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16
09
2008

Wer möglichst lange frisch im Kopf bleiben will, sollte körperlich und geistig aktiv sein und sich gesund ernähren.

Nahrung für den Geist – Dr. Hartmut WEWETZER vom Tagesspiegel fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Hilft Vitamin B 12 dem Gedächtnis auf die Sprünge?

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Hin und wieder, wenn ich, wie jetzt gerade, an meinem Kaffee nippe, kommt mir der Gedanke: Koffein belebt mich, aber leider nur kurzfristig. Was ist auf Dauer? Gibt es eine Diät, mit der man sich geistig fit futtern kann?

Eine interessante Studie zu diesem Thema haben Wissenschaftler aus Oxford kürzlich veröffentlicht. Sie vermuten, dass reichlich Vitamin B 12 in der Nahrung vor Hirnschwund schützt.

Anna Vogiatzoglou von der Uni Oxford legte mehr als 100 Personen zwischen 61 und 87 in den Hirnscanner und maß die Größe von deren Gehirn. Außerdem zapfte sie ihren Versuchspersonen Blut ab und stellte fest, wie hoch deren Vitamin-B-12-Spiegel war. Diese Prozedur wiederholte sie im jährlichen Abstand in den nächsten fünf Jahren. Das Ergebnis war eindeutig, wie die Forscherin im Fachblatt „Neurology“ berichtet. Personen, die viel Vitamin B 12 im Blut hatten, hatten ein um das Sechsfache geringeres Risiko, dass ihr Hirn in dieser Zeit schrumpfte.

„Viele Dinge, die die Gesundheit unseres Gehirns beeinflussen, haben wir nicht unter Kontrolle“, sagt Anna Vogiatzoglou. „Aber diese Studie legt nahe, dass, wenn wir unsere Ernährung auf mehr Vitamin B 12 einstellen, wir ganz einfach das Schrumpfen unseres Gehirns verhindern und so vielleicht unser Gedächtnis retten können.“ Die Forscherin vermutet, dass zu wenig B 12 die aus Bindegewebe bestehende weiße Substanz des Gehirns schwinden lässt.

Also nichts wie in die Apotheke und ein Vitamin-B-12-Präparat erstanden? Ganz so einfach ist es nicht. Die Studie dokumentiert eine interessante Beobachtung – aber sie beweist nicht, dass es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Vitamin B 12 und dem Ausmaß der Hirnschrumpfung gibt. Das bestätigt auch der Neurologe Florian Masuhr von der Berliner Uniklinik Charité. „Der Beweis wäre erst erbracht, wenn eine Gruppe von Personen Vitamin B 12 zu sich nimmt und eine andere nicht und sich dann herausstellt, dass die Vitamingruppe mehr Gehirn behält“, sagt Masuhr.

Dabei wäre eine hirnschonende Vorbeugung mit dem Vitamin so verlockend: einfach, preiswert und ungefährlich. Doch es wäre verfrüht, damit zu beginnen. Es bringt nicht sehr viel, wenn man in Sachen Gehirnfitness auf Vitaminpräparate setzt. Die Pille für den Geist gibt es leider nicht.

Wer möglichst lange frisch im Kopf bleiben will, sollte körperlich und geistig aktiv sein und sich gesund ernähren. Etwa nach Art der mediterranen Diät: wenig rotes Fleisch, viel Obst und Gemüse, pflanzliche, ungesättigte Fette, viel Fisch und, ja, auch ein Gläschen Alkohol.

Belegt ist außerdem, dass hoher Blutdruck, Zuckerkrankheit und erhöhte Blutfettwerte dem Gehirn zusetzen können. Wer etwas gegen diese Risikofaktoren tut, schützt auch seinen Geist.

Dr. Hartmut Wewetzer leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegels, Sonntag, dem 14. September 2008 

Vor kurzem erschien „Der Brokkoli-Faktor“, eine Sammlung von Hartmut Wewetzers Kolumnen im Ullstein-Verlag (185 Seiten, 7,95 Euro). 
 

 

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