Mit der Verpflichtung des aktuellen Weltrekordhalters im Marathon, dem Kenianer Dennis Kimetto, hatten die Veranstalter des Fukuoka International Marathon in der südjapanischen Hafenstadt bereits im Vorfeld deutliche leistungssportliche Zeichen gesetzt.
Die Bilanz des Lauf am letzten Sonntag läßt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Nach 18:20 Minuten war das Rennen “gelaufen”. Denn da gab Kimetto das Rennen auf, nachdem er sich nach gut 2 km in einer Kurve den Oberschenkel zerrte und zusehens schnell zurückfiel.
Apropos “sehen”: Die TV-Zuschauer bei der Sendung mit traditionell hoher Einschaltquote bei KBC (Asahi TV) bekamen davon wenig mit, in den ersten 30 Minuten des Laufs (bis 10 km) mussten diese 12:30 Minuten Werbung ertragen. Da hilft dann auch eine ansonsten sehr gute Umsetzung des Events wenig.
Pünktlich um (exakt) 12:10 Uhr mit Hilfe eines professionellen(!) Starters ging das Rennen los, Start und Ziel befinden sich auf der Tartanbahn des Heiwadai Stdions. Dies gilt allerdings nur für Läufer mit PBs unter 2:27 Stunden, von denen immerhin 134 am Start waren. Die restlichen 655 Teilnehmer mit Zeiten bis 2:40 Stunden starteten separat im nahe gelegenen Ohori Park und treffen auf den Kurs der Elite erst nach einer Meile.
Wie enttäuschend die Resultate am Ende für die Organisatoren waren, versteht sich aus den hohen Erwartungen im Vorfeld.
Immerhin war es gelungen, den Halter des aktuellen Weltrekords, Dennis Kimetto (2:02:57, Berlin 2014) zu verpflichten, und mit dem Vorjahressieger Patrick Makau war ein weiterer Läufer mit Weltrekordwürden am Start. Da auch die äußeren Bedingungen mit 12,8°C und wenig Wind viel versprechend waren, galt ein Angriff auf den Streckenrekord von 2:05:18 aus dem Jahr 2009 als realistisch. Das ist auch die beste Zeit auf japanischem Boden und im Zehnermittel wäre Fukuoka wieder am Konkurrenten Tokyo vorbeigezogen.
Doch aus all diesen Erwartungen wurde am Ende wenig. Noch vor dem völlig überraschenden Austieg Kimettos deutete schon der erste km in 3:05 an, dass das Unterfangen problematisch weren würde. Denn auch die Tempomacher waren an diesem Tag ein Schwachpunkt bei der Mission zum Rekord. Die sorgten nämlich von Beginn an für kein gleichmäßiges Tempo und quittierten ihren Job bereits nach 25 km.
Mit den Tempomachern in der ersten Reihe geht es auf die ersten Runden im Stadion. Mit 3:05 waren die ersten 1000 m auf der Bahn langsamer als geplant. (c) H. Winter
Nach dem Ausfall Kimettos musste sich die Spitze neu orientieren, mit 15:07 war man nicht ganz auf Kurs zu 1:03 für die erste Hälfte. Kimetto joggte nach seinen Problemen noch bis hinter die 5 km-Marke, die er nach 16:20 Minuten erreichte und wurde dabei von vielen sichtlich irritierten einheimischen Läufern passiert. Das Tempo an der Spitze lag nun mit 2:56, 2:57, 2:58, 2:58 unter 3 Minuten, bei 9 km war man auf Kurs von 2:06:16. Dann folgte aber mit 3:05 wieder ein langsamer Abschnitt. Bis man 10 km nach 30:01 erreichte, schienen sich die Dinge verkehrt zu haben. Denn die eingeladenen Afrikaner Makau, Feleke, Koech, etc. hielten sich zurück und die Spitzengruppe bestand bis hier neben den Tempomachern (Wanjohi, Kiplimo, Macharia) ausschließlich aus fünf Japanern und dem Mongolen Bat-Ochir.
Während nach knapp 10 km die “Afrikaner” zur Spitze aufschlossen, konnte Yuki Kawauchi dem hohen Tempo nicht mehr folgen. Überraschend war nicht seinen Ankündigungen gefolgt, sich am Anfang zurückzuhalten und mit den Tempomachern der zweiten Gruppe zu laufen.
Bei 10 km lag die Spitze incl. Yuki auf Kurs zu 2:06:39, für einen Läufer mit einer Bestzeit von 2:08:14, mit elf Marathonläufen im Jahr 2015 und dem New York City Marathon vom 1. November in den Knochen musste das einfach zu schnell sein. So war es auch, Yuki brach ein und verlor sehr schnell auf die Spitze. Am Ende lag er mehr als 4 Minuten hinter dem Sieger.
