Blog
18
09
2015

Peter Burkowski - Pfarrer und Läufer ©JoAnna Zybon

Laufen und Glaube – Wie zwei Lebensthemen meinen Weg bestimmt haben … Peter Burkowski, Pfarrer und Läufer

By GRR 0

Seit 1985, am Vorabend des BERLIN-MARATHON – jeweils am Sonnabend um 20.30 Uhr findet in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche – die genau am Zielkanal des BERLIN-MARATHON steht (bis 2003), das oekumenische Abendgebet statt.

Seit 1986 hielt Klaus Feierabend, Marathonläufer und Pfarrer aus Spandau beim oekumenischen Abendgebet  die Läuferpredigt. Die beliebte, gut besuchte Predigt war stets lebensnah, spielte mit Bildern und Worten, bezog sich auf die Blaue Kirche und die "Blaue Linie" der Laufstrecke. Nach 38 Jahren Läuferpredigt hiel Klaus Feierabend seine letzte Predigt.

Jetzt steht ein Stabwechsel bevor: Auf Klaus Feierabend, den passionierten Läufer-Pfarrer,  folgt Peter Burkowski. Und auf Knut Soppa, als Pfarrer der Gedächtniskirche von Anfang an dabei, übergibt an seinen Nachfolger Martin Germer.

Peter Burkowski, als Läufer und Pfarrer, übernimmt den Stab und wird am 26. September die Läuferpredigt. Peter Burkowski stellt sich im folgenden vor.

Wir freuen uns auf ihn, seine Predigt, seine Gedanken zum BERLIN-MARATHON und wünschen ihm das Allerbeste für Predigt und seinen Start am Sonnntag.

Horst Milde

 

Schaue ich auf meine Leben, dann gibt es in allem Wandel und Wechsel drei große Konstanten: meine Familie, den Glauben und das Laufen.

Aufgewachsen in einem westfälischen Dorf kam ich etwa gleichzeitig in Kontakt mit der evangelischen Jugendarbeit und mit der LG Porta Westfalica, in der damals noch Thomas Wessinghage als Jugendlicher aktiv war. Es ist gut, wenn man solche Vor-Bilder hat, an denen man sich orientieren kann.

Das Nachdenken über „Gott und die Welt“ und die Frage danach, was der Grund und der Sinn unseres Lebens ist, hat mich schon früh bewegt und meinen Weg bestimmt. Und ebenso war ich nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich unruhig. Ich brauchte immer Bewegung.

Aufgewachsen am Waldrand war die Natur der Spielplatz meiner Kindheit. Als dort ein richtiger „Waldlauf“ stattfand, nahm ich in Straßenkleidung daran teil und wurde Zweiter. Ein Trainer sprach mich an und von da an hatte ich einen Verein: Nach und nach entdeckte ich die Mittelstrecken. Meine (ziemlich autodidaktischen) Kenntnisse über das Lauftraining entwickelten sich weiter: zum Dauerlauf kamen Fahrspiel und Intervalle.

Immerhin konnten wir im Crosslauf/Mannschaft Westfalenmeister werden (und den fünften Platz bei den Deutschen belegen). In den Studienjahren bin ich 1:55 Min. über 800 m und 2:31 Min. über 1000 m gelaufen, habe mich an den 400 m-Hürden ebenso versucht wie an 5.000 m. Aber nie hätte ich mir vorgestellt, freiwillig mehr als 15 km zu laufen.

Ich bin immer gern gelaufen und habe schon früh gemerkt, wie gut mir die Bewegung tut, besonders, wenn der „Druck steigt“: bei Prüfungsvorbereitungen, in kleineren und größeren Lebenskrisen oder wenn einfach wieder viel zu tun ist. Die regelmäßigen Läufe haben viel geklärt, sortiert und wieder ins richtige Maß gesetzt. Aus Elefanten wurden wieder Mücken und manchmal hatte man eine gute Idee, mit der man ein Problem lösen kann.

Noch weniger als das Laufen ließ mich das Glaubensthema los: Wie ist das mit Gott? Wie kann der Glaube Menschen befreien und im Leben helfen? Also begann ich nach dem Abitur mit dem Theologiestudium und studierte nebenher auch Pädagogik; später habe ich mich dann mit Fragen der (nicht nur kirchlichen) Organisationsentwicklung und mit den Fragen der Kirchenreform beschäftigt.

Mein beruflicher Weg führte mich ins Ruhrgebiet, wo ich 30 Jahre lang tätig war: als Vikar in Gelsenkirchen, als Pfarrer in Marl und als Superintendent im Kirchenkreis Recklinghausen. 2012 ging es dann nach Berlin. Mich hat immer angetrieben, dass der Glaube an Gott den Menschen Kraft gibt zum Leben.

Gottvertrauen kann Menschen tragen und halten, damit sie „gut leben und getröstet sterben können“. Im Wandel des Lebens und unserer Welt suchen Menschen eine Mitte, einen Grund oder Orientierung; gerade dann, wenn sie Schweres erleben, die Fassung verlieren oder das Gefühl haben, nicht mehr mitzukommen.

