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09
03
2014

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Nahrungsergänzungsmittel (1) - Nahrungsergänzung im Ausdauersport ©privat

Nahrungsergänzungsmittel (1) – Nahrungsergänzung im Ausdauersport – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

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Viele Lebensmittel werden heute mit Vitaminen, Mineralstoffen, Probiotika, Präbiotika, Omega-3-Fettsäuen, Phytosterinen u.a. angereichert und mit positivem Effekt auf die Gesundheit beworben (Functional Food). Diese zunehmende Vitaminisierung muss kritisch gesehen werden. Eine ungesunde Ernährung lässt sich damit nicht ausgleichen.

Völlig unklar ist, ob die synthetischen Vitamine genau so wirken wie die natürlichen Vitalstoffe, die in den Nahrungsmitteln im Verbund mit vielen anderen Komponenten wie den sekundären Pflanzenstoffen ihre Wirkung entfalten. Die zusätzliche Einnahme von Vitaminen unter dem Motto "viel hilft viel" kann nicht befürwortet werden. Dagegen kann als gesichert gelten, dass eine Ernährung mit reichlich Obst und Gemüse das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Stoffwechselkrankheiten senkt.

Die gesundheitliche Wirkung der meisten Nahrungsergänzungsmittel (NEM) ist nicht nachgewiesen. Etwa ein Drittel der Bevölkerung nimmt regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel ein, bei den Leistungssportlern sind es mehr als die Hälfte (Petroczi et al. 2008; Knez u. Peake 2010). Nahrungsergänzungsmittel müssen weder – wie bei Arzneimittel üblich – zugelassen werden, noch wird ein Wirksamkeits- und Unbedenklichkeitsnachweis gefordert. Sie müssen lediglich beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gemeldet werden. Rechtlich gehören NEM zu den Lebensmitteln. Über die langfristigen Folgen von einer regelmäßigen Einnahme dieser Produkte ist wenig bekannt.

Nahrungsergänzungsmittel sind isolierte, meist chemisch definierte Stoffe oder Stoffgemische, die Nährstoffcharakter oder physiologische Wirkungen haben. Sie haben aber keine pharmakologische Wirkung, sind also keine Arzneimittel.

 

Inhaltsstoffe von NEM sind:

 

–        Vitamine und Provitamine

–        Vitaminoide

–        Mengen- und Spurenelemente

–        Fettsäuren und Phospholipide

–        Aminosäuren und deren Abkömmlinge sowie Peptide

–        Kohlenhydrate

–        Sekundäre Pflanzenstoffe

–        Pflanzenextrakte und Produkte tierischen Ursprungs

Verbindliche Höchstmengen für die Inhaltsstoffe existieren derzeit weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene. Vorsicht ist insbesondere bei höheren Dosen von Vitamin A, D und K geboten. Zudem wird immer wieder angegeben, dass unsere Böden an Nährstoffen verarmt wären. Tatsache ist ein echter Mangel an Jod und Fluorid, was zur Empfehlung von jodiertem und fluoridiertem Speisesalz geführt hat.

In den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) werden Richtwerte für den Tagesbedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen für gesunde, nicht sporttreibende Personen genannt. Die Referenzwerte enthalten einen 20-30%-igen Aufschlag.

Sinnvoll kann eine Ergänzung mit Vitaminen und Mineralstoffen für Schwangere, Stillende, alte Menschen, Vegetarier, Raucher, Alkoholiker, Fast-Food-Fans, bei einer Krankheit mit  Nährstoffmangel und bei einer Diät sowie intensivem Sport sein.

 

Magnesium

 

Auch bei einer sehr ausgewogenen Ernährung mit Vollkornprodukten, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und fettarmem Fleisch kann es durch Ausdauersport zu einem Magnesiummangel kommen (Saur et al. 2002; Saur 2004), denn über Schweiß und Urin wird der Mineralstoff vermehrt ausgeschieden. Außerdem ist der Kaliumhaushalt von Magnesium abhängig. Bei einem Magnesiummangel tritt vermehrt Kalium aus der Zelle aus und geht mit dem Urin verloren. Alkohol und Koffein (Kaffee, Tee, Cola-Getränke) sind ausgesprochene Magnesium- und Kalziumräuber. Bei erhöhtem Konsum muss die Magnesium- und Kalziumzufuhr entsprechend angepasst werden.

Zeichen eines Magnesiummangels können sein: Müdigkeit, Energiemangel, Muskelschwäche, geringe Ausdauer, Unruhe, Nervosität, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Migräne, Konzentrationsschwäche, Muskelverspannungen und Krämpfe, Muskelzittern, Kribbeln in den Händen und Füßen, Herzrhythmusstörungen.

