Symbolbild - Läufer::innen Foto: Victah Sailer
Neue Studien zu Gesundheits- und Freizeitverhalten in Deutschland Teil 2: Freizeit-Monitor 2025 – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Viele Deutsche verbringen sehr viel Zeit am Smartphone und im Internet. Das geht aus der Studie „Freizeit-Monitor 2025“ hervor, welche die Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg (Prof. Reinhardt) veröffentlicht hat.
Die Ergebnisse beruhen auf einer Befragung von über 3000 Menschen. Die in Teil 1 genannten Einschränkungen zu Studien aus Befragungen gelten auch für den Teil 2.
Es zeigt sich ein deutlicher Rückgang klassischer Leitmedien: Die wöchentliche Nutzung gedruckter Zeitungen und Zeitschriften hat sich seit 2010 von 72 % auf 38 % fast halbiert. Das lineare Fernsehen sank von 97 % auf 83 %, beim Radio ging die Nutzung von 90 % auf 70 % zurück.
Gleichzeitig gibt es eine Zunahme des On-Demand-Prinzips: Die wöchentliche Nutzung von Social Media hat sich seit 2012 mehr als verdoppelt (von 34 % auf 72 %). Streamingdienste nutzen inzwischen 58 %, YouTube 53 %, Podcasts oder Hörbücher 25 %.
Faulenzen statt Badewanne
Ruhe und Rückzug haben Konjunktur – aber in anderer Form als früher. Während klassische Erholungsrituale wie das ausgedehnte Baden in der Wanne deutlich an Beliebtheit verloren haben (2025: 37 %, 2010: 55 %), nimmt das Bedürfnis nach „einfach nichts tun“ spürbar zu. 62 von 100 Befragten gaben an, regelmäßig zu faulenzen, zu chillen oder bewusst nichts zu tun – ein Plus von 14 Prozentpunkten gegenüber 2010.
Auch gedankliche Entschleunigung liegt im Trend: 73 % geben an, sich regelmäßig Zeit für die eigenen Gedanken zu nehmen (+4 Punkte). Wellness-Anwendungen bleiben ein Nischenphänomen, gewinnen aber leicht an Bedeutung (7 % statt 3 %).
Stabil bleiben klassische Rückzugsformate wie Lesen (35 %) oder Mittagsschlaf (32 %). Dagegen verlieren vor allem ritualisierte oder rätselorientierte Aktivitäten an Zuspruch: Sudoku und Kreuzworträtsel sinken von 25 % auf 19 %, auch Ausschlafen ist rückläufig (58 % vs. 63 %).
Sport im Blickpunkt – Bewegung wird zur Normalität
Im Jahr 2025 erreicht die regelmäßige sportliche Betätigung in Deutschland ein Rekordniveau: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung treibt mindestens einmal pro Woche Sport – ein Wert, der seit 2010 kontinuierlich gestiegen ist. Parallel dazu geben 57 % an, wenigstens einmal pro Woche etwas für ihre Gesundheit zu tun – mit weiter steigender Tendenz in den vergangenen Jahren.
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Besonders zulegen konnte der Sport in den eigenen vier Wänden: War vor fünf Jahren nur etwa jeder Vierte (26 %) zuhause aktiv, ist es inzwischen fast jeder Dritte (32 %). Häufig kommen dabei flexible Formate über Streaming-Plattformen oder Apps zum Einsatz – mit geringem organisatorischem Aufwand.
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Auch klassische Aktivitäten wie Joggen oder Schwimmen erleben ein deutliches Comeback. Der Anteil der regelmäßig Joggenden ist von 10 % im Jahr 2010 auf 21 % im Jahr 2025 gestiegen. Auch das Baden und Schwimmen hat stark zugelegt – von 5 % (2010) auf aktuell 13 %. Die Zahlen zeigen: Immer mehr Menschen suchen gezielt nach Ausgleich in der Natur – fernab von Bildschirmen und digitaler Dauerpräsenz.
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Fitnessstudios erleben vor allem bei jungen Männern einen regelrechten Boom. 2025 trainieren 36 % der Männer unter 35 Jahren regelmäßig – mehr als doppelt so viele wie noch 2014 (17 %). Auch bei jungen Frauen hat sich der Anteil deutlich erhöht – von 14 % auf 23 %. In der Gesamtbevölkerung ist der Anteil der Fitnessstudiobesucher seit 2014 von 9 % auf 20 % gestiegen. Damit zählen Fitnessstudios zu den großen Gewinnern der letzten Jahre.
