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26
05
2014

Nach einem neuen Logo müßte nun der Kinder- Jugendsport auf die Agenda des Deutschen Sportbundes für die Olympischen Sportarten (DOSB). Ein Kommentar von Lothar Pöhlitz ©DOSB

Nach einem neuen Logo müßte nun der Kinder- Jugendsport auf die Agenda des Deutschen Sportbundes für die Olympischen Sportarten (DOSB). Ein Kommentar von Lothar Pöhlitz

By GRR 0

Als Dr. Thomas Bach noch Chef im DOSB war hielt er bei einer Fachkonferenz „Schule und Sport" in Frankfurt/M, sagen wir einmal nicht nur einen Finger sondern eine ganze Faust in die große „Nachwuchs-Wunde" unter der alle Fachverbände  leiden. Die Konkurrenzfähigkeit Deutschlands in der Welt hat mangels hochbegabter Talente spürbar abgenommen. Die vom DOSB, den Medien und den Fans erwarteten Medaillen bei den Olympischen Spielen wurden seit den 90iger Jahren immer weniger.

Medaillenziele und Medaillenwirklichkeit haben unlängst bei den Olympischen Winterspielen deutlich gemacht wie steil die Rampe ist auf der es bergab geht. Alle durch den DOSB vertretenen Olympischen Sportarten klagen über Talent- und Trainermangel. Generalsekretär Vesper und seine Mitarbeiter reden – auch im Rahmen ihrer öffentlichen Leistungssport-Verantwortung –  derzeit nicht über solche dringenden Probleme, vielmehr präsentieren sie ein neues Logo oder beleben nach der kräftigen Abfuhr in Bayern eine neue Diskussion um die Durchführung Olympischer Spiele in Deutschland.

Haben wir keine Zukunftssorgen, haben wir keine Groß-Baustellen im Sport? Auch der Schulsport hat im Rahmen seines früher komplexen Bildungsanspruch – zu dem auch die Körperbildung gehört –  kräftig verloren und dem außerschulischen Sport sind die Sportlehrer und Übungsleiter mangels Finanzierung und Aufmerksamkeit davongelaufen.

 

„Das Verhältnis von Schule und Sportverein ist brisant" (Dr.Thomas Bach)

  

Mit dem Bekenntnis „dass Verhältnis von Schule und Sportverein ist brisant" gab Dr. Bach damals leider nur eine Zustandsbeschreibung, warnte und hinterlies Alfons Hörmann als neuen DOSB Präsident – dem ja die Nachwuchsprobleme aus dem Wintersport hinreichend bekannt sind –  und seinen Mitarbeitern die nicht erledigten Probleme. Ihm war der Niedergang des Talentangebots mit Medaillenvoraus-setzungen sehr bewusst.

Ein Jugend-Qualitäts-Bestenlistenvergleich in der Leichtathletik zu früher würde die Augen weit öffnen, eine  landesweite Diskussion mit Druckpotential um den Zustand des deutschen Schulsports anstoßen, um neue moderne Voraussetzungen zu schaffen auch den außerschulischen Sport wieder auf ein Niveau zurückzubringen wie es in West und Ost schon einmal war.

Alle wissen: für die Talentausbildung fehlen Grundvoraussetzungen an der Basis, Trainingszentren, Trainer und Übungsleiter in den Vereinen  – leistungsorientiert arbeitende Nachwuchsleistungszentren in den LV und vor allem fitte, leistungsbereite Kinder. Ein leistungsinteressierter DOSB müsste nicht nur kurz vor Olympischen Spielen dafür seine Führungsrolle, die er 1990 für ganz Deutschland gern und offensiv übernommen hat, beanspruchen.

 

Im Zusammenhang mit der Präsentation des neuen Logos positionierte sich der DOSB so:

  

„Das neue Erscheinungsbild des DOSB und die Logoentwicklung sind Teil eines mehrstufigen Prozesses, den der DOSB beschreitet. Ausgehend von einer Marktforschung, welche die Facetten den Sporttreibens und die Faktoren für ein Engagement im Verein aufgezeigt haben, folgte eine umfassende Analyse der Aktivitäten des DOSB, um eine optimierte Markenführung zu erreichen. Neben dem neuen Erscheinungsbild, das gemeinsam mit der Agentur Realgestalt aus Berlin entwickelt wurde, werden aktuell weitere kommunikative Schritte erarbeitet, welche auf die Marke DOSB, aber auch auf die Stellung des Sports in der Gesellschaft einwirken sollen".

