Damit die Frühjahrssaison kein Aprilscherz wird, muss das verlängerte Osterwochenende zu einem deutlichen Anschub genutzt werden. Von Gründonnerstag bis Ostermontag soll nach meinen Vorstellungen täglich trainiert werden
Manfred Steffnys Lauftipps in SPIRIDON – Schnell Tritt fassen für den Marathon
In diesem Jahr ist es besonders schwer, nach dem langen Winter Tritt zu fassen für die Frühjahrssaison. Das gilt besonders für die ersten City-Marathonläufe Ende April und Anfang Mai. Da heißt es, geschickt Aufbau zu betreiben, Defizite auszugleichen und Übertraining bzw. Raubbau zu verhindern.
Dazu sollen die folgenden Marathonpläne beitragen.
Knapp vier Wochen bleiben vom 1. April bis zu den Marathonläufen in Hamburg, Bonn, Dresden, Leipzig, um nur die wichtigsten Rennen zu nennen. Nur eine Woche mehr Zeit haben die Marathon-Aspiranten, die am 2. Mai in Düsseldorf oder Hannover antreten. Besser sieht es schon für die Teilnehmer an den deutschen Meisterschaften am 9. Mai in Mainz aus.
Der Mannheimer Lauf am 15. Mai kann wahrscheinlich bei Spätmeldern profitieren, die ihren Lauftermin in diesem Jahr nach hinten schieben. Der Dämmermarathon ist dann vielleicht die Wetterscheide zu den wärmer werdenden Läufen danach.
Aber die Wetterkapriolen kann man nicht vorhersagen. So erlebten die Störche, die im Winter nur noch bis Südspanien flogen statt nach Afrika eine böse Überraschung mit dem Wetter und gleich zweimal, als sie verfrüht in ihre sommerliche Heimat nach Deutschland zurückkehrten. Es gibt gestandene Läufer, die in diesem Winter wochenlang pausiert haben. In Berlin und Hamburg stapften viele Läufer in Reifenspuren durch die Straßen, weil die nicht gestreuten Geh- und Radwege zu gefährlich waren. Viele Jüngere haben sich in die Fitnesscenter gerettet. Wohl dem, der eine gespurte und nicht eine verwehte Langlaufspur für ein vernünftiges Training auf Skiern fand oder einen Laufurlaub am Mittelmeer gebucht hatte.
Gerne zitiere ich die alte Bauernweisheit: Im Märzen der Bauer sein Rösslein einspannt. In diesem Jahr blieben auch die mit mehr Pferdestärken ausgestatteten Trecker in der Scheune, um im Bild zu bleiben. Der Landwirt muss wie die Läufergilde sein Pensum im Zeitraffer abwickeln.
Anschub über Ostern
Damit die Frühjahrssaison kein Aprilscherz wird, muss das verlängerte Osterwochenende zu einem deutlichen Anschub genutzt werden. Von Gründonnerstag bis Ostermontag soll nach meinen Vorstellungen täglich trainiert werden, auch von denen, die bis dahin nur dreimal oder sogar nur zweimal in der Woche die Laufschuhe angezogen haben. In der Leistungsgruppe um drei Stunden bis knapp 3:30 h kann man das wegstecken. Dafür fehlen in jener ersten April-Woche ganz unkonventionell die langen Läufe.
Warum? Weil man sich die längeren Strecken erst langsam wieder erobern muss und beim plötzlichen Einstieg auf Distanzläufe über 20 km hinaus eine längere Regeneration braucht als normal. Nach meinem Plan werden zunächst in einem Fünf-Tage-Block ca. 70 km absolviert, viel Holz nach dem langen Winter, aber dringend erforderlich für den organischen Aufbau und damit wichtiger als ein Training des Fettstoffwechsels mit einem langen 30-km-Lauf.
Ersatzweise kann am 3. April, also dem Ostersamstag, einer der beliebten Osterläufe bestritten werden. Aber Vorsicht, nicht volle Kraft voraus, sondern ein gedämpfter Trommelwirbel ist angesagt, vor allem, wenn man weiß, dass trotz dieses Starts wie bei den Nichtwettkämpfern ohne Pausentag durchtrainiert werden soll.
Dafür gibt es dann anschließend zwei Tage trainingsfrei. Die braucht man auch, denn nun stehen an einem Donnerstag nach ordentlichen Einlaufen 3×5 km im beabsichtigen Renntempo an. Wer durchstartet und mit seine dünnen Trainingsdecke die zwei freien Tage auslässt, wird möglicherweise sein blaues Wunder erleben.