Damit düften sich seine Ambitionen in Sachen Olympia erledigt haben. Der extreme Vielstarter, der übrigens zu Silvester nach Deutschland kommt und in Trier läuft, sollte schnellstens in sich gehen und seine Wettkampfzyklen überdenken. Mit diesem Raubbau seiner Kräfte, der keine Regeneration zulässt, wird es für ihn leistungsmässig immer weiter nach unten gehen. Dabei zeigte auch der Lauf in Fukuoka sein großes Potential; es ist phänomenal, wie ein Läufer einen solchen Zustand weitgehender Erschöpfung überwinden kann und in der Endphase eines Marathons zurück kommt und viele Plätze gut machen kann. In Fukuoka wurde Yuki zunächst “durchgereicht” und kämpfte sich im Finale in 2:12:48 noch auf Platz 8. Dabei legte er trotz Einbruchs nach 10 km die erste Hälfte in 1:05:24 zurück, für den zweiten Part brauchte er zwei Minuten mehr.
Patrick Makau (KEN) konnte seinen Vorjahressieg in Fukuoka wiederholen. (c) H. Winter
An der Spitze lag man bis 25 km auf Kurs von 2:07 Stunden. Dort verabschiedeten sich etwas überraschend die beiden Pacer und sieben Läufer bildeten nun die Spitze. Neben den verbliebenen Favoriten Makau, Fekele und Koech waren das Mathathi (Sieger in Fukuoka von 2013), Bat-Ochir sowie die beiden Japaner Takada und Sasaki. Dabei war erstaunlich, wie locker der Japaner Satoru Sasaki mit einer Bestzeit von 2:09:47 das für ihn eigentlich zu schnelle Tempo mitging.
Mit diesem Tempo war es aber nach dem Ausscheiden der Tempomacher mit Splits von 3:06, 2:58, 3:08, 3:09, 3:11 weitgehend vorbei, bei 30 km in 1:30:50 lag man nur noch auf Kurs von 2:07:45. Kurz danach fielen Takada und Bat-Ochir zurück und an der Wende bei 31,6 km nach 1:35:50 lagen noch fünf Läufer vorne zusammen. In der Nähe von 35 km attackierte dann Bernard Koech, dem nur noch Makau folgen konnte. Kurz danach konnte sich dann Makau entscheidend von Koech absetzen. Doch obwohl eine Topzeit bei 35 km in 1:46:10 kaum noch möglich war – entspricht einer Zeit von 2:08:00 – konnte man noch auf eine kosmetische Verbesserung der Siegerzeit hoffen. Doch dies trat leider nicht ein.
Makau lief nach 38 km den km in 3:01, um Koech los zu werden. Danach folgten aber wieder Splits mit 3:07 und 3:06, ohne dass die Verfolger näherrückten. Koech schwächelte und Feleke konnte sich trotz Magenproblemen auf Platz 2 vorarbeiten. Zur Überraschung zog nun auch noch der Japaner Sasaki an Koech vorbei. In dieser Konstellation ging es ins Stadium, wo Makau unagefochten nach 2:08:18 seinen Sieg aus dem Vorjahr wiederholen konnte. Er war diesmal sogar 4 Sekunden schneller, aber angesichts der hohen Erwartungen war die Enttäuschung trotzdem zu spüren. Im weltweiten Ranking des Jahres 2015 liegt er damit gerade einmal auf Platz 77. Feleke in 2:08:31 und Sasaki in 2:08:56 blieben noch unter 2:09 Stunden, Koech war in 2:09:43 auf Platz 4 der letzte Läufer, der eine Zeit unter 2:10 erreichte. Alle Erstplatzierten liefen einen positiven Split um die 2 Minuten für die zweite Hälfte.
Getu Feleke (ETH) wurde in 2:08:31 Zweiter. (c) H. Winter
Yuki Kawauchi war jenseits der Position 15 zurück gefallen, rollte aber im letzten Drittel das Feld wieder auf und verpasste in einem sehenswerten Finale auf der letzten Runde im Stadion nur knapp Platz 7, den sich sein Landsmann Yoshiki Otsuka in 2:12:46 erkonterte, Yuki folgte 2 Sekunden später. Damit konnte er natürlich nicht zufrieden sein, aber – wie oben schon ausgeführt – sind seine Ergebnisse durchaus zu erklären.
Ob er nun noch Ambitionen in Richtung Rio hegt, kann fast ausgeschlossen werden. Sein Fokus liegt auf einem Frühjahrs-Marathon in Europa, den er hoffentlich einmal völlig regeneriert angeht. Dazu müsste er allerdings gleich zweimal über den eigenen Schatten springen.