Freizeittrends
Der Freizeittrend verlagert sich: Weg vom Stammtisch, rein ins Erlebnis. Immer mehr Bürger nutzen ihre Freizeit für bewusst geplante, aktivierende Unternehmungen außerhalb der eigenen vier Wände – allerdings mit veränderten Schwerpunkten.
Besonders gefragt sind Tagesausflüge: 38 % der Deutschen unternehmen mindestens einmal pro Monat eine kleine Flucht aus dem Alltag – 13 Prozentpunkte mehr als noch 2010. Auch Restaurantbesuche (53 %, +8) und Wochenendfahrten (12 %, +6) legen zu. Selbst Aktivitäten wie Flohmärkte besuchen (+6) oder ehrenamtliches Engagement (+6) gewinnen an Bedeutung.
Dagegen verlieren tradierte Formen der Geselligkeit deutlich an Relevanz: Nur noch 24 % gehen mindestens monatlich in die Kneipe – ein Rückgang um 14 Prozentpunkte. Auch der Einkaufsbummel (48 %, –8) und der Stammtischbesuch (15 %, –6) werden seltener gepflegt. Selbst Gartenarbeit und Urban Gardening, lange als postmaterieller Gegenpol zur Schnelllebigkeit gefeiert, verlieren spürbar an Zuspruch (33 %, –9).
Die Kluft zwischen Freizeit-Alltag und Freizeit-Wunsch
Der Freizeitalltag vieler Menschen ist von medialer Dauerpräsenz geprägt – sei es durch Telefonate, Internetnutzung, Fernsehen oder Radio. Diese Tätigkeiten nehmen zwar einen großen Teil der wöchentlichen Freizeit ein, schneiden beim Thema „Spaßfaktor“ jedoch nur mittelmäßig ab. Es entsteht der Eindruck: Ein großer Teil der Freizeit wird mit Routinen gefüllt – nicht mit echter Leidenschaft.
Wirkliche Freude bereiten hingegen einfache, spontane und private Momente: gemeinsame Zeit mit dem Partner (74 %), Sexualität (70 %), persönliche Hobbys (66 %), der Aufenthalt in der Natur (66 %), einen Tagesausflug machen (65 %), Essengehen (63 %), mit den Kindern oder Freunden etwas gemeinsam machen (60%). Spontane Unternehmungen ohne feste Planung gehören zu den Highlights vieler Menschen (68 %). Verpflichtende Aktivitäten mit geringem Erholungswert rangieren hingegen auf den hinteren Plätzen der Beliebtheitsskala – wie der Besuch von Gottesdiensten, ehrenamtliches Engagement oder Weiterbildungen.
Vom Bildschirm bis zur Bewegung – was die Mehrheit regelmäßig macht
Die Freizeitgestaltung der Bundesbürger ruht auf vier zentralen Säulen: Medienkonsum, Aktivitäten, soziale Interaktionen und persönliche Erholung. Den größten Anteil nehmen mediale Tätigkeiten ein: So nutzen fast alle das Internet (98 %), sehen fern (83 %), hören Musik (83 %) oder Radio (70 %) und beschäftigen sich intensiv mit digitalen Geräten wie Computer (79 %) und Smartphone (79 %) sowie sozialen Medien (72 %).
Erholung hat ebenfalls einen hohen Stellenwert – von bewusstem Faulenzen (62 %) und Ausschlafen (58 %) bis zur selbstreflexiven Beschäftigung mit den eigenen Gedanken (73 %). Auch soziale Interaktionen wie wichtige Gespräche führen (68 %) oder gemeinsame Zeit mit dem Partner verbringen (66 %) sind häufige Bestandteile der Freizeit. Zudem üben viele regelmäßig körperliche Aktivitäten aus – darunter Spaziergänge, sportliche Betätigung oder Hobbys.
