Olympia-Kandidat Boston - Das Glück des Bauunternehmers - Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ©privat
Olympia-Kandidat Boston – Das Glück des Bauunternehmers – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Einstimmige Entscheidung für Boston, aber nur ein 47:43 für die Olympiabewerbung: So muss man das Votum des Nationalen Olympischen Komitees der Vereinigten Staaten lesen.
Dieses will sich nicht mit kalifornischen Stränden, mit Hollywood und Silicon Valley, nicht mit Los Angeles oder San Francisco um die Sommerspiele 2024 bewerben, sondern mit der Hauptstadt der Neu-England-Staaten. Für deren Sportbegeisterung stehen Red Sox und Celtics, Bruins und Patriots sowie der ruhmreiche Marathon, der im Jahr nach dem Bombenanschlag zu einem Fest von Freiheit und Selbstbehauptung wurde.
Die Qualifikation als Gastgeber der Jugend der Welt dürften die rund eine Million Studenten in und um die Stadt von 650.000 Einwohnern bezeugen. Auch deshalb sollen Wettkämpfe auf den weitläufigen Arealen weltberühmter Hochschulen stattfinden, darunter MIT und Harvard. Das Olympische Dorf ist auf dem Campus der University of Boston am Charles River geplant. Und doch ist die Entscheidung nichts als der Ausdruck großer Hoffnung. Denn Boston ist, Deutschland aufgepasst, längst noch nicht entschieden. 47 Prozent seiner Einwohner stimmen einer Bewerbung zu, 43 sind dagegen.
Hamburg mit 53 und Berlin mit 48 Prozent Zustimmung, die beiden potentiellen Olympia-Kandidaten, brauchen den Vergleich nicht zu scheuen. Sie werden, obwohl der Deutsche Olympische Sportbund sie nicht direkt danach fragt, bei dessen Meinungsumfrage im Februar mitteilen, ob Olympia ihnen einen Berg Steuergroschen wert ist.
Der Souverän entscheidet
Boston lehnt dies zu fast zwei Drittel ab, mit 64 Prozent. Wie aber Neubau und voraussichtliche Entsorgung eines Olympiastadions, einer Schwimm- und einer Radhalle bei einem Budget von 4,5 Milliarden Dollar privat finanziert werden können, hat die Lobby-Organisation „Boston 2024 Partnership“ noch nicht vorgerechnet. Dass sie zusätzlich von der öffentlichen Hand erwartet, 15 Milliarden Dollar in die Infrastruktur der Region zu stecken, provoziert Kommentare wie den der Zeitung „Boston Globe“, wonach die Spiele den Bauunternehmen am Ort gut täten und den Einwohnern einen kurzen Ausbruch von Glück verschafften, mehr nicht.
Der Vorsitzende von Boston 2024 Partnership, John Fish, ist der größte Bauunternehmer weit und breit. Der vermeintliche Favorit aus Amerika steht also nicht besser da als die möglichen deutschen Kandidaten.
Im März will der Sport sich zwischen Berlin und Hamburg entscheiden. Und muss dann abwarten, ob die Erwählten überhaupt wollen. Der Bürger wird in Sachen Olympia souverän.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dem Freitag, dem 9. Januar 2015
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