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2014

27.05.2014, OLympiastadion, Berlin, GER, Sportgespraech, im Bild Foto Juergen Engler - 0 1 7 2 - 3 0 1 5 5 9 0 - K u r f u e r s t e n s t r a s s e 6 0 - 1 0 7 8 5 B e r l in m i t 7 % M w - S t e u e r , H o n o r a r p f l i c h t i g S t e u e r - N r . : 3 4 - 2 7 7 - 5 1 5 9 9 F i n a n z a m t M i t t e / T i e r g ar t e n C o m m e r z b a n k K o n t o - N r . : 4 0 3 0 4 6 10 0 B L Z 1 0 0 8 0 0 0 0 I B A N : D E 0 8 1 0 0 8 0 0 0 0 0 4 0 3 0 4 6 1 0 0 B I C : D r e s D E F F 1 0 0 w w w . p r e s s e f o t o - e n g l e r . d e P r e s s e f o t o - e n g l e r @ t - o n l i n e . d e

„Olympia – Kraftquell für die Stadt“ – Interview mit Dr. Volker Hassemer, Senator a. D., Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zukunft Berlin, über eine Olympia-Bewerbung Berlins – SPORT in BERLIN

By GRR 0

Warum ist Berlin ein gut geeigneter Austragungsort für Olympische Spiele?

Berlin hat eine gute allgemeine und eine gute spezifisch sportliche Infrastruktur. Berlin ist international eine bedeutende und spannende Stadt. Berlin würde der Olympischen Idee helfen und wäre ein würdiger und ein richtiger Platz im Interesse Olympias.

Was würden die Spiele der Stadt, den Berlinern und ganz Deutschland bringen?

Olympische Spiele bringen wie kaum ein anderes Ereignis die Aufmerksamkeit der ganzen Welt. Sie sind für die Stadt eine Chance, sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Das hat große nachhaltige, in die Zukunft gerichtete Bedeutung. Berlin ist die deutsche Hauptstadt, das heißt mit Berlin ist auch Deutschland gut beraten, sich der Welt zu zeigen und sich mit Stolz und mit Vertrauen in diese Hauptstadt um die Spiele zu bewerben.

Und was haben die Berliner davon?

Olympische Spiele sind ein Meilenstein für die Zukunftsentwicklung der ganzen Stadt. Die Berliner würden sich selbst, die ganze Stadt in neuer Weise gestalten und im Hinblick auf Olympia verwandeln. Olympia wäre ein neuer Start in die eigene städtische Zukunft. Für solch eine Energiezufuhr sind Olympische Spiele unübertrefflich.

Die Politiker in der Stadt sind sich einig: An vorderster Stelle steht die Akzeptanz der Bevölkerung. Wie schätzen Sie diese ein?

Das ist ein zentraler Punkt. Ich kritisiere schon das Wort Akzeptanz. Es wäre ein falscher Ansatz, wenn die Funktionäre und die Politik sich vornehmen würden, Olympische Spiele zu veranstalten, und dann die Bürger fragen, ob sie das akzeptieren. Olympische Spiele in Berlin werden nur dann so gut werden, wie sie werden müssen, wenn sie ein Gemeinschaftswerk der gesamten Berliner Gesellschaft sind, wenn sich die Berliner gemeinsam anstrengen und wenn es ihnen dann gemeinsam gelingt, mit den Olympischen Spielen einen Markstein für die Entwicklung ihrer Stadt zu setzen.

Wir müssen ganz neue Methoden der Gemeinschaftlichkeit finden, wenn wir den Anforderungen und den Chancen der Olympischen Spiele gerecht werden wollen. Die Bürger müssen beim Vorbereiten, Ausdenken, Mitarbeiten beteiligt sein.

Die Stiftung Zukunft Berlin hat ein unabhängiges Forum vorgeschlagen, um mehr Bürgerbeteiligung zu sichern. Wie kann das bei „Olympia in Berlin“ funktionieren?

Unser Vorschlag ist nicht, dass wir ein Forum der Gesellschaft gegen das Forum der Politik stellen, sondern dass es diese gemeinsame Arbeit zwischen Gesellschaft, Verwaltung, Politik und Sportorganisationen in dieser Stadt gibt, um gemeinsam die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Olympischen Spiele zu bekommen. Diese Arbeitsform gemeinsamer Anstrengungen gibt es so nicht in Berlin. Auch woanders nicht. Olympia könnte und sollte Anlass sein, diese Formen zu realisieren.

Können Sie das konkretisieren?

Es gibt eine zentrale Frage im 13-Fragen-Katalog des DOSB: Welche Rolle spielt Olympia für die Entwicklung der Stadt? Dieser Satz sollte sehr ernst genommen und die Entwicklung der Stadt, die Planung dieser Entwicklung, mit der Idee und dem Ereignis der Olympischen Spiele verbunden werden. Unsere Forderung ist: Die Repräsentanten der Berliner Gesellschaft und die Fachleute machen sich gemeinsam mit der Politik über die Entwicklung der Stadt Gedanken, entwickeln gemeinsam Strategien für die Zukunft Berlins  und das alles geschieht im Zusammenhang mit der Bewerbung um Olympische Spiele. Die Olympischen Spiele sind das große Fest des neuen Starts Berlins in die Zukunft. Das Eigentliche, worum es geht, ist die Entwicklung der Zukunft Berlins.