Es ist gut, die Art der Belastung zu wechseln, also nach dem Tempotag einen langsamen 15-km-Dauerlauf zu machen. Das ist dann nach einem weiteren freien Tag die Vorbereitung für den endlich anstehenden Long Jog über 30 km. Diesen lege ich auf Sonntag, in Kenntnis, dass viele Gruppen dies lieber samstags machen. Aber dann stimmt der Abstand zu den anderen Trainingselementen nicht mehr. Meistens baue ich in Trainingspläne Puffertage ein, doch diesmal zerrinnt die Zeit und man muss genau justieren.
Die mittlere Woche wird nun zur Hauptbelastungswoche für die Wettkampfgruppe des 25. April. Dennoch wird sie mit einem blauen Montag eingeleitet. Aber der freie Tag wird gebraucht nach dem vermutlich ersten Dreißiger seit langem und um das Wochenprogramm durchzustehen. Dienstags werden 11 km und mittwochs 18 km im mittleren Dauerlauftempo absolviert. Und schon wieder gibt es einen freien Tag. Denn jetzt wird wieder mit dem Renntempo operiert.
Erneut 3x5km im Renntempo. Wie packt man das? Wie fühlt man sich gegenüber dem gleichen Programm am 8. April? Das ist die Frage. Höchstwahrscheinlich besser. Wenn ja kann man die etwas riskante Doppelkoppelung mit dem Samstagstraining in Angriff nehmen. (Wer sich nach der 2. Einheit 3 x 5 km schlechter fühlt als nach der 1. muss kürzer treten, samstags pausieren und kann sonntags ersatzweise statt des eigentlich geplanten Fahrtspiels einen Long Jog über 25 km machen).
Marathon-Trainingsplan für April 2010
Mo Di Mi Do Fr Sa So
1.4. 2.4. 3.4. 4.4.
10 km DL 10 km DL 20 km DL FS (15 km)
5.4. 6.4. 7.4. 8.4. 9.4. 10.4. 11.04
15 km DL frei frei 3×5 km MRT 15 km DL frei 30 km LJ
12.4. 13.4. 14.4. 15.4. 16.4. 17.4. 18.4.
frei 11 km mDL 18 km DL frei 3×5 km MRT 20+10 km LJ FS (15 km)
19.4. 20.4. 21.4. 22.4. 23. Apr 24.4. 25.4.
10 km DL 10×700 m MRT frei 10 km DL frei 8 km LJ Marathon
DL=Dauerlauf langsam, mDL=mittlerer Dauerlauf, MRT=Marathon-Renntempo, FS=Fahrtspiel
Der Fettstoffwechsel-Trick
Für alle, die sich besser fühlen, was eigentlich der Fall sein sollte, wird das Programm weiter durchgezogen. Für sie steht kein Long Jog als Fettstoffwechsellauf mehr an, das Trainingshemd ist kurz, aber Schwächen kann man verdecken. Also muss man an diesem Samstag tricksen: morgens nüchtern oder nur mit einem Schluck Wasser oder mildem Tee oder Elektrolytgetränk und ggf. einem Joghurt zu 20 km langsamen Dauerlauf antreten.
Den vom gestrigen Tempolauf geplagten Beinen tut das gar nicht weh, dafür meldet sich der Stoffwechsel. Die Kohlenhydrate werden runtergeschrubbt auf einen niedrigen Level, ohne dass die Fettreserven angegriffen werden. Soweit, so gut. Aber jetzt fängt erst die Belastung an. Die fehlenden Kohlenhydrate werden nicht zugeführt, sondern man isst glukose- und stärkefrei, also z.B. wieder Joghurt oder Soja, Eier mit Schinken, eine mit wenig Brot angerichtete Frikadelle oder ein Steak.
Brot, Kartoffeln, Reis, Nudeln sind tabu. Und dann kommt abends noch mal ein 10-km-Lauf, schön langsam, denn schnell geht’s jetzt nicht mehr. Die Beine können schlapp werden, von der Stirne bis zum Magen fühlt man einen unangenehmen Druck. Und das ist gut so, denn so simuliert man im orthopädischen Schongang den berüchtigten 35. km im Marathon. Der Mann mit dem Hammer kommt einfach früher. (Wirklich gute „Steher“ mit Bestzeiten unter 3 h im Marathonlauf können das Pensum sogar erweitern und statt 20 km morgens und 10 km abends 2 x 15 km laufen, was anstrengender ist).