  

Ein helfender Beitrag der Medien würde eine Wende á la 1990 unterstützen – Um Medaillenaufträge zu erfüllen braucht man Bedingungen

 

Heute soll ein wesentliches, nicht neues Anliegen erneut vorgetragen werden dass im Rahmen „weiterer kummunikativer Schritte" Aufnahme in die praktische Arbeit finden muß und den Sport-Verbänden die Erfüllung der vom DOSB erteilten Medaillenaufträge zukünftig wieder besser ermöglicht. Wenn im DOSB – wie beim neuen Logo –  eine Marktforschung gebraucht wird um die Schlüsselprobleme im Kinder- und Jugendsport, im Nachwuchsleistungssport und im Erscheinungsbild des Schulsports zu erkennen und zu verändern ist die deutsche Konkurrenzfähigkeit bei Weltmeisterschaften und Olympischen und die Gesundheit der Nation ernsthaft in Gefahr.

Der DOSB sollte doch in der Lage sein der Bundesregierung ein überzeugendes, praktikables Konzept für nicht länger aufschiebbare neue Beschlüsse für diese Bereiche zu präsentieren. Die Marke DOSB, ihr Führungsanspruch und die Stellung des Sports in unserer Gesellschaft wurde in den Jahren durch eine Verselbständigung  der Marke „Fußball, Fußball über allem", spürbar geschwächt, ohne große Gegenwehr, auch durch kräftige Mithilfe der Medien und Sponsoren.

Damit soll keinesfalls die tolle, zielgerichtete Arbeit kritisiert werden die der DFB allein mit der Schaffung seiner Nachwuchsleistungszentren geleistet hat. Gerade hat auch Hannover 96 den Bau eines neuen Nachwuchsleistungszentrums für 20 Millionen Euro öffentlich gemacht. 20 Millionen – das wäre ein Segen für den DLV.   

Inzwischen „spielen" in den Sportarten außerhalb des Fußballs z.B. immer weniger Leichtathleten in der Champions League. Die meisten großen Leichtathletik-Sponsoren von früher haben sich dem Motorsport, Golf, Tennis, Billard, Dart oder Fußball zugewendet und die Medien, sogar die „Öffentlich-Rechtlichen" – die sich u.a. dem Kinder- und Jugendsport fast vollständig verweigern – hatten bisher kräftigen Anteil, auch wenn gerade signalisiert wurde das der deutschen Leichtathletik durch ARD & ZDF für 2014 wieder Sendezeiten zugesagt wurden. Vielleicht gibt es doch noch ein Zurück und TV-Wunder.

  

Nervenzellen entstehen neu wenn man sich körperlich anstrengt – „Im Reden halten sind wir gut…………….."

 

Über den seit Jahren öffentlich unbeachteten – man hat mehr den Eindruck bewusst nicht diskutierten Schulsport – wird im Rahmen des vielfältig von der Wirtschaft und Wissenschaft beklagten Bildungsnotstandes von den Kultusministern und Landesregierungen geschwiegen. Wir können keine Flughäfen, die Opposition will  keine modernen Bahnhöfe, wir können keine ICE-Züge, keine Verkehrswege oder keine Philharmonie in Hamburg, unsere Straßen und Brücken sind verschlissen und lange hat's keiner gemerkt und auch für die geistig-körperliche Ausbildung unserer Kinder- und Jugend ist das notwendige Geld nicht vorhanden weil die individuellen Interessen der Volksvertreter offensichtlich woanders liegen.

Während wir uns um Europa und die Welt sorgen stagniert unser schönes Land im Mittelmaß, der Mittelstand wandert aus, wie schon früher einmal aus der DDR und wir werden auf vielen Gebieten von Wissenschaft, Innovation, Technik und Städtebau von der Welt links und rechts überholt. „Im Reden halten sind wir gut, in der praktischen Umsetzung von Wissen haben wir große Defizite" (Dr. Wolfgang Schäuble ARD 10.5.2014).

 

Mehr bewegen, am besten täglich – Pädagogik ist die …

 

Nicht die Schulform, die Größe der Schulhäuser, die Anzahl der Schulstunden oder die Anzahl der Lehrer sondern die Bildungsqualität würde die einst stolze, weltweit geschätzte Marke Made in Germany wieder konkurrenzfähig machen. Da könnte vielleicht die Wiederhinwendung zur komplexen Pädagogik helfen:

Pädagogik, Erziehungswissenschaft und Bildungswissenschaft sind Bezeichnungen für die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Theorie und Praxis von Bildung und Erziehung auseinandersetzt" (WIKIPEDIA).

