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2012

2012 London Olympic Games London, England Aug03-12 2012 Photo: Victah Sailer@Photo Run Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET

LONDON 2012 – Dreimal GOLD für die Gastgeber – Jörg Wenig in „leichtathletik“ – „Inspire a Generation“.

By GRR 0

Es könne heute abend zwei britische Goldmedaillen geben, kündigte der Stadionsprecher unter dem Jubel der 80.000 Zuschauer im Londoner Olympiastadion an. Das war kurz vor Beginn des zweiten Leichtathletik-Abends am Sonnabend. Er hatte natürlich mit Siebenkämpferin Jessica Ennis und 10.000-m-Läufer Mo Farah gerechnet.

Doch am Ende wurden es sogar drei, denn Greg Rutherford holte auch noch das Weitsprung-Gold. In einer unglaublichen Atmosphäre, die bei diesen Spielen sicherlich einzigartig bleiben wird, riss es die Zuschauer inklusive des Herzog-Paares von Cambridge, William und Kate, von ihren Sitzen. Sie erlebten an jenem Abend die wohl beste Stunde der britischen Leichtathletik und vielleicht sogar die beste der britischen Sportgeschichte.

Kommentatoren verglichen den Tag, an dem die Briten bei Olympia insgesamt sechs Goldmedaillen gewannen, mit dem Fußball-WM-Sieg 1966 oder dem Gewinn der Rugby-Weltmeisterschaft 2003 der Engländer.

Rund 17 von 62 Millionen Briten saßen am Fernseher und verfolgten die Leichtathletik-Sternstunde im Londoner Olympiastadion.

 

Dem Druck standgehalten

 

Der Hype um Jessica Ennis hatte schon lange vor den Olympischen Spielen begonnen. Sie wurde zum Poster-Girl der Spiele. Egal ob im Fernsehen oder Radio, auf Plakatwänden oder in der Zeitung – an jedem Tag gab es über Monate hinweg irgendwo Interviews, Berichte, Sonderbeilagen oder Werbung in Verbindung mit Olympia und immer wieder sah man ein Gesicht: das von Jessica Ennis. Der Medienrummel erinnerte stark an die Spiele vor zwölf Jahren in Sydney.

Damals war Cathy Freeman Australiens große Hoffnungsträgerin. Auch sie erfüllte damals die Erwartungen und gewann Gold über 400 m. Nachdem die vermeintlich schärfste Konkurrentin, Marie-José Pérec (Frankreich), damals vor dem Wettbewerb aus Sydney wieder abgereist war, war es rein sportlich etwas einfacher für Freeman. Doch dem enormen Druck musste sie auch ohne Pérec standhalten.

Jessica Ennis hatte es in London sportlich gesehen aber schwerer – sieben Disziplinen lang musste sie Stärke zeigen gegen die Besten der Welt. Ein Fehltritt in den Hürden und schon wäre der Traum der Briten zerplatzt. Doch das Gegenteil war der Fall: Mit einer sensationellen 100-m-Hürdenzeit von 12,54 Sekunden übernahm die 26-jährige Siebenkampf-Weltmeisterin von Berlin 2009, die in ihrer Heimatstadt Sheffield Psychologie studiert hat, die Führung.

Das war nicht nur die schnellste je in einem Mehrkampf erzielte Hürdenzeit sondern auch noch ein britischer Rekord. 12,56 Sekunden war Tiffany Porter im vergangenen Jahr gelaufen. Für ihre Verhältnisse eher durchschnittlich waren dann der Hochsprung (1,86 m) und das Kugelstoßen (14,28), doch mit einer 200-m-Bestzeit von 22,83 Sekunden holte sie sich am Ende des ersten Tages die Führung zurück.

Nach außen immer ruhig und besonnen wirkend, erklärte Jessica Ennis im Interview: „Ich bin vor jeder Disziplin sehr nervös. Ich habe immer gesagt, dass der Druck natürlich enorm ist – aber es ist ein schöner Druck. Dass ich es geschafft habe, unter diesen Umständen hier gesund und fit an den Start zu kommen, damit ist schon ein Traum in Erfüllung gegangen. Es sind schließlich meine ersten Spiele", erzählte Jessica Ennis, die 2008 aufgrund eines Ermüdungsbruches für Olympia ausgefallen war.

Nach einem vorsichtigen Beginn im Weitsprung steigerte sie sich in der ersten Disziplin des zweiten Tages auf 6,48 m und erzielte dann in ihrer schwächsten Disziplin, dem Speerwerfen, eine Bestweite von 47,49 m. Nur ein ernster Sturz oder eine Verletzung konnte sie nun noch stoppen. Doch Jessica Ennis sagte: „Ich denke erst an die Goldmedaille, wenn ich im 800-Meter-Rennen über den Zielstrich gelaufen bin. Vorher habe ich noch nichts gewonnen."