Nach und nach habe ich gemerkt, dass entspannendes Laufen und die Frage nach Gott nicht in zwei Welten gehören. Allerdings musste ich dazu erst die (Bahnläufer-) Welt der Zahlen und Zeiten verlassen und lernen, nur für mich zu laufen; gern in der Natur, mit den Gerüchen der Jahreszeiten, mal in der Gruppe und oft auch allein. Ich fand im Ruhrgebiet eine Laufgruppe mit dem schönen Namen „SLZ Suderwich“ (SLZ steht – etwas selbstironisch- für: Senioren-Leistungs-Zentrum), in der es zum guten Ton gehörte, Marathon zu laufen.

Der erste Marathon kam dann 1999 in Köln, weil die meisten aus der Laufgruppe dort liefen. Ich wollte wissen, was an der Faszination „Marathon“ dran ist. Damals lief ich 4:16 h und war zutiefst angerührt als ich am Ziel (Kölner Dom!) ankam. Am nächsten Tag stand fest: Ich will unter vier Stunden laufen. Das gelang ein Jahr später und seitdem laufe jährlich ein bis zwei Marathons; in den besten Jahren zwischen 3:25 h und 3:40 h, jetzt wieder um die 4 Stunden.

Immer mehr sind in diesen Jahren das Glaubensthema und das Laufen zusammen gekommen. War ich lange unter den Läufern ein Exot als Pfarrer und unter den Theologen ein Exot als Läufer, treffe ich heute viele, für die Laufen und Spiritualität einen deutlichen Zusammenhang haben. Da sind sogar diejenigen, die heute wissenschaftlich belegen können, was ich (und sicher auch andere Läuferinnen und Läufer) immer gespürt haben: Laufen ist gut für die Seele. Laufen ermöglicht dem Menschen eine Entspannung, die enorm ist. Laufen baut Stress ab und wird inzwischen therapeutisch bei Überlastungserkrankungen empfohlen.

Da sind aber auch diejenigen, mit denen man einfach beim Laufen nur staunen kann über die Schöpfung im Frühjahr oder dankbar ist, dass man nach einer Erkrankung oder Verletzung wieder 10 km schafft.

Glaube und Laufen finden oft ganz konkret zusammen. Ich habe beim Laufen viele persönliche Gespräche geführt, die es vielleicht sonst nicht so gegeben hätte; auch Seelsorgegespräche oder Personalgespräche haben so stattgefunden. Manchmal sind bestimmte Fragen auch nur in einer solchen (Lauf-)Gemeinschaft möglich. Ich erinnere mich gut, wie ein Laufkollege mich nach über 2 Stunden während eines langen Laufes fragte, wie ich es denn mit dem Leben nach dem Tod hätte und ob ich ihm das nicht mal erklären könne. Wir haben das Gespräch dann doch auf einen späteren Zeitpunkt vertagt…

Glaube und Laufen wird für immer mehr Menschen eine Einheit. Da gibt es die „Liturgie des Laufens“ in Hamburg, Seminare über „Spiritualität und Laufen“ an unserer Führungsakademie oder Angebote von Gottesdiensten bei den großen Stadt-Marathons in Deutschland.

Bei vielen, denen ich in den vergangenen Jahren begegnet bin, höre ich das Wort „Dankbarkeit“. Glaube und Laufen ermöglicht Abstand zum Alltag, zu den beruflichen und persönlichen Sorgen. Glaube und Laufen ermöglicht es, ganz bewusst zu leben: den Atem zu spüren, die Grenzen der Kräfte zu kennen und sich wieder selbst zu spüren. In der Unterbrechung des Alltags kann das Gebet und der Lauf mir das Geschenk meines Lebens deutlich machen.

Vielleicht ist die kürzeste Definition für Glauben: aus Dankbarkeit leben.

Wer im Vertrauen auf Gott unterwegs ist, kennt Höhen und Tiefen, anstrengende Lebensabschnitte und auch den leichten Lauf durch eine gute Zeit.

Ich bin jetzt 57 Jahre alt und leite seit 3 Jahren die „Führungsakademie für Kirche und Diakonie“ in Berlin. Beruflich ist dieses eine spannende Aufgabe, um den gegenwärtigen Wandel in der evangelischen Kirche mit zu gestalten und zu ermöglichen.

Sportlich bereite ich mich auf meinen 20. Marathonlauf vor. Am 27. September beim 42. BMW BERLIN-MARATHON werde ich dabei sein, zum fünften Mal in Berlin.

Peter Burkowski

Themenähnlich:

Ökumenisches Abendgebet zum Berlin-Marathon am Sonnabend, dem 26. September 2015, 20.30 Uhr – Gott gab uns Atem – Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche

Hier die Online-Petition zum Unterstützen gegen die DLV-LAUFMAUT: 

Online-Petition "Stoppt die DLV-Laufmaut"

German Road Races e.V. (GRR) auf facebook:
https://de-de.facebook.com/germanroadraces

German Road Races e.V. (GRR) auf twitter:
https://twitter.com/germanroadraces 

author: GRR

Comment
0

Leave a reply