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12
04
2017

Über 22.000 Meldungen beim 17. HAJ Hannover Marathon 2017 und wieder einmal Diskussionen um die Integrierung von Meisterschaften in eine große Laufveranstaltung

„Mocki“ einfach sensationell!! Sabrina Mockenhaupt gewinnt rasantes Rennen gegen Anja Scherl und ihren 43. Deutschen Meistertitel – Überraschender Sieg von Philipp Baar im Männerrennen vor Hendrik Pfeiffer und Andreas Straßner – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Um es vorweg zu sagen: Man kann es nicht allen recht machen! Die ewigen Nörgler verschafften sich im weiten Gelände um das Neue Rathaus der Niedersachsen-Hauptstadt Hannover wieder einmal etwas Luft.

Diskussionsstoff gibt es immer wieder, wenn Titelkämpfe in eine bestehende Veranstaltung integriert werden und im Umkehrschluss natürlich auch dann, wenn diese isoliert als eigenständige Meisterschaft (oftmals) irgendwo an der Peripherie der Nation durchgeführt werden.

Wettbewerbsverzerrung, nur geringe Wertschätzung der Meisterläufer, großartige Chance in einem leistungsstarken Feld zur Bestzeit laufen zu können und und und….. Argumente pro und contra gibt es zu Hauf.

Bringen wir es (subjektiv) auf den Punkt: Die Deutschen Halbmarathonmeisterschaften waren im HAJ Hannover Marathon bestens aufgehoben, die Teilnehmer durften sich umjubeln lassen von Tausenden von Zuschauern inmitten einer tollen Stimmung und sich als (Leistungs-)Speerspitze unter 8.600 Halbmarathonläufern fühlen.  

Doch beginnen wir den Blick auf einen tollen Laufsonntag mit den Frühaufstehern, und das sind naturgemäß die Marathonläufer. Wir haben auf der Website www.germanroadraces.de ausführlich über den Marathonwettbewerb berichtet, deshalb hier nur einige kurze Anmerkungen.

Das mit Spannung erwartete Rennen zwischen dem dreifachen Hannover-Marathon-Sieger Lusapho April und dem deutschen Marathonrekordler war theoretisch nach zehn Kilometern bereits beendet, praktisch jedoch spätestens nach dreißig Kilometern mit dem Ausstieg des Hamburgers. Aber auch der Seriensieger hatte nicht seinen besten Tag mit nach Hannover gebracht, er wurde hinter dem Kenianer Allan Kiprono (2:09:52) und den zeitgleich mit 2:10:07 einlaufenden Philipp Sanga (Kenia) und Sondre Moen (Norwegen) in 2:11:41 Stunden nur Fünfter.

Souverän und nicht zuletzt deshalb im Vergleich zum packenden Männerrennen etwas unspektakulären Verlauf gelang der deutschen Meisterin Fate Tola bei den Frauen ein ungefährdeter Sieg in 2:27:48 Stunden und fast sechs Minuten Vorsprung vor Nataliya Lehonikova (Ukraine).

Nach dem vorzeitigen Ende des mit Spannung erwarteten Duells zwischen Arne Gabius, dem aus Südafrika stammenden dreifachen Sieger Lusapho April und den kenianischen Läufern geriet unerwartet der Halbmarathon-Wettbewerb mit den integrierten Deutschen Meisterschaften mit über 8.600 Startern in den absoluten Mittelpunkt des Interesses.

Bei den Männern gab es eine absolute Überraschung durch Philipp Baar im Trikot von ART Düsseldorf, der zwar bei den deutschen Crossmeisterschaften als Dritter unerwartet stark war, aber in Hannover konnte man den in Berlin lebenden 25jährigen Business-Manager nicht unbedingt an der Spitze erwarten.

Viel eher den Wattenscheider Hendrik Pfeiffer, der sich nach einer Achillessehnen-Operation wieder in Form gebracht hatte. Diese beiden hatten sich früh von den weiteren Konkurrenten absetzen können und lieferten sich einen spannenden Zweikampf an der Spitze – mit dem besseren Ende für Philipp Baar.