Otsuka und Kawauchi (beide JPN) kämpfen mit letztem Einsatz um Platz 7. (c) H. Winter
Fazit: Die Anstrengungen der Organisatoren mit ihrer Veranstaltung das internationale (Leistungs-)Niveau zu halten (besser: wieder zu erreichen), sind unverkennbar. Dazu wird zunehmends mit alten Traditionen weniger geladener Eliteathleten und Tempomacher nur für eine moderat anlaufende Spitzengruppe gebrochen. Gebracht hat das trotz der Verpflichtung von Weltklasse-Läufern in diesem Jahr nicht viel. Der Topstar Kimetto, der in der Tat schnell laufen wollte, fiel aus, die Arbeit der Tempomacher war bescheiden und viel zu früh nach bereits 25 km zu Ende, die verbleibenden Athleten hatten augenscheinlich an diesem Tag nicht das Potential, die guten Bedingungen für schnelle Zeiten zu nutzen.
Patrick Makau gelang zwar wieder der Sieg in Fukuoka, an das Leistungspotential früherer Zeiten (WR in 2:03:38 im Duell gegen Haile 2011) kommt er wohl nicht mehr heran. Seine weiteren Ziele, im kommenden Jahr einen Marathon in 2:05 Stunden zu beenden, zeugt von einer sehr realistischen Selbsteinschätzung des Kenianers.
Im kommenden Jahr wird Fukuoka bereits die 70. Ausgabe erleben,vielleicht gibt es ja dann wieder einen Leistungssprung. Denn “Golden Label” sind die Leistungen dort (wie übrigens bei etlichen anderen Events dieser IAAF-Klasse) schon lange nicht mehr. Interessant dürfte auch sein, wie sich die Konkurrenz zum (Massen-)Marathon in Fukuoka darstellt, der einen Monat zuvor stattfindet. Die Stimmen werden immer lauter, die beiden Marathons zu vereinen und in den Monat Februar zu verschieben.
Dann wäre der Februar der Monat der Serie der japanischen Großevents mit: Beppu-Oita – Fukuoka – Tokyo – Lake Biwa. Mal sehen, wie lange noch Tradition und japanische Sturheit diese Entwicklungen aufhalten können.
Helmut Winter
Ergebnisse Fukuoka Marathon am 6.12.2015 |
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10 km | 20 km | HM | 30 km | 40 km | Ziel | ||
1 | MAKAU, Patrick | 30:04 | 1:00:08 | 1:03:29 | 1:30:50 | 2:01:36 | 2:08:18 |
(14:56) | (15:03) | – | (15:32) | (15:25) | (6:42) | ||
2 | FELEKE, Getu | 30:01 | 1:00:08 | 1:03:29 | 1:30:49 | 2:01:46 | 2:08:31 |
(14:53) | (15:03) | – | (15:31) | (15:33) | (6:45) | ||
3 | SASAKI, Satoru | 30:01 | 1:00:09 | 1:03:30 | 1:30:50 | 2:02:00 | 2:08:56 |
(14:55) | (15:04) | – | (15:32) | (15:46) | (6:56) | ||
4 | KOECH, Bernard | 30:02 | 1:00:09 | 1:03:30 | 1:30:50 | 2:02:03 | 2:09:43 |
(14:53) | (15:04) | – | (15:32) | (15:53) | (7:40) | ||
5 | TAKADA, Chiharu | 30:01 | 1:00:09 | 1:03:30 | 1:30:50 | 2:03:36 | 2:10:55 |
(14:54) | (15:04) | – | (15:32) | (16:48) | (7:19) | ||
6 | PAULA, Paulo | 30:28 | 1:01:01 | 1:04:27 | 1:31:55 | 2:03:54 | 2:11:02 |
(15:11) | (15:22) | – | (15:30) | (16:11) | (7:08) | ||
7 | OTSUKA, Yoshiki | 30:23 | 1:01:08 | 1:04:39 | 1:33:33 | 2:06:00 | 2:12:46 |
(15:14) | (15:28) | – | (16:29) | (16:07) | (6:46) | ||
8 | KAWAUCHI, Yuki | 30:01 | 1:01:46 | 1:05:24 | 1:34:03 | 2:06:00 | 2:12:48 |
