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02
01
2013

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Motivation - Vom Vorhaben zur Umsetzung ©privat

Motivation – Vom Vorhaben zur Umsetzung – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

In erster Linie sollte man Spaß am Laufen haben. Laufen mit Freunden, genießen der Zeit zur Entspannung und auch, um ins Schwitzen zu kommen. Sie werden sich auf alle Fälle hinterher besser fühlen. Jeder Lauf hat eine unterschiedliche Funktion, oder wenn Sie so wollen, ein unterschiedliches Thema.

Natürlich ist nicht jedes Training gleich, aber solange Sie gesund sind, werden Sie auch aus Tagen, an denen wenig geht, Positives schöpfen – nämlich die Motivation, sich wieder auf den nächsten Lauf zu freuen (Übungslauf). Es gibt aber auch Tage, an denen laufen Sie los und Sie fühlen sich von Anfang an stark und motiviert. Nutzen Sie diese Tage als Energiequelle und erleben Sie das Körperliche in seiner reinsten Form. Berauschen Sie sich an dem Gefühl, sich zu verausgaben und die eigene Kraft und Leistungsfähigkeit zu spüren (Energielauf)

 

Auch geistig fit – laufend die besten Ideen

 

„Man gewinnt mental durch das Laufen, es ist, als ob dein Gehirn gewaschen wird. Nach dem Laufen fühle ich mich besser und kann auch effektiver arbeiten" (Haile Gebrselassie). Wer regelmäßig läuft wird immer wieder feststellen, dass einem beim Laufen häufig die besten Ideen kommen (Kreativlauf). Bewegung beflügelt den Geist, das wusste schon der griechische Philosoph Sokrates. Peripatetiker (peripatein – spazieren gehen) wurden die Schüler des Aristoteles nach der Wandelhalle, in der sie während des Unterrichts hin- und hergingen, genannt. Laufen und Denken standen bei ihnen in direkter Beziehung zueinander. Friedrich Nietzsche hat das Sitzfleisch als die Hauptsünde wider den Geist bezeichnet und war der Meinung, dass nur die „ergangenen" Gedanken von Wert sind.

Ausdauertraining kann den Intelligenzquotienten (IQ) steigern, das hat eine schwedische Studie ergeben. Laufen verbessert die Kreativität und Intelligenz (Young 1979, Stroth et al. 2009, Bartmann 2009). Während bei einem moderat intensiven Ausdauertrainings hirnphysiologisch betrachtet kognitive Aktivitäten im präfrontalen Kortex auftreten können und Reflexionen des Alltags oder die Lösung spezifischer Probleme möglich sind, ist das bei einer hochintensiven Belastung kaum mehr möglich (Stoll et al. 2010). Im regenerativen Dauerlaufbereich locken Sie Serotonin, das macht Ihnen den Kopf frei und sorgt für gute Laune.

Beim extensiven Dauerlauf kommt der Gedankenfluss dank ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) so richtig in Gang. Wenn Sie dann den Turbo zünden und alles von alleine läuft, sind vielleicht die Endorphine im Spiel (Strunz 2005 und 2012).

Körperliche Aktivität stimuliert die Bildung und Verschaltung von Nervenzellen (Hollmann und Strüder 2003). Laufen kann als Medium zur Problemlösung und Ideensammlung dienen. Eine wichtige Rolle spielt Bewegung beim Verarbeiten und Speichern von Informationen. Laufen, Auf- und Abgehen, lautes Vorsprechen sowie Mitschreiben verstärken den Lerneffekt und machen die Beteiligung motorischer Bereiche im Gehirn beim Lernprozess deutlich. Untersuchungen haben gezeigt, dass Laufen die Gehirnaktivität auch in diesen Bereichen steigert.

Aber warum ist das eigentlich so? Laufen im Sauerstoffüberschuss fördert die Hirndurchblutung und offensichtlich auch die Versorgung mit dem „Kreativitätshormon" ACTH (Adrenocorticotropes Hormon), das in der Hypophyse gebildet wird. ACTH senkt den Blutdruck, entspannt und fördert die geistige Aktivität. Es gilt als einzige bisher bekannte Substanz, die in der Lage ist, Fettablagerungen zwischen den Gehirnzellen wieder aufzulösen, was den Gedankenstrom verbessert und beschleunigt.