Der hierzulande weitgehend unbekannte Läufer ist seit Ende Dezember wieder in Deutschland, nachdem er während seines Studiums in den USA eher auf den Bahndistanzen über 1500 m und 5000 m und 3000 m-Hindernis getummelt hatte. "Ich mache mir keinen Druck und plane auch nicht in Richtung WM, sondern möchte einfach ein paar interessante Rennen laufen!" Mittelfristig schließt Philipp Baar allerdings auch den Wechsel zur Marathonstrecke nicht aus.
   
Mit 1:04:57 hatte der neue Meister eine flotte Endzeit vorgelegt, mit zwölf Sekunden folgte Hendrik Pfeiffer nach langer OP-bedingten Zwangspause auf Rang zwei. „Ich hatte keine Probleme mehr. Für mich ist dies ein Riesenerfolg nach der Achillessehnenoperation. Natürlich will man gewinnen, wenn man vorne mitläuft. Mir fehlen aber einfach noch einige Wochen Training“, so der 24jährige Wattenscheider, der mit seinem Trainer Tono Kirschbaum einige Wochen im US-Höhencamp Flagstaff verbracht hatte. „Eine 1:04 wäre schön gewesen, doch am Schluss mussten wir allerdings durch das Feld der Marathonläufer Zick-Zack-Kurs laufen!“ Wobei wir wieder beim Thema sind…. Siehe oben!

Aus einer großen Verfolgergruppe konnte sich der bereits der M35 angehörende Andreas Straßner nach 1:06:00 Stunden auf dem Bronzerang unerwartet auf Rang drei platzieren, gefolgt von seinem Düsseldorfer Teamkollegen Simon Stützel (1:06:02) und dem Regensburger Simon Boch (1:06:03). Angesichts dieses überragenden Einlaufs für ART Düsseldorf gab es natürlich keine Frage nach dem Mannschaftsmeister, diesen sicherte sich überlegen ART vor der LG Telis Finanz Regensburg und der zweiten ART-Mannschaft.

Das natürlich überaus reizvolle Duell zwischen Sabrina Mockenhaupt und Anja Scherl geriet zum absoluten Höhepunkt – mit zwei Klasseergebnissen für beide Läuferinnen.

"Ich musste beißen bis zum Schluss", bekannte Mocki im Ziel. "Das ist mein 43. Deutscher Meistertitel und einer, über den ich mich besonders freue!"

Eine Woche nach ihrem forschen Lauf beim Berliner Halbmarathon in 1:12:11 Stunden legte sie im Verbund mit Anja Scherl noch eine ordentliche Schippe drauf und wurde Meisterin nach 1:10:54 Stunden, die Regensburger Olympiastarterin folgte fünfzehn Sekunden dahinter nach 1:11:09. "So schnell bin ich schon lange nicht mehr gelaufen. Nach 10 km habe ich gemerkt, dass die Strecke wirklich schnell ist und ich mega gut drauf bin!"

Anja Scherl wurde in Hannover mit einer feinen Bestzeit belohnt, nachdem sie noch in Berlin wegen einer Erkältung absagen musste.

Sabrina Mockenhaupt wäre nicht Sabrina Mockenhaupt, wenn sie nicht bei der wegen der sich lange hinziehenden Dopingkontroll-Zeremonie erst später durchgeführten Pressekonferenz mit dem einen oder anderen flotten Spruch für weitere Schlagzeilen gesorgt hätte. So schlug sie eine Lanze für die Integrierung von Deutschen Meisterschaften in einen großen Straßenlauf. Und auch für den Hannover-Marathon. „Ich musste mich richtiggehend vom Fernseher losreißen, so spannend fand ich den Marathonlauf. Ich hätte nichts dagegen, die DM hier dauerhaft zu etablieren!“ Ich habe Hannover von meiner Bundeswehrzeit in ganz anderer Erinnerung…!“

Mit einer Jubelpose rannte Corinna Harrer als Dritte nach 1:14:26 ins Ziel.