Anschließend an dieses geteilte Fettstoffwechseltraining kann man genüsslich zur privaten Pasta-, Reis- oder Kartoffeltafel schreiten. So gestärkt macht einem ein sonntägliches Fahrtspiel-Training über ca. 80 min mit 15 km Gesamtleistung erstaunlich wenig aus. Diese Freitag-Sonntag-Kombination ist erfolgreicher und angebrachter als etwa ein 30-km-Testlauf samstags 10 min über der Marathondurchgangszeit!
Nun kann die letzte Woche wieder klassisch leicht trainiert werden. Letzter Eckpunkt sind die 10 x 700 m (möglichst auf der Bahn) im Renntempo, eine Eselsbrücke, die Unkundige immer wieder verblüfft. 700 m in Minuten und Sekunden ergeben als Renntempo Stunden und Minuten über Marathon, also 3:25 min gleich 3:25 h. Pause ca. 2 min, schön ein- und auslaufen. Zwei freie Tage – aber nicht hintereinander – kann man sich nun leisten, nur mit dem Tag vor dem Rennen bin ich streng, da sollte man den Körper noch einmal kurz inspizieren, ohne sich zu belasten.
Halbe Stunde oder 5 km reichen, aber die 8 km, die ich reingeschrieben habe, tun auch nicht weh und verbessern die dürftige Jahresbilanz minimal. Aber nicht schneller als 50-52 min. Das gilt auch für stärkere Läufe. Zwei Tage kohlenhydratreiche Kost, gut hydriert und mit ausreichend Elektrolyten versorgt kann man/frau nach diesem Pensum optimistisch ins Rennen gehen.
Und die Mai-Marathoner?
Wer eine Woche später Marathon läuft, kann natürlich nicht einfach eine Woche dran hängen. Die Formzuspitzung wäre damit verfehlt. Man könnte dies machen, wenn man z.B. eine kleine Verletzung und dann einfach in der letzten Woche viermal 10 km läuft und hofft, am Renntag wieder beschwerdefrei zu sein.
Ich rate jedoch, den Rhythmus der beiden letzten Wochen beizubehalten. Für die Düsseldorfer und Hannoveraner wird eine neue drittletzte Woche gebastelt. Siehe Tabelle unten.
Drittletzte Trainingswoche für Düsseldorf/Hannover-Marathon
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Frei 11 km mDL 18 km frei 11 km DL 28 km LJ frei
DL=Dauerlauf langsam, mDL=mittlerer Dauerlauf, MRT=Marathon-Renntempo, FS=Fahrtspiel
Diese zusätzliche Woche bringt einen harmonischeren Aufbau und dürfte sich positiv auswirken. Wer dann in Mainz oder Mannheim läuft, braucht sich eigentlich weniger zu sorgen. Er/sie kann sich z.B. den Plan vom letzten Jahr (SPIRIDON 4, April 2009, Seite 23) nehmen und nach diesem über sechs Wochen trainieren.
Mit dem Plan 2010 bleibt man bei Mainz/Mannheim vom 1. bis 11. April beim Grund-Plan.
Es wird eine neue viertletzte Woche eingebaut, dann folgt wie bei Düsseldorf/Hannover die drittletzte Woche.
Der Plan für die viertletzte Woche für Mainz/ Mannheim siehe Tabelle unten.
Viertletzte Woche für Mainz/Mannheim
Mo Di Mi Do Fr SA So
Frei 11 km mDL 18 km 10 km frei 22 km FS
DL=Dauerlauf langsam, mDL=mittlerer Dauerlauf, MRT=Marathon-Renntempo, FS=Fahrtspiel
Und noch ein Bonbon
Mainz ist schon lange ausgebucht. Drei Spiridon-Leser haben noch die Chance beim Gutenberg-Marathon mitzulaufen. Denn Sponsor Frubiase verlost exklusiv noch drei Startkarten sowie ein Ernährungspaket.
Bewerbungen mit Jahrgang, Adresse und realistischer Endzeit bitte per eMail an: spiridon@gmx.com, Stichwort: Freistart Mainz.
SPIRIDON leitet die ersten Drei plus einen Ersatzläufer/in an Frubiase weiter.
Manfred Steffny in SPIRIDON April-4/2010