In 2:08,65 Minuten gewann sie das 800-m-Rennen und hatte schließlich 6.955 Punkte gesammelt. Dies war neben einer Jahresweltbestleistung auch ein britischer Rekord. In der Liste der besten Siebenkämpferinnen aller Zeiten liegt Jessica Ennis nun schon auf Rang fünf, die 7.000 Punkte sind in greifbarer Nähe.

„Ich bin in einem Schockzustand, ich kann es nicht glauben. Es gab natürlich vorher auch immer wieder Gedanken daran, dass man es nicht schaffen könnte", sagte Jessica Ennis nach ihrem Triumph „Dieses Gold gewonnen zu haben, ist einfach überwältigend. Ich werde jetzt mit meiner Familie und mit Freunden in Sheffield feiern."

 

Rutherford springt allen davon

 

Falls Jessica Ennis vor dem 800-m-Rennen noch einen Kick benötigte, so kam er von Greg Rutherford. Just in dem Augenblick, als der Stadionsprecher Jessica Ennis vor dem Start vorstellen wollte, sprang der 25-Jährige 8,31 m und hatte seine Führung im Weitsprung-Wettbewerb entscheidend ausgebaut. Greg Rutherford war die britische Gold-Überraschung an jenem Sonnabend im Olympiastadion. Es war keine Sensation, schließlich führt er mit 8,35 m die aktuelle Jahresweltbestenliste an.

Doch es gab rund zehn Athleten in diesem Finale, die Medaillenchancen hatten. „Davon habe ich mein Leben lang geträumt", sagte Greg Rutherford. „Ich kann das noch gar nicht glauben – vielleicht wache ich in einer Minute auf!" Greg Rutherford, der früher Fußball spielte, hatte erst im Jahr 2005 mit dem Weitsprung angefangen und umgehend Erfolg. Ein Jahr später steigerte er sich bereits auf 8,26 m und wurde Zweiter bei der EM. Er erreichte eine Reihe von guten Platzierungen, doch der ganz große Durchbruch blieb aus – den schaffte er jetzt bei Olympia in London.

Rutherford bedankte sich besonders bei seinem Trainer: Erfolgscoach Dan Pfaff führte auch schon den Kanadier Donovan Bailey zum 100-m-Gold bei den Spielen 1996.

 

 Farah macht das Triple perfekt

 

„Als ich ins Stadion kam, herrschte eine unglaubliche Atmosphäre. Die Leute riefen meinen Namen, das war sehr motivierend. Sie haben mich aufgeputscht. Ich fühlte mich, als ob ich zehn Tassen Kaffee getrunken hätte. Ich wollte den Zuschauern etwas zurückgeben und unbedingt gewinnen", erklärte Mo Farah, der den „Super Saturday", wie die Briten den Tag nannten, mit Gold im 10.000-m-Rennen abschloss.

In dem dramatischen Rennen wurde der 29-Jährige, der als Kind aus Somalia nach Großbritannien gekommen war und in London aufwuchs, zum ersten europäischen Olympiasieger über 10.000 m seit Alberto Cova. Der Italiener hatte 1984 in Los Angeles triumphiert. Farah, der nach 27:30,42 Minuten im Ziel war, ist zudem der erste britische Olympiasieger über diese Distanz in der Geschichte der Spiele.

Es war kein einfaches Rennen für Mo Farah, doch der Brite zeigte eine taktische Meisterleistung. Er behielt kühlen Kopf und wartete ab. Erst 500 Meter vor dem Ziel startete er seinen entscheidenden Antritt und wurde dann immer, so dass ihn keiner mehr überholen konnte. „Das ist der beste Moment meines Lebens", erklärte Mo Farah danach. „Olympisches Gold in deiner Heimatstadt zu gewinnen, ist das beste, was man sich vorstellen kann. Ohne die enorme Zuschauerunterstützung hätte ich es vielleicht nicht geschafft, denn es war knapp. Die Zuschauer haben mit Kraft gegeben."

"Dass wir drei Medaillen gewonnen haben, das ist unglaublich – hoffentlich können wir damit die nächste Generation inspirieren", sagte Jessica Ennis in Anlehnung an das Londoner Olympiamotto:

"Inspire a Generation".

 

Jörg Wenig in "leichtathletik" – 15. August 2012 

 

author: GRR

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