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14
03
2023

Weitere Hinweise und das Literaturverzeichnis finden Sie in: Aderhold L, Weigelt S. Laufen! Vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. München: Elsevier 2018.

Läuferverletzungen und -beschwerden im Bereich des Unterschenkels – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

Reizzustand der Tuberositas tibiae

Durch eine übermäßige Zugbeanspruchung kommt es zu einer Reizung des Sehnenansatzes der Patellasehne am Schienbein. Es treten Schmerzen beim Laufen am unteren Ansatz der Patellasehne auf, die durch die Spannung der Oberschenkelmuskulatur ausgelöst werden. Es lässt sich ein typischer Druckschmerz in diesem Bereich auslösen.

Ursächlich liegen eine schlechte Hüftstreckung mit erhöhter Kniegelenkbeugung und Zugbelastung der Patellasehne sowie eine verstärkte Überpronation mit Innenrotation des Schienbeins vor.

Therapie

Zur Behandlung kommen bei akuten Beschwerden Kältetherapie, Krankengymnastik, Kniebandage, entzündungshemmende Salbenumschläge, Antiphlogistika und Neuraltherapie in Betracht. Das Training der Hüftstrecker (M. glutaeus, Mm. ischiocrurales) und die Dehnung der Hüftbeuger (M. iliopsoas, M. rectus femoris) sind wichtig. Außerdem sollten Lauftechnik und Schuhversorgung (Pronationsstütze, Einlagen) überprüft werden.

Schienbeinkanten-Syndrom

Beschwerden im Bereich der Vorderkante des Schienbeins mit Druckschmerz sind eine typische Läuferverletzung und werden vom Fachmann als Periostitis tibieae (Shin Splints) bezeichnet (Lopes et al. 2012). Man unterscheidet zwischen einem vorderen Schienbeinkanten-Syndrom im Bereich des M. tibialis anterior (vorderer Schienbeinmuskel) und einem hinteren Schienbeinkanten-Syndrom im Verlauf des M. tibialis posterior (hinterer Schienbeinmuskel). Die Zone mit Druckschmerz ist meist 5–10 cm lang und nicht selten auch beidseitig der Schienbeinkante zu finden. Ausgelöst wird der Schmerz durch das Anschwellen bzw. die Reizung von Muskeln, Bindegewebe und Knochenhaut. Im Falle eines vorderen Schienbeinkanten-Syndroms verstärkt sich der Schmerz beim Anheben des Vorfußes, beim hinteren Schienbeinkanten-Syndrom beim Beugen des Fußes. Bleibt die Symptomatik trotz Behandlung über zehn Tage bestehen, muss eine Stressfraktur ausgeschlossen werden. Auch an ein Kompartmentsyndrom ist zu denken.

Die Beschwerden treten häufig im Zusammenhang mit der Veränderung der Trainingsintensität, des Trainingsumfangs oder der Trainingsbedingungen (Laufuntergrund und Schuhversorgung) durch Überlastung auf. Auch höheres Gewicht, frühere Verletzungen und Fehlstellungen spielen eine Rolle (Newman et al. 2013; Hamstra-Wright et al. 2015; Winkelmann et al. 2016; Reinking et al. 2017). Läufer mit einem Trainingsalter unter 5 Jahren und Frauen sind häufiger betroffen (Hubbard et al. 2009; Newman et al. 2013).

Bei einem Hohlfuß findet sich häufiger ein vorderes Schienbeinkanten-Syndrom, bei einem Senkfuß ein hinteres Schienbeinkanten-Syndrom.

Therapie

Die Erstversorgung besteht in einer Kältetherapie, beispielsweise mit einer leichten Druckbandage mit Eisbrei. In der Therapie ist auf eine Optimierung der Schuhe durch Anpassung und Einlagenversorgung zu achten. Ein häufiger Wechsel der Schuhe und des Laufuntergrundes kann einseitigen Be- und Überlastungen vorbeugen. Natürlich muss auch der Trainingsplan überdacht und im akuten Fall Umfang und Intensität reduziert oder sogar eine Pause eingelegt werden. Das Training sollten Sie erst dann wieder aufnehmen, wenn unter Belastung keine Schmerzen mehr auftreten. Eine Trainingsalternative ist Aqua-Jogging.

Bewährt hat sich die physiotherapeutische Behandlung mit Querfriktionen, Lymphdrainage, Eis, Elektrotherapie, Ultraschall und Salbenauflagen oder Quarkverband. Zu Beginn ist an eine unterstützende analgetisch-antiphlogistische Behandlung mit Medikamenten zu denken. Auch die Gabe von Enzymen kann hilfreich sein. In seltenen therapieresistenten Fällen kann auch eine Operation mit Fasziotomie notwendig werden (Hagen et al. 2006; Bambach et al. 2006; Hahnengress 2009).

Vorbeugung

Zur Prävention dient ein koordinatives Training sowie eine Kräftigung und Dehnung der Unterschenkelmuskulatur.

Weitere Hinweise und das Literaturverzeichnis finden Sie in: Aderhold L, Weigelt S. Laufen! Vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. München: Elsevier 2018.

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

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