 

Bei Kontrolluntersuchungen sollten Ausdauersportler immer den Magnesiumwert mitbestimmen lassen. Die Normalwerte im Blutserum liegen bei 0,7 bis 1,0 mmol/l. Bei intensiv Sporttreibenden werden häufig niedrige Werte gefunden. Anzustreben sind Werte, die wenigstens bei 0,8 mmol/l liegen. Dies erfordert bei Ausdauersportlern aufgrund des erhöhten Verlustes in den meisten Fällen eine Substitution. Als Präparat bietet sich Magnesiumorotat, z.B. als Kautablette an. Eine billigere Alternative stellt Magnesiumcitrat dar, das man in der Apotheke als Pulver kaufen kann. Ein halber nicht gehäufter Teelöffel Magnesiumcitrat in Wasser aufgelöst und getrunken führt ca. 200 mg Magnesium zu. Bei intensivem Ausdauersport können 200 – 600 mg Magnesium als Nahrungsergänzung zugeführt werden. Die Normalisierung erniedrigter Werte kann mehrere Monate in Anspruch nehmen.

Von Magnesiumeinnahmen während des Wettkampfes ist abzuraten, da zusätzliches Magnesium während der Belastung zu Magenkrämpfen und Durchfall führen kann. Krämpfe während des Wettkampfes können nur mit Natrium (zusätzliche Kochsalzgaben von 1-2 g ins Wettkampfgetränk oder „Schwedentabletten") behoben werden. Belege für eine Leistungsverbesserung bei vorliegenden Normalwerten durch eine zusätzliche Magnesiumaufnahme existieren nicht.

 

Eisen

 

Eisen ist wesentlicher Bestandteil des Hämo- und Myoglobins, die den Sauerstofftransport zu den Zellen regeln. Die Eisenmagelanämie ist die häufigste Mikronährstoff-Mangelerkrankung. Ursachen dafür sind ein erhöhter Bedarf bei Schwangerschaft, Stillzeit, Wachstum und Leistungssport, Arzneimittel wie Antazida und Tetracycline, Blutverluste wie durch die Menstruation, Ernährung (Vegetarier, Kaffee, Tee) und Resorptionsstörungen. Symptome eines Eisenmangels sind: Appetitlosigkeit, Blässe, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Muskelschmerzen, Leistungsschwäche, Kälteempfindlichkeit, erhöhte Infektanfälligkeit, rissige Haut, brüchige Nägel und Haarausfall.

Bei Langstreckenläufern – und insbesondere -läuferinnen – kommt es häufiger zu erniedrigten Eisenparameter. Erhöhte Eisenverluste treten durch die vermehrte Schweißproduktion, über den Magen-Darm-Trakt (Blut im Stuhl), über die Niere (rote Blutkörperchen, seltener Hämoglobin und Myoglobin im Urin) und bei starker Monatsblutung auf (Aderhold u. Weigelt 2012).

Bei Ausdauersport sollten die Ferritinwerte bei Männern um 120 microg/ml und bei Frauen um 60 microg/ml liegen. Eine Eisenunterversorgung liegt bei Ferritinwerten unter 30 microg/l vor. Zur Diagnostik von Eisenmangelzuständen werden neben dem Blutbild meist die Marker Transferrin, Transferrinsättigung und Ferritin bestimmt.

Diese Werte sind aber relativ unempfindlich zur Erkennung eines funktionellen Eisenmangels. Die Hypoferritinämie des Sportlers ist kein sicheres Indiz für einen Eisenmangel (Robinson et al. 2010). Der lösliche Transferrinrezeptor und von diesem abgeleitete Parameter wie der Ferritinindex sind neue biochemische Marker zur Diagnostik des Eisenmangels. Ein weiterer hämatologischer Marker ist der Hämoglobingehalt des Retikulozyten, ein früher Indikator des Eisenbedarfs für die Bildung der roten Blutkörperchen. Als Hauptregulator des Eisenstoffwechsels gilt heute Hepcidin (Peptidhormon). Bei einem tiefen Eisenspiegel wird die Hepcidinsynthese in der Leber gehemmt und im Darm steigt die Eisenaufnahme. Lange Ausdauerleistungen und intensives Intervalltraining führen zu einem Hepcidinanstieg. Ein hoher Hepcidin-Spiegel hemmt aber die Eisenaufnahme im Dünndarm.

