Medaillenkandidat galt, wurden Vierte und Fünfte. Streng sagte über seinen Erfolg: „Gerechnet habe ich nicht damit, aber ich wollte es, ich war konzentriert, ich war hungrig und umso glücklicher bin ich, dass es passiert ist.“
David Behre, dessen Fokus bei den Paralympics auf den 200 und 400 Metern liegt und der im Vorlauf Europarekord der Klasse T43 gelaufen war, zeigte mit 11,26 Sekunden und Platz sieben, dass seine Grundschnelligkeit für die längeren Strecken stimmt.
Streng, dem im vergangenen Jahr bei der WM über 100 Meter nur Rang vier blieb, gab auch der Gedanke an die 4×100-Meter-Staffel Kraft, mit der er zusammen mit Behre, Floors und Markus Rehm in Doha Weltmeister geworden war: „Ich hatte die Staffel auf jeden Fall im Hinterkopf, jeder von uns ist dafür wichtig. Nur als Team sind wir stark. Ich denke, alle freuen sich auch mit mir und vielleicht gibt es ihnen ja auch Motivation. Für uns als Staffel ist das sehr positiv, wenn da der drittschnellste der Welt auf Position drei läuft.“
Quelle:
Die Newsletter-Ausgabe "Paralympische Momente 2" aus dem Deutschen Haus in Rio de Janeiro steht unter https://www.deutsche-paralympische-mannschaft.de/de/events/rio-2016.html zur Ansicht bereit.