(14:54) | (16:08) | – | (15:59) | (16:07) | (6:48) | ||
9 | BAT-OCHIR, Ser-od | 30:01 | 1:00:08 | 1:03:29 | 1:30:50 | 2:05:55 | 2:14:19 |
(14:55) | (15:03) | – | (15:32) | (18:19) | (8:24) | ||
10 | GARCIA, Jose Amado | 32:00 | 1:03:12 | 1:06:40 | 1:34:45 | 2:07:59 | 2:15:25 |
(16:14) | (15:25) | – | (15:58) | (16:57) | (7:26) | ||
11 | SHINOZAKI, Masam. | 30:28 | 1:01:01 | 1:04:27 | 1:32:57 | 2:08:14 | 2:16:45 |
(15:11) | (15:22) | – | (16:17) | (18:24) | (8:31) | ||
12 | SHIRAISHI, Kenichi | 30:28 | 1:01:02 | 1:04:34 | 1:33:54 | 2:09:02 | 2:17:36 |
(15:11) | (15:23) | – | (16:38) | (18:00) | (8:34) | ||
13 | SONODA, Hayato | 30:01 | 1:00:22 | 1:03:50 | 1:32:09 | 2:08:55 | 2:17:40 |
(14:54) | (15:16) | – | (16:08) | (19:34) | (8:45) | ||
14 | NYASANGO, Cutbert | 30:28 | 1:01:19 | 1:04:58 | 1:33:54 | 2:09:22 | 2:17:58 |
(15:11) | (15:38) | – | (16:27) | (18:20) | (8:36) | ||
15 | MATHATHI, Martin | 30:04 | 1:00:09 | 1:03:30 | 1:30:50 | 2:08:16 | 2:18:00 |
(14:55) | (15:03) | – | (15:31) | (21:23) | (9:44) | ||
16 | TOMARU, Kazuki | 30:01 | 1:00:10 | 1:03:30 | 1:32:07 | 2:09:43 | 2:18:39 |
(14:54) | (15:05) | – | (16:38) | (20:22) | (8:56) | ||
17 | KADOTA, Hiroki | 30:03 | 1:02:19 | 1:06:09 | 1:36:47 | 2:12:10 | 2:19:37 |
(14:57) | (16:28) | – | (17:11) | (17:51) | (7:27) |
Inoffizielle Splits des führenden Läufers:
distance | split | last km | last 5 km | projection |
1 km | 3:05 | 3:05 | 2:10:00 | |
2 km | 6:08 | 3:03 | 2:09:24 | |
3 km | 9:06 | 2:58 | 2:07:38 | |
4 km | 12:05 | 2:59 | 2:07:26 | |
5 km | 15:07 | 3:02 | 15:07 | 2:07:34 |
6 km | 18:03 | 2:56 | 2:06:56 | |
7 km | 21:00 | 2:57 | 2:06:35 | |
8 km | 23:58 | 2:58 | 2:06:25 | |
9 km | 26:56 | 2:58 | 2:06:16 | |
10 km | 30:01 | 3:05 | 14:54 | 2:06:39 |
11 km | 32:59 | 2:58 | 2:06:31 | |
12 km | 36:01 | 3:03 | 2:06:39 | |
13 km | 38:57 | 2:56 | 2:06:25 | |
14 km | 42:00 | 3:03 | 2:06:35 | |
15 km | 45:05 | 3:05 | 15:04 | 2:06:49 |
16 km | 48:04 | 2:59 | 2:06:46 | |
17 km | 51:02 | 2:58 | 2:06:40 | |
18 km | 54:01 | 2:59 | 2:06:37 | |
19 km | 57:04* | 3:03 | 2:06:44 | |
20 km | 1:00:08 | 3:04 | 15:03 | 2:06:52 |
21 km | 1:03:11* | 3:03 | 2:06:57 | |
HM | 1:03:29 | (1:03:29) | 2:06:58 | |
22 km | 1:06:16 | 3:04 | 2:07:06 | |
23 km | 1:09:15 | 3:01 | 2:07:03 | |
24 km | 1:12:16 | 3:01 | 2:07:03 | |
25 km | 1:15:18 | 3:02 | 15:10 | 2:07:05 |
26 km | 1:18:24 | 3:06 | 2:07:14 | |
27 km | 1:21:22 | 2:58 | 2:07:09 | |
28 km | 1:24:30* | 3:08 | 2:07:20 | |
29 km | 1:27:39* | 3:09 | 2:07:32 | |
30 km | 1:30:50 | 3:11 | 15:32 | 2:07:45 |
31 km | 1:33:53 | 3:03 | 2:07:47 | |
32 km | 1:36:59* | 3:06 | 2:07:53 | |
33 km | 1:40:02* | 3:03 | 2:07:54 | |
34 km | 1:43:07 | 3:05 | 2:07:58 | |
35 km | 1:46:10 | 3:03 | 15:20 | 2:07:59 |
36 km | 1:49:15 | 3:05 | 2:08:03 | |
37 km | 1:52:22 | 3:07 | 2:08:09 | |
38 km | 1:55:23 | 3:01 | 2:08:07 | |
39 km | 1:58:30* | 3:07 | 2:08:12 | |
40 km | 2:01:36 | 3:06 | 15:26 | 2:08:16 |
41 km | 2:04:39* | 3:03 | 2:08:17 | |
42 km | 2:07:41 | 3:02 | 2:08:17 | |
Marathon | 2:08:18 | 0:37 | (1:04:49) | 2:08:18 |