Nicht selten nimmt man den täglichen Ärger mit auf die Laufrunde und die Gedanken kreisen dann um die immer gleichen Probleme. Wir können aber unsere Gedanken bewusst lenken und konstruktiv und kreativ einsetzen. Denken Sie ruhig über Ihre Bedrängnisse nach, reflektieren und analysieren Sie während des Laufens. Mit der Zeit wird sich dabei alles relativieren und ein seelisches Gleichgewicht einstellen (Befreiungslauf). Beim Laufen werden nicht nur Kalorien sondern auch Sorgen, Zweifel, Ängste und belastende Emotionen verbrannt.

Durch Visualisierung können Sie sich vorstellen, wie problematische Situationen im Berufs- und Privatleben oder auch im Sport gelöst werden können. Das Erreichen dieses Ziels wird geistig vorweggenommen, was zu einer Bahnung führt. Es fällt Ihnen dann auch im realen Leben leichter, dieses Ziel zu erreichen.

Laufen soll auch der geistigen Erholung dienen, quasi als Ausstieg auf Zeit. Studien haben gezeigt, dass Ausdauersport die Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin, Dopamin, und Beta-Endorphin stimuliert, die für eine Verbesserung der Stimmung zuständig sind (Erholungslauf). Man kann sich also regelrecht den Kopf frei laufen und Stress abbauen. Gute Gefühle fördern bekanntlich die Gesundheit (Bartens 2010). Laufen kann auch eine spirituelle Übung sein, ein Mittel zur spirituellen Erleuchtung und Erfüllung als Kontemplationslauf (Bauer, 2008; Heidinger 2008; Kay 2009).     

Wenn sich immer wieder belastende Probleme in den Vordergrund drängen helfen Ablenkungsstrategien. Die Ablenkung durch Konzentration nach innen nennt man dissoziative Strategie, die Konzentration auf Körpersignale und auf den Wettkampf, also nach außen, wird als assoziative Technik bezeichnet. Sich geistig zu sammeln und auf eine einzige Sache zu konzentrieren fördert die Aufmerksamkeit und hat meditativen Charakter (Meditationslauf).

Am sinnvollsten ist es, wenn Sie sich dabei auf einen kurzen Satz, ein Wort oder auch nur auf eine Silbe (Mantra) konzentrieren (z.B. „Ich bin ruhig und gelassen" oder „So Ham – So bin ich"). Laufen Sie absichtslos los, konzentrieren Sie sich auf die Atmung oder auch die Schritte, genießen Sie den Augenblick und lassen Sie Vergangenheit und Zukunft ruhen.

Das meditative Laufen wird seit Jahrhunderten von Mönchen in Tibet praktiziert. Bei diesem Trancelauf, dem „Lung Gom Pa", wird oft tagelang und ohne Unterbrechung gelaufen. Dabei visualisieren sie leicht wie eine Feder oder wie das Licht, unbeschwert und frei, zu sein. Meditierende können sich besser konzentrieren, ihre Emotionen kontrollieren und ihren gefühlten Stress reduzieren, Gelassenheit und ein positiv gestimmtes, ausgeglichenes Gemüt durch Meditationsübungen trainieren. Versuchen Sie laufend zu meditieren und lassen Sie sich überraschen!

 

Die Umsetzung – Vom Vorhaben zum Laufen

 

„Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist" (Victor Hugo). Die beschriebenen positiven Auswirkungen werden sich aber nur dann einstellen, wenn man das Laufen als regelmäßige Aktivität in den Alltag integriert. Der häufig vorgebrachte Einwand „ich habe keine Zeit zum Laufen" löst sich bei einem strukturierten Tagesablauf von alleine auf. Wer wirklich etwas für seine Fitness tun möchte, findet auch die Zeit dazu. Alltagsmanagement (Zeitmanagement) ist gerade für berufstätige Läufer relevant. Arbeitszeiten, Lernzeiten, Trainingszeiten und Erholungszeiten müssen aufeinander abgestimmt werden. Identifizieren Sie Zeitfresser, setzen Sie Prioritäten und nutzen Sie die Zeit besser aus. Wenn Sie trainieren, dann auch mit vollem Einsatz und wenn Sie sich erholen, dann schalten Sie auch 100-prozentig ab.

