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13
07
2011

Berlin ist bereit für Olympische Spiele. Denn Berlin hat alle Voraussetzungen: die Stadien, die Infrastruktur, die Hotellerie, die Begeisterung der Menschen für den Sport.

Olympische Spiele in der Hauptstadt? „Deutschland hätte nur mit Berlin eine Chance“ – Robert Ide und Friedhard Teuffel im Tagesspiegel

By GRR 0

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sprach mit dem Tagesspiegel über eine mögliche Berliner Olympia-Bewerbung, die Konkurrenz zu München, Politik hinter den Kulissen – und seinen Lieblingssport.

  

Herr Wowereit, was ist Ihr Lieblingssport?

Leichtathletik, weil die so vielseitig ist.

Wollen Sie dann nach der Leichtathletik-WM 2009 auch die besten Athleten für Olympische Spiele in die Stadt holen?

Berlin ist bereit für Olympische Spiele. Denn Berlin hat alle Voraussetzungen: die Stadien, die Infrastruktur, die Hotellerie, die Begeisterung der Menschen für den Sport.

Haben Sie diese Bereitschaft innerhalb des Sports nach dem Scheitern Münchens um die Winterspiele 2018 deutlich gemacht?

Sogar schon vorher.

Ich habe es immer für einen Fehler gehalten, dass man sich für Winterspiele ins Gespräch gebracht hat, obwohl man sich für Sommerspiele hätte bewerben können. Meine Überlegung war: Für 2016 geht man notfalls in eine Ehrenrunde, dann hat man für 2020 gute Chancen.

Der Deutsche Olympische Sportbund hat am gestrigen Dienstag erklärt, dass eine Bewerbung um die Sommerspiele 2020 wegen der knappen Zeit nicht mehr in Frage komme.

Ungeachtet dieser Aussage brauchen wir eine grundsätzliche Debatte, ob der deutsche Sport eine Bewerbung um Olympische Sommerspiele will. Das ist die Entscheidung von Herrn Bach …

… dem Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und Vizepräsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC)…

… und den anderen Funktionären. Und wenn man zum Urteil kommt, dass Hamburg international die besten Chancen hat, dann unterstützt Berlin natürlich auch Hamburg. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass Deutschland nur mit Berlin eine reelle Chance hätte.

Was sagt Ihnen das Scheitern Münchens?

Dass Deutschland im internationalen Sport nicht mehr so viel zu sagen hat wie früher noch. Wenn wir mit einem deutschen IOC-Vizepräsidenten in eine Bewerbung um Winterspiele gehen und ein derart schwaches Ergebnis mit 25 von 95 Stimmen herauskommt, dann muss man doch mal die Frage stellen: Versteht eigentlich noch jemand, wie das IOC denkt?

Sind Sommerspiele mehr wert als Winterspiele?

Ja. Sie sind attraktiver. Ich habe nichts dagegen, dass in Deutschland Winterspiele stattfinden. Wir haben München nach Kräften unterstützt und hätten uns für sie auch gefreut. Ich hatte allerdings den Eindruck, dass es von Anfang an eine taktische Variante war, um Deutschland aus den Diskussionen um Olympische Sommerspiele rauszuhalten, weil die in bestimmten Einflusssphären des IOC hätten störend wirken können.

Das klingt danach, dass die deutsche Strategie der Taktik von Thomas Bach unterliegt, der 2013 IOC-Präsident werden könnte.

Der deutsche Sport muss wirklich analysieren, wie es zu so einer krassen Fehleinschätzung kommen konnte. Es muss doch mal eine Gesamtstrategie her, die erkennen lässt, wie man eine Bewerbung erfolgreich gestalten kann. So dilettantisch wie man teilweise vorgegangen ist, auch bei der Berliner Bewerbung um die Sommerspiele 2000, möchte ich es nicht noch mal erleben. Eine meiner ersten parlamentarischen Erfahrungen war der Abschlussbericht zur damaligen Olympiapleite. Da musste ich als Neuling im Parlament sprechen, weil keiner von den Altvorderen sich traute. Bei den Festivitäten davor waren sie aber alle dabei.

Wer sind denn Ihre Verbündeten im Sport, wenn es um Sommerspiele in Berlin geht? Herr Bach ja offensichtlich nicht.