Buchlesen als Konstante
Trotz des digitalen Wandels und der Konkurrenz durch audiovisuelle Medien ist der Anteil der Buchleser stabil geblieben: Wie vor fünf, zehn oder 15 Jahren greift gut jeder dritte Bundesbürger (35 %) regelmäßig zum gedruckten Buch. Ein wesentlicher Grund hierfür ist eine konstante Kernleserschaft – meist gut gebildet, kulturinteressiert und dem Medium Buch verbunden – bleibt sie dieser Gewohnheit treu und gibt sie an nachfolgende Generationen weiter. Darüber hinaus erfahren Bücher im digitalen Zeitalter eine neue Bedeutung als bewusster Gegenpol zur schnellen, fragmentierten Mediennutzung. Lesen ist nicht nur eine Informationsquelle, sondern oftmals auch ein Ritual und eine Art der Selbstfürsorge. Der hohe symbolische Wert des Lesens – als Zeichen von Bildung, Reflexion und innerer Ruhe – trägt zusätzlich dazu bei, dass Bücher trotz aller medialen Konkurrenz weiterhin fest im Alltag vieler Bürger verankert sind.
Eine neue Freizeit-Ära zwischen Bequemlichkeit und Bedürfnis nach Begegnung
Der Freizeitmonitor 2025 zeichnet das Bild einer Gesellschaft im Wandel. Auf der einen Seite dominiert zunehmend das digitale Freizeitangebot – ein Trend, der sich in den kommenden Jahren weiter verstärken dürfte. Diese Entwicklung folgt dem Prinzip individueller Verfügbarkeit und maximaler Bequemlichkeit: Weder Planung noch das Verlassen des eigenen Zuhauses sind erforderlich.
Gleichzeitig ist eine Gegenbewegung erkennbar: Analoge Aktivitäten wie das Lesen von Büchern, Spaziergänge, sportliche Betätigung oder Naturerlebnisse gewinnen an Bedeutung. Sie spiegeln ein wachsendes Bedürfnis nach Entschleunigung, Ausgleich und sinnlich-körperlicher Erfahrung wider.
Besorgniserregend ist hingegen die schleichende Erosion sozialer Kontakte. Der soziale Kitt – einst gestärkt durch gemeinsame Erlebnisse und ehrenamtliches Engagement – droht zunehmend zu bröckeln.
Weniger soziale Interaktion
Das wöchentliche Treffen mit Freunden zu Hause ist von 24 % (2010) auf 20 % (2025) gesunken. Auch gemeinsame Unternehmungen und Einladungen nahmen leicht ab. Das Treffen oder Plaudern mit Nachbarn gehört zwar für ein Drittel der Bevölkerung (33 %) weiterhin zur Wochenroutine, hat im Langzeitvergleich jedoch deutlich an Bedeutung verloren (2010: 47 %).
Auch innerhalb der Familie finden Begegnungen seltener statt: Großeltern sehen ihre Enkel heute nur noch halb so häufig wie vor 15 Jahren (2025: 11 %, 2010: 22 %), es wird weniger Zeit mit dem Partner verbracht (64 % vs. 72 %) und seltener mit den Kindern gespielt (28 % vs. 35 %).
Organisierte und öffentliche Formen der Geselligkeit verzeichnen ebenfalls durchgehend sinkende Werte. Der wöchentliche Besuch von Kneipen oder Bars hat sich seit 2010 fast halbiert – von 12 % auf 7 %. Auch Stammtischrunden, Disco- oder Clubbesuche sind rückläufig.
Kulturelle-Freizeitaktivitäten im 15-Jahresvergleich
Prioritäten verändern sich
Von je 100 Befragten üben als regelmäßige Freizeitaktivität (wenigstens einmal pro Jahr) aus:
| Freizeitaktivität | 2010 | 2025 |
| Zoo / Tierpark | 29 | 44 |
| Museum oder Kunstausstellung | 31 | 44 |
| Rock- / Popkonzert | 25 | 38 |
| Freizeit- / Vergnügungspark | 30 | 38 |
| Kino | 50 | 52 |
| Theater / Oper / Klassikkonzert | 32 | 31 |
| Jahrmarkt / Kirmes | 63 | 60 |
| Disc / Club | 37 | 24 |
Fazit:
Unter der Dominanz der Medien leiden viele andere Aktivitäten, die den Menschen eigentlich Spaß machen und mehr Zufriedenheit bescheren.
Wichtig ist, eine gute Balance zwischen online und offline, zwischen Aktivität und Passivität, zwischen Individualität und Gemeinschaft zu finden. Aktuell gelingt das eher Frauen als Männern und eher Älteren als Jüngeren.
Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Literatur:
Stiftung für Zukunftsfragen Hamburg: Freizeit-Monitor 2025
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