Im Sport kann man durch ein motivierendes Umfeld (Trainingspartner, -gruppe, Lauftreff) den Aufforderungscharakter verstärken. Suchen Sie aktiv die Nähe von Menschen, welche ähnliche Ziele verfolgen. Eine Verabredung mit einem Laufpartner oder Gruppe ist ein Termin, der eingehalten werden muss. Ein Lauf in der Gruppe ist ideal, um sich auszutauschen und neue Anregungen zu bekommen. Der Ablenkungsfaktor sorgt außerdem dafür, dass man weiter und lockerer läuft. In der Gruppe fällt es auch leichter, ab und zu ein höheres Tempo einzuschlagen. Natürlich sollte das Training nicht permanent in einen Wettkampf ausarten. Ein guter Lauftreff zeichnet sich auch dadurch aus, dass die Gruppe bis zum Ende zusammenbleibt.

Aber nur wer in seinem Handeln Sinn erkennt (Verbesserung der eigenen Fitness), vermag auch zielbezogen und motiviert zu trainieren. Diese Motivation aufzubauen erfordert Selbstverantwortung (Aderhold und Weigelt 2012).

„Zeit haben heißt wissen, wofür man Zeit haben will und wofür nicht" (Emil Oesch). Nehmen Sie sich am besten feste Zeiten vor, z.B. am frühen Morgen oder nach der Arbeit. Machen Sie das Lauftraining zu einem festen Bestandteil des Lebens, entwickeln Sie einen Automatismus. Dazu bedarf es hin und wieder, besonders bei schlechtem Wetter, einer gewissen Überwindung. Mehr Bewegung ins Leben zu bringen kann auch bedeuten, die Treppe anstatt des Aufzugs zu nehmen oder das Fahrrad dem Auto vorzuziehen.

Als Gesundheitsläufer genügt es, jeden zweiten Tag eine halbe bis eine Stunde in dem individuell passenden Tempo ohne Leistungsdruck zu laufen. Das ist die Gelegenheit, dem Alltag mit seinen Vorgaben und Zwängen zu entfliehen, zur Ruhe zu kommen, Sauerstoff zu tanken, die Natur zu erleben oder auch nur eins mit sich zu sein. Schnelligkeit und Streckenlänge spielen dabei keine Rolle, die moderate Bewegung dient als natürlicher Reiz zur Erhaltung physischer und psychischer Funktionsabläufe, Körper und Geist werden aktiviert.

 

Überwindung

 

„Verbringe nicht die Zeit mit der Suche nach einem Hindernis, vielleicht ist keines da" (Franz Kafka). Eigentlich wollten Sie jetzt trainieren, doch das Wetter passt heute gar nicht und überhaupt, es kommt doch gleich im Fernsehen diese interessante Sendung, ach und die wichtigen Mails müssen auch noch beantwortet werden und müde sind Sie sowieso. Jetzt gilt es, sich selbst mit Tricks zu überlisten. Aktivieren Sie sich körperlich durch kurzes Laufen auf der Stelle oder mehrere Strecksprünge, Armkreisen etc.

Waschen Sie das Gesicht und die Unterarme mit kaltem Wasser ab, atmen Sie ein paar Mal kräftig ein und normal aus. Puschen Sie sich selbst: „Come on, lass dich nicht hängen!" Schließen Sie mit sich einen Kompromiss und fangen mit einem Kurztraining an, oft läuft es dann so gut, dass Sie doch das vorgesehene Pensum absolvieren. Verbinden Sie das Laufen mit Genuss, Leichtigkeit, Lust und Beschwingtheit, dann wird es sich auch so anfühlen. 

 

Ein paar weitere Vorschläge dazu:

 

–       sehen Sie abends eine Stunde weniger fern

–       unterbrechen Sie eine lange Autofahrt und laufen Sie zur Erholung ein Stück

–       nehmen Sie auf Dienstreisen, Fortbildungen etc. die Laufsachen mit

–       laufen Sie nach Feierabend vom Job nach Hause und lassen Sie sich am nächsten Morgen von einem Kollegen oder dem Bus mitnehmen

 

Laufen soll in allererster Linie Spaß machen und nicht dem Diktat von Leistung oder Trainingsplänen folgen. Wohlbefinden und verbesserte körperliche Leistungsfähigkeit gibt es durch Anpassungsvorgänge als Nebeneffekt von ganz alleine. Gesundheit ist ein wertvolles Gut, das immer wieder aktiv erworben und erhalten werden muss. Moderates Ausdauertraining durch Laufen, gesunde Ernährung und eine Portion Gelassenheit stellen eine gute Basis dafür dar. Die Verantwortung dafür liegt bei jedem Einzelnen, die Eigenverantwortung kann aber durch fördernde Rahmenbedingungen der öffentlichen Gesundheitsfürsorge gestärkt werden.