Gibt es einen Fahrplan dafür?

Die Situation ist sehr günstig. Es gibt das Stadt-Forum 2030. Dort sind umfassend alle Aspekte einer Stadtentwicklung gesammelt. Jetzt müssen daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden, um aus der Stoffsammlung Zukunftspläne zu machen. Das sollte in einem Berlin Forum geschehen, also als gemeinsame Arbeit von Politik und Gesellschaft. Olympia ist dann so etwas wie der Höhepunkt dieser gemeinsamen Arbeit. Ich glaube, dass Berlin Zeit braucht für diese Arbeit. Deshalb ist mir der Termin einer Austragung der Spiele in Berlin 2028 viel lieber als 2024. Olympia muss nicht als Belastung organisiert werden, sondern als Kraftquelle für die Stadtentwicklungsplanung, die wir ohnehin zu machen haben.

Wie können dabei Kosten in Grenzen gehalten, Nachhaltigkeit gesichert, Gigantismus vermieden werden?

Berlin sollte gerade zu einem Beispielfall werden, dass Olympische Spiele nicht mit unbegrenzten Kosten, gigantischen Planungen und einer Wegwerfmentalität  durchführt werden. Deswegen schlage ich so sehr die Verknüpfung der Stadtentwicklungspolitik mit Olympischen Spielen vor. Die Stadtentwicklungspolitik ist von sich aus in die Zukunft gerichtet und auf Nachhaltigkeit orientiert und muss mit dem Geld auskommen, das die Stadt hat. Wenn die Olympischen Spiele ein Teil der Stadtentwicklungsstrategie werden, dann wird es von vornherein so sein müssen, dass das, was an Aufwendungen für die Spiele betrieben wird, der Stadt auch in Zukunft nutzt.

Ist das realistisch?

Wenn man diese Frage stellt, sagt man schon fast: Berlin kann die Olympischen Spiele nicht. Ich glaube, Berlin ist in der Lage, Olympische Spiele auszurichten, auch weil hier viele Sportarten zu Hause sind. Berlin ist die Stadt der Breiten- und der Spitzenleistungen. Wenn überhaupt eine Stadt in der Lage ist, gute Sportstätten anzubieten und auch fachlich gerüstet ist, dann ist es Berlin. Niemand darf sich über die Größe der Anstrengung täuschen. Die ist außerordentlich. Aber Berlin muss als eine Stadt gesehen werden, in der sich diese Ängste und Bedrohlichkeiten, mit denen Olympia heute verbunden wird, als nicht gerechtfertigt erweisen.

Woher nehmen Sie diese Zuversicht?

Ich gehöre zu den Politikern, die schon einmal mitgearbeitet haben bei einer Bewerbung und wir haben sie verloren. Ich sage heute: Wir haben verloren, weil die Entschiedenheit der ganz besonderen Leistung, der ganz besonderen Anstrengung damals nicht klar war oder wir damals – nach dem Fall der Mauer – nicht die Kraft hatten, diese ganz besondere Leistung zu erbringen. Es gibt praktisch kein Ereignis in der Welt, das mehr Herausforderung mit sich bringt. Wenn man sagt „Ja, wir machen das“, wohlwissend, dass das so schwierig wird, dann kriegen wir das hin.

Es gibt Stimmen in Berlin, die sagen, in Berlin sind keine Großprojekte mehr durchzusetzen.

Großprojekte gehen in Berlin nur dann, wenn wir von vornherein alle, die etwas beizutragen, zu sagen und zu kritisieren haben, zu einem Teil der Vorbereitungsarbeit machen. Die Berliner, ob sie für oder gegen Olympia sind, müssen zu einem Teil der Lösung werden. Diese außerordentliche Anstrengung muss sie von vornherein zur Mitarbeit an diesem olympischen Projekt einladen. Die Mitarbeit muss von Anfang konstruktiv ernstgenommen werden. Dann kann sich kaum jemand verweigern. Das ist das, was wir mit dem Berlin Forum anstreben.

Was wäre, wenn Berlin das Projekt Olympia nicht anpacken würde?

Wenn Berlin nicht in der Lage ist, sich in aller Entschiedenheit auf diese außerordentlichen Herausforderungen einzustellen, dann ist es besser, sich gar nicht zu bewerben. Ich kann eher damit leben, dass wir uns nicht bewerben, als dass wir die Bewerbung halbherzig und als Business as usual betreiben. Berlin hat auch eine Zukunft ohne die Olympischen Spiele, aber mit den Olympischen Spielen ist die Zukunft Berlins reichhaltiger und kräftiger.

 

Das Interview führte Angela Baufeld – SPORT in BERLIN – Juli-August 2014

 

Themengleich:

 

Olympische Spiele – Herausforderung und Chance für Berlin – Klaus Böger, LSB-Präsident in SPORT in BERLIN

 

Berlin und Hamburg nehmen Bürger frühzeitig mit – Mögliche Olympiabewerbung für 2024 oder 2028 – Online

 

author: GRR

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