Fürwahr ein glänzender Einstieg für die die frühere 800 m- und 1500 m-Spezialistin, die sich nach massiven Verletzungsproblemen vermehrt den Langstrecken zuwenden möchte. Mit der viertplatzierten Thea Heim (1:15:13) war frühzeitig auch der Mannschaftstitel für die LG Telis Finanz Regensburg gesichert.

Überhaupt war die Teamwertung fest in bayerischer Hand, denn hinter LG Telis Finanz II folgte LAC Quelle Fürth auf dem Bronzeplatz.

Deutschlands schnellste Mastersläufer sind dies auch in vielen Fällen auch international.

Der Blick in die Ergebnislisten zeigt, dass die 35jährigen im besten Langstreckenalter sind. Andreas Straßner zum Beispiel ist ein Paradebeispiel und „verdiente“ sich seinen dritten Rang im Gesamteinlauf nicht zuletzt durch seine Flucht nach vorne im Schlussteil. „Im Spurt bin ich nicht der allerschnellste, deshalb habe ich nach 16 km attackiert!“ Mit glatten 1:06:00 gelang ihm eine Platzierung, die weder er noch seine Konkurrenten erwartet hatten. Er war damit mit Abstand der schnellste Mastersläufer.

Ebenfalls zur M35 zählen der gebürtige Pole Maciek Miereczko auf Rang 15 (1:08:02) und das frühere Triathlonass Steffen Justus als 18. in 1:08:19. Im Gegensatz dazu: Mit Tobias Blum (9.) und Davor Aaron Bienenfeld (20.) schafften gerade einmal zwei U23-Junioren den Sprung unter die Top 25.

Der Schnellste der „klassischen“ M40 war auf Rang 27 des Gesamteinlaufes Valentin Harwardt mit starken 1:08:53 Stunden gefolgt von Holger Freudenberger (1:09:30), in der M45 gewann nach dem Crosstitel Georg Dittrich (1:09:03) auch den über die Halbmarathondistanz.

Den Sprung unter die 100 besten Läufer schafften zudem auch die Masterssieger Mike Poch (M50/ 1:12:34) und Reinmund Hobmaier (M55/ 1:15:19) auf den Plätzen 68 und 94.  

Klaus Goldammer ließ sich die M65 (1:24:51) nicht nehmen,
während der VfL Ostelsheim in der M70 durch Wolfgang Nehring (1:28:39) und Edmund Schlenker (1:30:47) einen Doppelerfolg feiern durften. Mit beträchtlichem Vorsprung von elf bzw. fünf Minuten gewannen Klaus Wagner (1:35:51) und Klemens Wittig (1:40:03) die Klassen M75 und M80.

Rein vom Geburtsjahrgang her wäre Sabrina Mockenhaupt auch W35-Siegerin, doch die kleine Siegerländerin hatte nachgemeldet und sich zudem auf den überragenden Tagessieg konzentriert, was letztlich Julia Galuschka den Masterssieg als Gesamtfünfzehnte in 1:19:20 einbrachte.

Wenig später erreichte bereits Simone Raatz als W40-Meisterin das Ziel (1:20:03) vor ihren starken Konkurrentinnen Melanie Lindner (1:22:21) und Christl Dörschel (1:22:40). Nur wenige Sekunden dahinter schaffte Sandra Morchner mit 1:23:04 als W45-Erste ein nicht minder gutes Resultat. Mit Christine Sachs (W60/ 1:32:31), Marianne Spronk (W65/ 1:39:53) und Karin Risch (W70/ 1:44:39) holten auch international bestens bewährte Läuferinnen weitere Titel in ihrer gewiss umfangreichen Medaillensammlung.

Sie alle wurden im historischen Mosaiksaal geehrt, der allerdings angesichts der startfreudigen Masters noch zu klein war. Manche jedoch hatten die Siegerehrung sogar noch wegen einer falschen Ehrungszeit verpasst.

Freilich ein kleiner (für die Betroffenen sicherlich kräftigen) Wermutstropfen in eine überaus runde Halbmarathon-Meisterschaft, die gleich doppelt so viele Teilnehmer gegenüber dem Vorjahr in Bad Liebenzell anlockte.  

Wilfried Raatz 

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author: GRR

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