Blog
28
03
2023

World Athletics Präsident Sebastian COE - 2019 Zurich Diamond League Zurich, Switzerland August 29, 2019 Photo: Giancarlo Colombo@PhotoRun Victah1111@aol.com

Leichtathletik kontra IOC: Deutliche Absage an Russland – Ein Kommentar von Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

Was das IOC angeblich nicht kann, zieht der Weltverband der Leichtathleten einfach durch: Russen bleiben ausgeschlossen, solange Putins Truppen in der Ukraine morden. Das könnte auch ein Wink für die Zukunft sein.

Sebastian Coe ist sich treu geblieben. Zwar hat der Weltverband der Leichtathleten, dessen Präsident er ist, die Suspendierung des russischen Verbandes aufgehoben. Coe hatte sie im ersten Jahr seiner Präsidentschaft 2015 verhängt, weil das systematische Doping Russlands aufgeflogen war.

Nun ist eine siebeneinhalb Jahre lange Rehabilitierung zu Ende, die unter hohem Einsatz von Geld und Arbeit und mit herben Rückschlägen dazu führte, dass der russische Verband – wieder einmal – schwört, Doping und Manipulation hinter sich gelassen zu haben. Er muss sich in den kommenden drei Jahren einem strengen Regime von Transparenz und Kontrolle unterwerfen.

Dabei sein werden russische Sportlerinnen und Sportler dennoch nicht. Von internationalen Wettkämpfen bleiben sie ausgeschlossen; es wird nicht einmal, wie noch bei der Weltmeisterschaft von Doha 2019, sogenannte neutrale Teilnehmer aus Russland geben. Wegen der seit mehr als einem Jahr währenden Angriffe Russlands auf militärische und zivile Ziele in der Ukraine sind sie in den Leichtathletik-Stadien der Welt unerwünscht. Es gebe eine einfache Lösung, hat Coe auf die Frage nach der Rückkehr der Russen geantwortet. Putin müsse seine Truppen zurückziehen.

In der Welt der Leichtathletik weiter unerwünscht: russische Sportlerinnen und Sportler 

Coe steht als Antagonist zu Thomas Bach in der Welt der Sportpolitik. Denn dieser hält es für die Aufgabe des von ihm geführten Internationalen Olympischen Komitees, russischen Sportlerinnen und Sportlern die Tür zu den Olympischen Spielen von Paris 2024 zu öffnen. Nicht nur deshalb dürfte der Status von Coe in seiner Heimat den von Bach in dessen Heimat übertreffen. Der Brite, einst beliebter und überaus erfolgreicher Läufer, hat die Olympischen Spiele 2012 für London gewonnen und sie organisiert. Er wurde ins Unterhaus gewählt und ist in den Adelsstand erhoben. Er hat mit seinem unternehmerischen Engagement im Sportmarketing ein Vermögen gemacht und den Stall ausgemistet, welcher der Leichtathletik-Verband war, als er ihn übernahm. Sein Vorgänger wurde wegen Korruption zu einer Haftstrafe verurteilt.

Coe wurde Mitglied des IOC. Und gilt als Anwärter auf die Nachfolge Bachs, wenn dessen Amtszeit 2025 endet. Wer dann IOC-Präsident werden wolle, prognostizierte Coe in einem Interview im Januar, müsse sich wichtige Fragen stellen: Verstehe der Sport wirklich die Herausforderungen, die vor ihm liegen – seine Relevanz, seine herausragende Bedeutung, das Steuern durch schwierigste politische Landschaft, ohne seinen moralischen Kompass aus den Augen zu verlieren?

Die Frage stellt sich nicht erst in zwei Jahren. Coe und Bach geben gegensätzliche Antworten.

Der potentielle Nachfolger empfiehlt sich als Alternative.

Ein Kommentar von Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Freitag, dem 24. März 2023

 

author: GRR