Auf dieser Grundlage könnte sich bei hohen Ausdauerbelastungen eine Eisenmangelanämie entwickeln (Röcker 2010).

Ursachen für die Entstehung eines niedrigen Ferritinwertes können sein: Trainingsbedingte Blutverdünnung, Eisenverluste über Schweiß und Urin, unzureichende Eisenaufnahme (Vegetarier), Blutverluste über den Darm und durch Menstruation, Anstieg des Myglobins im Muskel, Anstieg der Erythrozyten und vergrößerte Eisenspeicherung in der Leber.

Eisen wird aus Fleisch und Fisch am besten resorbiert (2-wertiges Eisen). Pflanzliche Lebensmittel enthalten dagegen überwiegend 3-wertiges Eisen, was schlechter aufgenommen werden kann. Vegetarier können durch Vitamin C (Orangensaft, Obst zum Dessert) die Eisenaufnahme verbessern (Vitamin C erleichtert die Umwandlung von dreiwertigem in zweiwertiges Eisen).  Phosphate (in Cola-Getränken) und Gerbsäure (im schwarzen und grünen Tee) hemmen die Eisenaufnahme. Auch Milchprodukte hemmen die Eisenverfügbarkeit (Carlsohn et al. 2009).

Gerade Langstreckenläuferinnen sollten auf eine ausreichende Eisenzufuhr achten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Männer und Frauen eine tägliche Eisenzufuhr von 10 – 20 mg, Schwangere benötigen 30 mg/Tag. Zu berücksichtigen ist, dass der Eisenbedarf mit zunehmendem Energieumsatz steigt. Zur Substitution sollten nur 2-wertige Eisensalze verwendet werden, da sie besser resorbiert und vertragen werden. Bei gleichzeitiger Einnahme von Vitamin C ist die Eisenresorption verbessert, daher werden Kombinationspräparate Vitamin C plus Eisen angeboten. Nahrungsmittel mit einem hohen Eisengehalt sind: Leber, Fleisch, Amaranth, Sojaflocken, Hirse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Spinat, Petersilie, Aprikosen, Feigen, Nüsse und Schokolade (Kakao).

Eine Ergänzung der Nahrung über Eisenpräparate sollte aber nur nach ärztlichem Rat erfolgen.  

  

Zink

  

Zink, Eisen, Kalzium und Kupfer stören sich gegenseitig bei der Aufnahme. Eine gleichzeitige Gabe von Zink- und Eisensalzen kann zu einer verminderten Resorption von Zink führen. Es ist deshalb eine zeitversetzte Einnahme zu empfehlen. Eine übermäßige Zinkzufuhr kann den Selenstatus beeinträchtigen und eine rein vegetarische Ernährung begünstigt einen Zinkmangel.

Für den Sportler ist vor allem die Bedeutung von Zink für den Proteinstoffwechsel und das Immunsystem wichtig. Ein Zinkmangel behindert die Proteinsynthese und den Laktatabbau. Für Ausdauersportler wird eine tägliche Aufnahme von 20 – 30 mg Zink empfohlen, was durch Lebensmittel meist kaum erreicht werden kann. Je höher der Trainingsumfang ist, desto leichter kann es zu einem Zinkmangel kommen, was zu verzögerter Regeneration und erhöhter Infektanfälligkeit führen kann.

 

Jod

 

Ein großer Teil der Bevölkerung leidet an einer mangelhaften Versorgung mit dem essentiellen Spurenelement Jod.  Es ist insbesondere Baustein für die körpereigene Synthese der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Die Schilddrüsenhormone erhöhen den Energieumsatz, beeinflussen den Stoffwechsel zahlreicher anderer Hormone, regulieren den Wärmehaushalt und steuern das Wachstum. Die Bedeutung der Schilddrüsenhormone im Energiestoffwechsel und bei der Proteinbiosynthese verdeutlicht die Wichtigkeit einer ausreichenden Jodzufuhr im Rahmen der Sportler-Ernährung.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Erwachsene eine tägliche Jodaufnahme von 150 bis 200 microg, in der Schwangerschaft und Stillzeit von 230 bis 260 microg am Tag. Die durchschnittliche Jodaufnahme in der deutschen Bevölkerung liegt aber nur bei 100 microg pro Tag. Die Ursachen dafür liegen in dem niedrigen Jodgehalt der pflanzlichen und tierischen Nahrungsmittel. Die landwirtschaftlich genutzten Böden sind extrem jodarm, so dass eine rein vegetarische Ernährung den Jodmangel fördert. Außerdem beeinträchtigen ein hoher Kaffee- und Teekonsum die Jodverwertung, ebenso wie bei Alkoholabusus und Rauchen. Ein gleichzeitig bestehender Selenmangel und eine Eisenmangelanämie beeinträchtigen den Stoffwechsel der Schilddrüsenhormone. Eine gute Versorgung mit Jod kann über den regelmäßigen Verzehr von Meeresfisch (1- bis 2-mal wöchentlich) sowie von Milch- und Milchprodukten und die Verwendung von jodiertem Speisesalz (15 bis 25 mg Jod/kg Salz) erreicht werden.

