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09
06
2008

Massenstart beim Halbmarathon: Rund 3000 Teilnehmer liefen am Sonntag durch Leverkusen.

„Nicht aufgeben, das schaffst Du!“ – SYLVIA FROSS im Kölner Stadt-Anzeiger – 8. EVL-Halbmarathon

By GRR 0

Traumhafte Laufbedingungen – leicht bedeckt, angenehm kühl und trocken – locken rund 3000 Läufer auf die Strecke zum achten Halbmarathon. Unsere Autorin betrachtete das Läuferfeld eher von hinten. Hier ihr Bericht…

Leverkusen- "Vorsicht, Überholversuch von links", ruft eine drahtige Läuferin hinter mir und reißt mich aus meinen Gedanken. Sie beschleunigt ihr Tempo und ich werde zum wiederholten Male abgehängt. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft und beschränke mich inzwischen mehr auf das Lesen der Namen der Vereine oder der kreativen Slogans auf den Trikotrücken meiner Mitstreiter. „Don't smoke, just help“ steht da auf dem an mir vorbeiziehenden T-Shirt. Eine Aufforderung zur Spendenunterstützung der Leverkusener Krebsberatungsstelle „help“.

Die Dreikilometermarke ist gerade passiert, über 18 Kilometer liegen noch vor mir. Das Wetter gilt dieses Jahr nicht als Ausrede für schlechte Ergebnisse, es sind traumhafte Laufbedingungen: leicht bedeckt, angenehm kühl und trocken.

Das Feld hat sich schon ordentlich auseinander gezogen, die Spreu sich vom Weizen getrennt. Trotzdem finden die steten Überholmanöver kein Ende. Ich blicke zu dem Hünen auf, der mich leichtfüßig links liegen lässt, da ruft mir eine fremde Frau vom Wegrand zu: „Nicht aufgeben, das schaffst Du!“ So sind sie, die Leverkusener. Eben echte Rheinländer mit Leidenschaft und Herz. Und sofort wird mir wieder bewusst, warum ich mir diese Herausforderung gesucht habe: Weil es beim Leverkusener EVL-Halbmarathon tatsächlich noch um den olympischen Gedanken geht, und eine ganze Stadt tritt den Beweis dafür an.

Der Leverkusener Halbmarathon mit gut 2700 Teilnehmern auf der 21,0975-Kilometer-Distanz ist bei seiner achten Ausrichtung längst zu einem Ereignis mit Bekanntheitsgrad weit über die Stadtgrenze hinaus aufgestiegen. Nicht nur die Strecke überzeugt, sondern an diesem Tag präsentiert sich die Sportstadt Leverkusen von ihrer sympathischsten Seite. Hier ist man nicht einfach nur die zugewiesene Anmeldenummer. Die unzähligen Zuschauer, die geduldig am Wegesrand ausharren, feuern unermüdlich jeden Läufer an, ob bekannt oder unbekannt.

Von diesem Motivationsschub erfasst, wollte auch ich zu den Teilnehmern zählen, auch wenn ich weder um Platzierungen oder Bestzeiten kämpfe, sondern das Durchhalten bei mir deutlich im Vordergrund steht. „Hier zählt jeder, und angefeuert wird bis zuletzt,“ beteuert mir einer der Streckenposten vor dem Rennen. „Überholt mich ruhig, von vorne bin ich noch schöner“, fällt mir wieder ein amüsanter Spruch auf. Dass auch das Auge des Gesetzes läuft und nicht schläft, erfahre ich auf dem selben Weg von der Laufgruppe des Amtsgerichts. Die Teilnehmer muntern sich gegenseitig auf, scherzen mit- und helfen einander. So mein kurzzeitiger Nebenmann, der eine verloren gegangene Trinkflasche aufsammelt und spurtend dem Besitzer nachträgt.

Kurz hinter Schloss Morsbroich stehen einige enthusiastische Senioren, die mit pinkfarbenen Gummihänden winken, klatschen und Elvislieder aus dem Kofferradio mitsingen. So macht das Laufen Spaß.

Meine Kräfte lassen immer mehr nach, dafür wird die Freude noch größer über das Paar mit den Musikinstrumenten aus Küchentöpfen an der Dhünn, über die fröhliche Gruppe auf der Parkbank am Damm, die pausenlos die Welle anstimmt und über den Applaus rund um die Reuschenberger Mühle. So belohnt Leverkusen die hinteren Ränge.

Von der Stimmung der unermüdlichen Klatscher getragen, erreiche ich mit letzter Energie den „roten Teppich“ des Halbmarathons, die Kölner Straße. „ Du bist Leverkusen“, ruft ein Rentnerchor, als ich stolz und glücklich das Ziel erreiche und in den Jubel meiner Freunde mit einstimme.

SYLVIA FROSS im Kölner Stadt-Anzeiger, Montag, dem 9. Juni 2008

author: GRR

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