Sie forderte Sport und Politik auf, Ideen zur Sportförderung zu entwickeln. „Wenn es ein gutes Konzept ist, werden wir auch Mittel finden, um es umzusetzen“, versprach sie, mahnte aber zugleich eine Verbesserung der Strukturen an
Medaillengewinner empfangen – Für die Spitze entscheiden – Michael Reinsch, Berlin, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das Wort von der Grundsatzentscheidung pro oder contra Spitzensport aufgenommen und sich für das Dafür ausgesprochen. „Wenn wir eine Grundsatzentscheidung treffen, dass wir Mittelmaß sein wollen, dann werden wir in Kürze schlecht“, sagte sie bei einem Empfang für die Gewinner der genau hundert Medaillen bei Olympischen Spielen (41) und Paralympics (59) von Peking am Mittwoch in Berlin unter dem Beifall der Sportlerinnen und Sportler.
„Man kann eine solche Entscheidung gar nicht treffen. Man muss entscheiden, dass man an der Spitze dabei sein will.“
Thomas Bach und der von ihm geführte Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hatten nach den Olympischen Spielen eine Diskussion darüber gefordert, was sich die Gesellschaft den Spitzensport kosten lassen will. Der internationale Wettbewerb sei so hart wie nie; Athleten aus 87 Ländern, so vielen wie nie zuvor, hätten Medaillen gewonnen in Peking, es fließe so viel Geld wie nie zuvor in den Spitzensport.
Bach dankte der Regierungschefin im Bundeskanzleram dafür, dass er sie nun an seiner Seite wisse: „Wenn Sie uns begleiten auf dem Weg nach München 2018, wird das für uns alle leichter.“ Er überreichte Angela Merkel ein Nationaltrikot und ernannte sie zum Mitglied der Olympiamannschaft.
Schäuble: „Es fließen unglaubliche Mengen Geld“
Die Kanzlerin versprach, die Bewerbung Münchens um die Olympischen Winterspiele 2018 zu unterstützen. Sportler und Funktionäre mit direkten Forderungen nach Förderung verwies sie an den Finanzminister und ergänzte: „Damit ist es nicht getan. Wir werden uns einig sein, dass nicht nur der finanzielle Aufwand zählt.“
Sie forderte Sport und Politik auf, Ideen zur Sportförderung zu entwickeln. „Wenn es ein gutes Konzept ist, werden wir auch Mittel finden, um es umzusetzen“, versprach sie, mahnte aber zugleich eine Verbesserung der Strukturen an. „Wir wollen die großen, klassischen Sportarten wie Schwimmen und Leichtathletik nicht fahren lassen“, versprach sie.
Der für die Sportförderung zuständige Innenminister Wolfgang Schäuble, wie Verteidigungsminister Franz Josef Jung während der Reden in den Reihen der Sportler, sagte: „Sie hat keine Haushaltszusagen gemacht. Aber wenn wir uns bemühen, gemeinsam mit dem DOSB die Effizienz der Förderung zu verbessern, und mehr Geld zu bekommen, haben wir ihre Unterstützung.“
Schäuble fragte, ob der Steuerzahler diese Kosten tragen solle oder ob es „intelligentere Formen für die Verwendung der Mittel aus der Wirtschaft“ gebe. „Es fließen unglaubliche Mengen Geld“, sagte er. „Aber dort, wo es gebraucht wird, fehlt es.“
Teuber: „Der gemeinsame Empfang ist ein wichtiges Signal“
„Wir verstehen das als Kampfauftrag“, freute sich der Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Peter Danckert (SPD), über die Worte der Kanzlerin. Auch Norbert Barthle (CDU), Mitglied des Haushaltsausschusses im Bundestag und Präsidiumsmitglied des Deutschen Ski-Verbandes, erwartet künftig eines stärkere Sportförderung. „Wenn die Kanzlerin so etwas sagt, hat das etwas zu bedeuten“, sagte er. Der Entwurf des Innenministeriums sieht im kommenden Jahr eine Steigerung der Sportförderung um 4,5 Millionen auf 148 Millionen Euro vor.
Paralympics-Sieger Michael Teuber dankte im Namen der Mannschaft: „Der gemeinsame Empfang ist ein wichtiges Signal für ein selbstverständliches Miteinander.“
Michael Reinsch, Berlin, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Mittwoch, dem 8. Oktober 2008