Wer eine Tibet-Flagge rausholt, muss leider gehen – Regelverstoß.
Olympia – Spiel doch mal Tabu! Friedhard Teuffel erklärt im Tagesspiegel die Richtlinien bei Olympia in Peking. In Wirklichkeit gibt es dort keine Verbote – es handelt sich nur um die Regeln eines einzigartigen Kreativwettbewerbs.
Gestern schon wieder ein Aufschrei: China gängelt die Olympiabesucher. Sie dürfen keine Musikinstrumente ins Stadion bringen, keine Spruchbänder, keine Flaggen von Ländern, die nicht teilnehmen, und so weiter. So hat es das Organisationskomitee in Peking bekannt gegeben. Gängelei? Nein! In Wirklichkeit sind das keine Verbote, sondern die Regeln eines einzigartigen Kreativwettbewerbs.
Das Organisationskomitee hat sie freundlicherweise verkündet, damit dieser Wettbewerb nicht zu einfach wird. Olympia ist doch etwas für Erwachsene. Ein Ziel dieses großen Spiels ist nun für die Stadionbesucher zum Beispiel dies: Bringen Sie Tibet vor die Augen der Weltöffentlichkeit, ohne dafür Spruchbänder und Fahnen zu benutzen. Und ein Weg zum Ziel könnte sein, sich als tibetischer Mönch zu verkleiden oder sich einen dieser Schals umzuhängen, den der Dalai Lama immer anderen um den Hals legt. Wer das schafft, darf sitzen bleiben.
Er ist sozusagen in der nächsten Runde. Wer eine Tibet-Flagge rausholt, muss leider gehen – Regelverstoß. Die nächste Stufe könnte sein: Kritisieren sie die Menschenrechtspolitik Chinas gut sichtbar für die Kameras. Natürlich wieder ohne Spruchbänder. Da muss man sich vielleicht zusammentun mit anderen Mitspielern und jeder trägt auf seinem T-Shirt einen Buchstaben. Wer jedenfalls am längsten mit seiner Idee im Fernsehen zu sehen ist oder von wem am meisten Fotos in der Zeitung abgedruckt werden, der hat gewonnen.
Der Rechtsweg ist leider ausgeschlossen. Es ist eben ein chinesisches Spiel.
Friedhard Teuffel, Der Tagesspiegel, Dienstag, dem 15. Juli 2008