 

 

Schlussfolgerungen

 

Bei regelmäßig Sporttreibenden (mehr als 4-5 h in der Woche) muss von einem erhöhten Bedarf an Nährstoffen ausgegangen werden. In der Regel wird dieser durch eine ausgewogene und bedarfsgerechte Ernährung abgedeckt. Häufig wird eine mangelhafte Zufuhr an Vitaminen  und Mineralstoffen in Sportarten beobachtet, bei denen ein niedriges Körpergewicht eine wichtige Rolle spielt, dazu zählt auch der Langstreckenlauf. Bei Athleten, die mehr als 4.000 kcal pro Woche für die sportliche Betätigung aufwenden, kann sich die Notwendigkeit einer Ergänzung in Form von Multivitamin-Mineralstoff-Präparaten ergeben. Diese Empfehlung trifft auf viele Marathonläufer und 100-km-Läufer sowie Triathleten zu. Dabei sollten Omega-3-Fettsäuren mit einbezogen werden, da sie nicht nur eine antientzündliche Wirkung haben, sondern auch einen guten Gefäß- und Immunschutz darstellen (Gröber 2008).

Eine Dosierung von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen über das bedarfsgerechte Maß hinaus hat keinen leistungssteigernden  oder regenerationsfördernden Effekt (Mastaloudis et al. 2006; Cobley u. Marrin 2012). Auf der anderen Seite haben die meisten Nährstoffe eine große therapeutische Breite, können also ohne Schaden über den Bedarf hinaus aufgenommen werden (Ausnahmen: Vitamine A, D  und K). Zumindest sind keine gegenteiligen Effekte bekannt. Bei der Anwendung von NEM wird zwischen Substitution und Supplementierung unterschieden. Die Substitution ersetzt verloren gegangene Substanzen.

Die Ziele der Supplementierung  sind: 1. Stabilisierung des Immunsystems, 2. antioxidativer Zellschutz und 3. eine schnelle Regeneration und höhere Belastungsverträglichkeit.

Eine Supplementierung muss individuell gehandhabt werden. Ausgangspunkt sind der gesundheitliche Zustand, das Ernährungsverhalten, der Trainingszustand und -aufwand sowie die Wettkampfhäufigkeit. Untersuchungen zum Vitaminstatus sind im Rahmen einer Routinediagnostik nicht indiziert. Bei strikten Vegetariern kann die Versorgung von Vitamin D, B12, B2, Fe, Ca, J, Se, L-Carnitin kritisch sein. Sinnvolle Kombinationen sind wegen der Wechselbeziehungen z.B. Multivitaminpräparate, Vitamin C plus Fe, Vitamin-B-Komplex plus Folsäure, Vitamin E plus Omega-3-Fettsäuren sowie Multimineralpräparate. Ein echter „Booster" für das Immunsystem bei Infektanfälligkeit ist eine Vitamin-C-Infusion von 7,5 g.

Vor Hormonpräparaten wie DHEA, Melantonin und Wachstumshormonen (HGH), die als Jungbrunnen angepriesen werden, muss ausdrücklich gewarnt werden. Ganz abgesehen von der Dopingproblematik können Hormone fatale Nebenwirkungen (z.B. Tumorwachstum) auslösen. Auf alle Fälle ist aber die Zusammensetzung der Nahrung wichtiger als jede Supplementierung (Aderhold u. Weigelt 2012). In der Vergangenheit hat oft die Einnahme von mit anabol-androgenen Steroiden verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln zu positiven Dopingbefunden geführt (Geyer et al. 2000). Der Athlet selbst trägt im Falle einer positiven Dopingprobe die Verantwortung für die gekauften und aufgenommenen Ergänzungsmittel.