Ich denke nicht, dass Herr Bach etwas gegen Berlin hat. Er hat uns in vielen Fällen auch unterstützt. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist vielmehr, dass hier eine ganz merkwürdige Politik gemacht wird. Wenn man beim DOSB der Auffassung ist, bei der Abstimmung um Sommerspiele keine Chance zu haben, dann muss man sich selbstverständlich um Winterspiele bewerben. Wenn man aber immer das eine gegen das andere ausspielt, wird man gar nicht erfolgreich sein. Wir jedenfalls wollen die Spiele.

Nun fragt man sich bei jeder Bewerbung: Wer soll es eigentlich bezahlen?

Deshalb haben wir uns zu Beginn unserer Regierungszeit 2001 auch gesagt, dass wir uns nicht um Olympische Spiele bewerben. Berlin hatte damals so viele Probleme, dass man das nicht hätte vermitteln können. So hätten wir für viel Geld ein Olympisches Dorf bauen müssen, für das es anschließend keinen Bedarf gegeben hätte. Heute sieht das anders aus.

Inwiefern?

Weil wir eine erhöhte Nachfrage an Miet- und Eigentumswohnungen haben. Natürlich muss man in verschiedene Sportstätten noch mal investieren. Aber wir haben das sanierte Olympiastadion, wir haben die hervorragende Schwimmhalle. Wir brauchen weder U-Bahn noch Flughafen neu zu bauen. Die Investitionen wären im Wesentlichen auf das Olympische Dorf beschränkt, hinzu kämen Modernisierung bestehender und das Errichten temporärer Sportanlagen.

Es gibt ja erst mal reine Bewerbungskosten, die Münchner Kandidatur hat jetzt mehr als 30 Millionen gekostet. Wie kann man das Geld dafür reinholen?

Die Wahrheit ist: Ist man nicht erfolgreich, kann man es nicht reinholen. Diese Kosten müssten abgeschrieben werden.

Was macht Sie so sicher, dass eine weitere Berliner Bewerbung nicht zerredet und boykottiert wird wie die um die Spiele 2000?

Es wird nicht zu erreichen sein, dass 100 Prozent der Berliner jubeln. Das ist aber auch nicht notwendig. Es wird immer Leute geben, die sagen: Lasst mich mit Sport in Frieden und gebt das Geld für was anderes aus. Trotzdem glaube ich, dass es eine breite Mehrheit geben würde, weil es für viele Menschen eine Chance ist, das größte Sportereignis der Welt in die Stadt zu holen und zu wissen, dass die Ausstrahlung von Berlin durch diese Spiele noch zunehmen wird. Und das schafft auf lange Sicht auch Arbeitsplätze.

Hätte denn Berlin auch etwas von einer gescheiterten Bewerbung?

Die Erfahrung des Scheiterns ist nicht sehr schön. Aber wir müssen auch lernen, dass es manchmal einen zweiten oder gar dritten Anlauf braucht. Ein sehr wichtiger Punkt für uns ist es, ein Identifikationsprojekt zu haben, hinter dem sich die ganze Stadt versammeln kann. Das ist die Sache schon alleine wert. Hinzu kommt die weltweite Werbung für die Stadt.

Zurzeit ist Berlin kreativ und noch nicht so teuer wie andere europäische Großstädte. Nun wird das vielleicht nicht auf Dauer so bleiben. Was könnte eine Botschaft aus Berlin für die Bewerbung sein?

Die Botschaft ist ganz klar: Berlin in der Mitte Europas, ein internationales Zentrum für die Kreativen dieser Welt. Für Sport, Entwicklung, Wandel. Aber verbunden mit einer wechselvollen Geschichte. Beides macht doch die Faszination dieser Stadt aus. Das muss man auch nicht erklären, das ist gelernt.

Glauben Sie, eine solche Botschaft im Sport in Stimmen umsetzen zu können?

Wir sollten nicht gleich Luftschlösser bauen, in eine Bewerbung muss man mit kühlem Kopf gehen. Der deutsche Sport ist in der Pflicht, die Schlussfolgerungen aus dem Desaster von Durban zu ziehen. Ändert man den Kurs? Oder geht man mit München in die nächste Runde?

Am Mittwoch tagt dazu das DOSB-Präsidium. Was können und wollen Sie außer Gesprächen wie diesem hier tun, um Berlin als Kandidat ins Spiel zu bringen?

Ich bin ganz sicher, dass dieses Interview von Herrn Bach gelesen wird.

Das Gespräch führten Robert Ide und Friedhard Teuffel. Der Tagesspiegel, Mittwoch, dem 13. Juli 2011

author: GRR

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