 

Bleiben Sie auf dem eingeschlagenen Weg und konzentrieren Sie sich auf Ihr Ziel. Gelegentliche Rückschläge sind ganz normal. Registrieren Sie auch kleine Fortschritte und seien Sie stolz auf das, was Sie schon erreicht haben. Schon mit wenig Training können Sie Ihr gesundheitliches Risiko minimieren. Um einen präventiven Fitnesslevel zu erreichen, ist es nicht erforderlich, an Marathon- oder auch Ultraläufen teilzunehmen. Mit einer vernünftigen Vorbereitung können aber auch Sie sich den Wunsch, einen Halbmarathon- oder sogar Marathon zu bewältigen, erfüllen. Sie schaffen das, garantiert! Haben Sie sich erst an Ihr regelmäßiges Training gewöhnt, werden Sie es nicht mehr missen wollen. „Wir sind, was wir wiederholt tun. Hervorragende Leistungen sind folglich keine Handlung, sondern eine Gewohnheit" (Aristoteles).

  

Laufen als Programm für neue Vitalität

 

Laufen ist der beste Sport, um mit geringem Aufwand fit zu werden und 20 Jahre lang 40 zu bleiben. Körperliche Aktivität kann zwar das Altern der verschiedenen Organsysteme nicht verhindern, jedoch in entscheidendem Maß verzögern und so ihre Funktionstüchtigkeit auf einem höheren Niveau erhalten. Läufer kommen bei vielen Krankenkassen in den Genuss von Bonusprogrammen. Dafür nehmen diese auch weniger Leistungen in Anspruch.

Vor dem Beginn eines Trainingsprogramms sollten Sie aber auf alle Fälle eine medizinische Untersuchung zum Ausschluss von Gegenanzeigen vornehmen lassen.

 

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

Literatur:

  

Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.

Bartens W. Körperglück. Wie gute Gefühle gesund machen. München: Droemer 2010.

Bartmann U. Laufen und Joggen für die Psyche. Ein Weg zur seelischen Ausgeglichenheit. Tübingen: dgvt-verlag 2009.

Bauer M. Die Seele läuft mit. Die meditative Laufschule für Fitness und innere Harmonie. München: Integral 2008.

Heidinger G. Zen Running. Sport als Lebensphilosophie. Wien: Kneipp 2008.

Hollmann W, Strüder H. Gehirngesundheit, -leistungsfähigkeit und körperliche Aktivität. Dtsch Z Sportmed 2003; 54: 265-6.

Kay WA: Meditieren in Laufschuhen. Laufen spirituell erfahren. Bielefeld: Lüchow 2009.

Stoll O, Pfeffer J, Alfermann D. Lehrbuch der Sportpsychologie. Berlin: Huber 2010.

Stroth S, Hille K, Spitzer M, Reinhardt R. Aerobic endurance exercice benefits memory and affect in young adults. Neuropsychol Rehab 2009; 19: 223-43.

Strunz U. Das Mentalprogramm. München: Heyne 2005.

Strunz U. Laufend gesund. So mobilisieren Sie die heilende Kraft des Körpers. München: Heyne 2012.

Young RJ. The Effect of Regular Exercice on Cognitive Functioning and Personality. Brit J Sports Med 1979; 13: 110-7.

 

 

Weitere Beiträge von Dr. Dr. Lutz Aderhold:

 

Risiken und präventive Aspekte des Langstreckenlaufs – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

Erkältungskrankheiten und Influenza – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

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Burn-out- und Übertrainingssyndrom – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

Das Buch von Aderhold/Weigelt:

 

Aderhold/Weigelt: Laufen! Die Buchvorstellung aus dem Schattauer Verlag

 

 

 

 

 

  

 

 

 

author: GRR

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