Es ist auch Zeit Kindern wieder das „Bewegen durch möglichst täglichen Sport zu lehren" und die körperliche Entwicklung ins Bildungssystem zu integrieren. Mangelnde Beweglichkeit, Motorik- und Koordinationsprobleme, Verhaltensstörungen und Haltungsschäden, Fettleibigkeit und Kinderkrankheiten (Diabetis, Blutdruck, Leistungsverlust, Antriebsschwäche u.a.) nehmen immer mehr zu und werden seit Langem von den Ärzten beklagt.

Und alle Parteien des Bundestags hören weg und schweigen, viele vielleicht auch weil sie eine solche Erziehung nicht erfahren haben. Die Verantwortung aller liegt doch in der Anerziehung von Ernährungsgewohnheiten, einer Mengenlehre auf dem Teller und dem Bewegen der Kinder in Bewegungskindergärten und im Schulsport durch mehr körperliche Aktivitäten. Natürlich bedarf es dafür dringend zu renovierende, modernen Ansprüchen genügende Qualitäts-Bildungsprogramme, auch zur Ausprägung benötigter Intelligenz.

Bildung tut Not und noch heute gilt die alte Erkenntnis dass vor allem „in einem gesunden Körper ein gesunder Geist lebt".

 

„Nervenzellen entstehen immer neu, vor allem, wenn man sich körperlich anstrengt." (Prof. Dr. Tobias Bonhoeffer)

  

„Die Einstiegsleistungen der Kinder und Jugendlichen werden zunehmend schwächer (17; 18; 19; 66). Zur Förderung der motorischen Leistungsfähigkeit und der körperlich-sportlichen Aktivität von Kindern und Jugendlichen müssen gesamtgesellschaftlich bewegungsaktive Lebensstile gefördert werden. Hierfür ist es erforderlich, dass für die Heranwachsenden ein bewegungsfreundliches Umfeld geschaffen sowie vielfältige Bewegungsräume und -angebote auf- und ausgebaut werden (63; 99; 100).

Eine systematische Talentsuche ist Voraussetzung um möglichst viele begabte Kinder zu gewinnen. Die Entwicklung der motorischen Leistungsfähigkeit erfordert vor allem im Kindesalter dass angemessene Reize an das motorische System gesetzt werden." (IAT Leipzig 2013).

  

Wollen wir überhaupt noch Erfolge bei Olympia?

 

Die Hoffnungen auf Veränderungen wurden durch die Medienberichte von der kürzlich durchgeführten Sportausschußsitzung – als das Vertretergremium des deutschen Bundestages für alle Probleme des deutschen Sports – beträchtlich gedämpft. Die Sportfördermittel unseres reichen Landes wurden wenigstens nicht reduziert, ein Antidopinggesetz"entwurf" in Aussicht gestellt.

Der Kinder- und Jugendsport und die Schulsportprobleme aber wurden von der Sport-Ausschuß-Vorsitzenden Dagmar Freitag (SPD) wieder nicht auf die Agenda gesetzt. Sicher ist ihnen klar was allein eine „Renovierung des Schulsports"  kosten würde. Die Basis murrt kräftig, auch weil ihr aus verschiedenen Richtungen Unfähigkeit vorgeworfen wird. Es wäre an der Zeit das die Abt. Jugendsport beim DOSB ihre Verwaltungsmentalität gegen eine Führungsrolle eintauscht die ja der Sportbund insgesamt für den Sport (inzwischen außerhalb des Fußballs) nicht nur bei der Führung von Olympiamannschaften beansprucht.

Der Olympische Sportbund müßte seine Mitglieder aktiv auch im Nachwuchssport vertreten wie es früher einmal war und dem Sportausschuß des Deutschen Bundestages baldmöglichst  ein Konzept zur Veränderung / Verbesserung der Situation im Kinder- / Jugend- und Schulsport unseres Landes zum Wohle der Volksgesundheit, der Bildung und auch der Leistungsfähigkeit der Olympischen Sportarten zur Beratung und Beschlußfassung vorlegen.

Dafür müsste aber parallel sicher erst einmal über die Richtungen der Geldflüsse der Regierung und der Landesregierungen – unter dem Motto Deutschland Deine Zukunft – nachgedacht werden.

 

Lothar Pöhlitz

 

Leichtathetik Coaching-Academy

author: GRR

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