Eine Studie des Instituts für Biochemie der Deutschen Sporthochschule Köln (Prof. Dr. Wilhelm Schänzer) hat 201 verschiedene Präparate der Deutschen Roten Liste untersucht, die dieselben Inhaltsstoffe enthalten wie Nahrungsergänzungsmittel, jedoch als Arzneimittel einer strengeren Qualitätsprüfung unterliegen. In keinem der untersuchten Produkte konnte eine Verunreinigung mit anabol-androgenen Steroiden nachgewiesen werden. Man kann daraus den Schluss ziehen, dass augrund der höheren Qualitätsanforderungen Präparate der Roten Liste eine risikoarme Alternative zu sonstigen Nahrungsergänzungsmitteln darstellen. Eine gute Möglichkeit, das Risiko von Verunreinigungen auszuschließen, stellt auch die „Kölner Liste" dar (www.koelnerliste.com). Die „Kölner Liste" des Olympiastützpunkts Köln/Bonn/Leverkusen ist eine Zusammenstellung von Nahrungsergänzungsmitteln mit minimiertem Dopingrisiko. Diese Liste stellt aber keine Empfehlung zur Nutzung von Nahrungsergänzungsmitteln dar.

Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln im Sport ist weit verbreitet, wobei Nutzen und Risiko kontrovers diskutiert werden.

 

Aktuelle Forschungsergebnisse

 

Auf dem Markt befindet sich eine ganze Reihe von potentiell leistungsverbessernden Mitteln (ergogene Substanzen). Die Nahrungsergänzung erfolgt in der Erwartung, die sportliche Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit im Training, Regeneration und Immunfunktion günstig zu beeinflussen. Trotz dieser Erwartungen ist der wirkliche Nutzen einer zusätzlichen Einnahme insbesondere von Antioxidanzien im Sport nicht belegt (Williams 2004, 2005; Nieß et al. 2008, Hipp und Nieß 2008). Die Forschungsergebnisse in den letzten Jahren sind ernüchternd ausgefallen. Bisher konnte kein leistungssteigernder Effekt einer zusätzlichen Einnahme antioxidativer Vitamine gezeigt werden. Es liegen keine überzeugenden Daten vor, dass die zusätzliche Zufuhr von Antioxidanzien den belastungsinduzierten Muskelschaden reduziert oder die muskuläre Ermüdung verzögert (Berg und König 2000).

Die gegenwärtige Datenlage rechtfertigt auch nicht die Supplementierung der immer wieder beworbenen Substanzen Ubichinon (Q 10), Glutathion, Liponsäure, Inosin, Taurin, Cholin, Pyruvat, Vanadylsulfat, HMC (Hydroxymethylbutyrat), HCA (Hydroxycitrat), Orotsäure und Ginseng (Raschka u. Ruf 2012). Demgegenüber können kontraproduktive oder sogar schädigende Effekte nicht ausgeschlossen werden.

Die aktivitätsbedingte Hochregulierung der antioxidativen Mechanismen bietet eine Erklärung, wieso trotz der belastungsinduzierten gesteigerten Bildung freier Radikale, nur geringe oxidative Schäden nachweisbar sind und beim Trainierten sich teilweise sogar ein geringerer oxidativer Stress nachweisen lässt. Ob beim Sportler ein erhöhter Bedarf an Antioxidazien besteht ist nicht eindeutig geklärt. Man geht derzeit davon aus, dass die Deckung des Bedarfs an Makronährstoffen mit Hilfe einer ausgewogenen obst- und gemüsereichen Kost auch zu einer ausreichenden Versorgung mit den notwendigen antioxidativ wirkenden Mikronährstoffen führt. Risikogruppen für eine unzureichende Antioxidanzienzufuhr können Sportler mit einer unzureichenden Kalorienzufuhr, extrem fettarmer Ernährung oder hohem Konsum rasch resorbierbarer Energieträger sein. Vegetarier zählen nicht zur Risikogruppe.

Die Auswahl von Nahrungsergänzungsmitteln muss also individuell erfolgen. Die längerfristige ungezielte Einnahme höherer Dosen von Vitaminen und Mikronährstoffen  kann nach gegenwärtiger Datenlage nicht empfohlen werden, da kontraproduktive Effekte und gesundheitliche Risiken nicht ausgeschlossen werden können. Für Leistungssportler kann eine vollwertige Versorgung aufgrund des erhöhten Bedarfs kritisch werden, so dass die Einnahme von Ergänzungspräparaten eine Absicherung darstellt. Bezüglich der Supplementierung sollten sich Leistungssportler aber durch Fachpersonen beraten lassen. Eine Steigerung der Leistung ist dabei aber nur zu erwarten, wenn vorher ein Mangel vorgelegen hat.

Teil 2 folgt.

  

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

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